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# taz.de -- Kampf gegen Korruption in Indien: Der neue Gandhi
> Der Bürgerrechtler Anna Hazare mobilisiert gegen die ausufernde
> Korruption. Innerhalb weniger Tage gewann er zehntausende Anhänger.
Bild: "Anna" (großer Bruder) Hazare beflügelt die Fantasie seiner Anhänger.
DELHI taz | Indiens Regierung fürchte sich. Sie hat Angst vor der dem
charismatischen Bürgerrechtler "Anna" Hazare. Denn dem 72-jährigen
Protestveteran ist es binnen weniger Tage gelungen, zehntausende Anhänger
für seinen Kampf gegen die ausufernde Korruption gewinnen. Hazare hat
angekündigt, sich notfalls zu Tode zu hungern, um Indiens Politiker zu
zwingen, härtere Regeln gegen Bestechung zu schaffen.
Hazare, der von seinen Anhängern respektvoll "Anna" (großer Bruder) genannt
wird, beflügelt die Fantasie der Massen: Stets mit dem traditionelle weißen
Khadi-Dress bekleidet erinnert er an Indiens Nationalhelden Mahatma Gandhi,
der auch den Hungerstreik als politisches Mittel nutzte. Zehntausende
Menschen im ganzen Land unterstützen jetzt Hazares Protest mit
Lichterketten, Mahnwachen und Kundgebungen. Die sozialen Medien Facebook
und Twitter sind voll mit Solidaritätsbekundungen für den Reformer. Auch
Bollywood-Stars und TV-Moderatoren haben sich hinter ihn gestellt.
Hazare will, dass das Parlament eine mächtige Ombudsstelle schafft, die in
der Lage ist, Bestechungsvorwürfe schnell zu untersuchen, um Schuldige
rasch und hart zu bestrafen. Doch Regierung und Volksvertretung blocken ab.
## Untersuchungen werden gern verschleppt
Mächtige und reiche Inder müssen sich nur sehr selten wegen Korruption
verantworten, Untersuchungen werden gern verschleppt, Gerichtsprozesse
können sich leicht über Jahrzehnte hinziehen. Die Bestechung hat mit
Indiens rasantem Wirtschaftswachstum der letzten Jahre stark zugenommen.
Das Spektrum reicht von kleinen Zahlungen von ein paar hundert Rupien für
Verstöße gegen Verkehrsregeln bis hin zu Millionen-Dollar-Zuwendungen für
den Zuschlag bei Telekom-Lizenzen. Die Organisation Transparency
International stuft Indien in ihrem Korruptionsindex auf Platz 87 ein -
zusammen mit Albanien, Jamaika und Liberia.
"Die Regierung hat Angst", sagt Deepate Punjabi. Der 64-Jährige ist wie
Hazare seit dem 5. April im Hungerstreik. "Für ein neues Indien ohne
Korruption", erklärt der zierliche Mann entschieden. Ein paar Meter von ihm
entfernt sitzt auf einer staubigen Straße in Delhi Hazare auf einem Kissen
und ruft die Bevölkerung zum Massenprotest am 13. April auf. Sonia Gandhi,
die mächtige Chefin der regierenden Kongress-Partei, hat bereits persönlich
an Hazare appelliert, das Fasten aufzugeben, weil sie "Sorgen um seine
Gesundheit" habe. Doch das ficht den Aktivisten nicht an.
"Die Regierung ist betrunken von der Macht und der Korruption, und das Volk
muss sie wieder nüchtern machen", sagt Hazare unter dem Beifall Tausender,
die sich vor ihm versammelt haben. Mit seinen Kampagnen hat Hazare schon
oft Erstaunliches bewirkt: In seinem Heimatbundesstaat Maharashtra mussten
schon diverse Minister zurücktreten, nachdem Hazare sie als korrupt
kritisiert hatte. Und 1995 nahmen zwei Kabinettsmitglieder der
Zentralregierung wegen Hazare ihren Hut. Kein Wunder, dass Indiens
Regierung jetzt aufgeschreckt ist.
8 Apr 2011
## AUTOREN
Agnes Tandler
## TAGS
Indien
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