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# taz.de -- Graciosa will 2012 energieautark sein: Ab auf die Insel
> Utopien, die Wirklichkeit werden? Die kleine Azoreninsel Graciosa möchte
> bis 2012 bei seiner Stromversorgung völlig unabhängig werden. Dafür wird
> genau getüftelt.
Bild: Das Paradies liegt in nicht so weiter Ferne: Blick von der Azoren-Insel S…
BERLIN taz | Utopia heißt in Wirklichkeit Graciosa, liegt im Atlantik und
sieht ein bisschen aus wie Irland. Ab 2012 will die Azoreninsel mit ihrer
Energieversorgung Geschichte schreiben - mit einem autarken, dezentralen
Stromnetz, das sich zu 75 Prozent aus Ökostrom speist. Entwickelt wird es
von der Berliner Firma Younicos, einem jungen Speicherentwickler. "Kaum ein
Dieseltanker wird mehr im Hafen von Graciosa anlegen müssen", sagt
Younicos-Mitarbeiter Philip Hiersemenzel.
Angesichts der Größe der Insel - 60 Quadratkilometer, 4.500 Einwohner, kaum
Industrie - klingt das erst einmal wenig spektakulär. Zudem gibt es bereits
Inseln, die sich theoretisch mit Strom selbst versorgen können und Wind-
und Sonnenenergie gar exportieren - etwa Samsö in Dänemark. Keine aber hat
bisher das öffentliche Netz gekappt. Wenn der Wind abflaut, gleicht das der
herkömmliche Strom im Netz aus. Diese Sicherheit gäbe es auf Graciosa dann
nicht mehr.
Bisher steuert ein Dieseltankschiff vom 1.300 Kilometer entfernten Portugal
die Azoren an. An der Hauptinsel wird der Treibstoff auf kleinere Schiffe
umgeladen, die alle zwei Wochen Graciosa anlaufen - das ist teuer, weit und
unflexibel. Künftig soll die Energie durch Windräder und Fotovoltaikanlagen
erzeugt werden mit einer Gesamtleistung von 10 Megawatt. Gespeichert wird
dieser Strom in Natrium-Schwefel-Batterien, intelligente Wechselrichter
speisen die Energie ins inseleigene Netz.
Das ist der Knackpunkt: Anders als beim Dieselgenerator, der für
gleichbleibende Frequenz im Netz sorgt, sollen die Komponenten des neuen
Netzes flexibel und schnell auf den Strombedarf reagieren können. Sie
müssen anhand verschiedener Parameter selbstständig ablesen können, wie
viel Strom gerade gebraucht wird; auch Wetterdaten fließen ein.
## Landwirtschaft und Tourismus
Die Bevölkerung Graciosas verteilt sich auf drei Dörfer, allerdings ist die
Insel stark zersiedelt. Die Menschen leben von Landwirtschaft und dem
Tourismus. Zur Sicherheit soll ein Dieselgenerator stehen bleiben, etwa
wenn es im Extremfall wochenlang windstill sein sollte bei
wolkenverhangenem Himmel. Die angepeilten 75 Prozent Ökostrom sind aufs
Jahr gerechnet, der Diesel soll mit lokal angebauter Biomasse gefüttert
werden.
Die Berliner Tüftler sind überzeugt, dass ihr System billiger ist als das
alte. Und dass sie damit Geld verdienen können. Noch haben nämlich die
Younicos-Gründer Alexander Voigt und Clemens Triebel nur investiert: Auf
dem Firmengelände im Technologieviertel Adlershof haben sie einen Prototyp
von Graciosa aufgebaut im Maßstab 1:3.
10 Millionen Euro Privatkapital stecken in dem Flachbau, in dem 14
Kilometer Netzleitungen, Wechselrichter und haushohe Natrium-Schwefel-Akkus
untergebracht sind. Ein solcher Akku kann theoretisch 250 Haushalte einen
Tag lang versorgen. Dazu kommen Anlagen, die das Einspeisen von Windenergie
simulieren. Auch Sonnenstrom vom Dach der benachbarten Firma fließt ein. In
einem Nebenraum steht einer der Dieseltanks, abseits, das Auslaufmodell.
Graciosa soll funktionieren, soll Schule machen. "Als Modellversuch bieten
sich Inseln an, die wegen der weiten Entfernungen nicht über Kabel mit dem
Festnetz verbunden sind", sagt Hiersemenzel. Younicos verhandelt derzeit
mit acht griechischen Inseln.
7 Apr 2011
## AUTOREN
Kristina Pezzei
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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