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# taz.de -- Rösler stellt Landärztegesetz vor: Trostpflaster für Provinzmedi…
> Die Bundesregierung will mehr Ärzte in dünn besiedelte Regionen locken.
> Die Menschen sollen "einen Arzt in ihrer Nähe finden", sagt
> Gesundheitsminister Rösler.
Bild: Landarzt bei der Arbeit in der Ortschaft Zeyern. Immer weniger junge Ärz…
BERLIN taz |Die Eckpunkte für seine zweite große Reform, die Neuordnung der
ärztlichen Versorgung, präsentierte der Gesundheitsminister Philipp Rösler
(FDP) am Freitag in Berlin wie ein Arzt, der um Vertrauen für eine
Operation mit ungewissem Ausgang wirbt. "Mein Name ist Philipp", schickte
er voraus, als seien die betroffenen 80 Millionen Versicherten und er
Duzfreunde, "und am Ende werden die Menschen die Gesundheitspolitik danach
beurteilen, ob sie einen Arzt in ihrer Nähe finden."
Rösler gab sich optimistisch, hierfür den Weg frei gemacht zu haben: Nach
[1][monatelangen Verhandlungen] hatten sich die Koalitionsfraktionen von
CDU und FDP in der Nacht auf die zentralen Inhalte des neuen
Versorgungsgesetzes, besser bekannt als Landärztegesetz, geeinigt. Es soll
zum 1. Januar 2012 in Kraft treten.
Hauptziel ist, über finanzielle wie organisatorische Anreize eine
flächendeckende haus- und fachärztliche Versorgung auch in Regionen
sicherzustellen, die heute unter Ärztemangel leiden - weil sie aufgrund
ihrer Lage oder ihrer Patientenstruktur als unattraktiv gelten.
Wer sich entscheidet, Landarzt zu werden, soll dafür künftig nicht mehr
durch [2][Honorardeckelung bestraft] werden: Kommen etwa immer mehr
Patienten, weil es in der Gegend zu wenig Ärzte gibt, dann soll die
pauschale Budgetgrenze, die bisher ab einer bestimmten Patientenzahl gilt,
aufgehoben werden, sprich: Bezahlt wird künftig die tatsächliche Zahl der
Behandlungen.
Zudem sollen Ärzte, die aufgrund ihrer spezifischen Patientenstruktur
weitaus mehr Physiotherapie oder andere Heilmittel verordnen müssen als der
Durchschnitt ihrer Kollegen - etwa weil sie sich in einer ehemaligen
Industrieregion mit besonders vielen Rückengeschädigten niedergelassen
haben -, dafür nicht mehr mit Regressforderungen bestraft werden.
Aufgehoben wird auch die Residenzpflicht für Ärzte. Künftig dürfen Ärzte
also in der Stadt wohnen, aber auf dem Land praktizieren. Ärztinnen und
Ärzte mit Kindern dürfen nach einer Babypause später als bisher in ihre
Praxis zurückkehren: Die Zeiträume für die Anstellungen von Vertretungen
nach der Geburt eines Kindes werden von 6 auf 12 Monate verlängert.
Damit Schwerkranke in dünn besiedelten Gebieten überhaupt einen
behandelnden Arzt finden, soll Kliniken und Fachärzte gleichermaßen erlaubt
werden, Krebskranke oder Patienten mit seltenen Krankheiten ambulant zu
behandeln. Ärztliche Bedarfsplanung soll flexibler erfolgen und sich nicht
mehr an den Stadt- und Landkreisgrenzen orientieren, sondern an dem
tatsächlichen Bedarfen.
## Weniger Niederlassungen in überversorgten Gebieten
In überversorgten Gebieten dagegen soll die Zahl der Niederlassungen
reduziert werden können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen erhalten hierzu
ein Vorkaufsrecht, wenn ein niedergelassener Arzt seine Praxis aufgibt.
Bereits am Mittwoch hatte Gesundheitsminister Rösler den Bundesländern mehr
Mitspracherechte bei der Bedarfsplanung zugesichert. Künftig sollen sie
eingreifen können, wenn es den Krankenkassen und Ärztevereinigungen nicht
gelingt, ausreichend Haus- und Fachärzte anzusiedeln. Bislang sind die
Länder nur für die Krankenhausplanung zuständig.
Der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen
Krankenkassen, Johann-Magnus von Stackelberg, begrüßte die Eckpunkte als
"guten ersten Schritt", um dem Landärztemangel zu begegnen. Aber: Es gebe
nicht insgesamt zu wenig Ärzte, sondern "ein Verteilungsproblem".
8 Apr 2011
## LINKS
[1] /1/politik/deutschland/artikel/1/je-oller-desto-doller/
[2] /1/berlin/artikel/1/keinen-bock-auf-landleben/
## AUTOREN
Heike Haarhoff
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