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# taz.de -- Glasfaseranschlüsse fürs Internet: "Deutschland steht auf der Lei…
> In anderen Ländern haben zehn Prozent der Haushalte schnelles
> Glasfaser-Internet. Deutschland taucht dagegen nicht einmal in der
> Statistik auf, kritisiert Experte Hartwig Tauber.
Bild: So bunt wird es nicht kommen: Glasfaserkokon in Essen.
taz.de: Herr Tauber, Länder wie [1][Südkorea] melden immer neue
Geschwindigkeitsrekorde beim Breitband-Internet, Nutzer können sich dort
eine Gigabit-Leitung ins Haus legen lassen. In Deutschland surfen wir
dagegen zumeist über DSL oder das TV-Kabel, 16 Megabit gelten bereits als
schnell. Verlieren wir den Anschluss?
Hartwig Tauber: Tatsächlich ist Deutschland derzeit auch im europäischen
Vergleich im Hintertreffen. Während in Ländern wie Schweden, Norwegen,
Slowenien oder sogar Litauen bereits mehr als 10 Prozent der Haushalte
schnelle Glasfaseranschlüsse nutzen, schafft Deutschland nicht einmal die
1-Prozent-Hürde, um in internationalen Statistiken wenigstens aufzutauchen.
Erst kürzlich hat eine deutsche Investmentbank eine Studie mit dem
vielsagenden Titel "Deutschland steht auf der Leitung" veröffentlicht.
Diese Überschrift gibt ein gutes Bild von der derzeitigen Situation.
Was kann man mit einer Glasfaserleitung machen, was mit der regulären
Telefonleitung nicht geht?
Fiber-to-the-Home-Netze (FTTH) entfernen alle Bandbreiten-Flaschenhälse zum
Endkunden. Bandbreiten von 100 Megabit pro Sekunde und mehr in beide
Richtungen sind möglich. Dabei handelt es sich nicht um "bis zu" Angaben,
sondern um tatsächlich erreichte Werte. Und im Unterschied zu anderen
Technologien ist das noch nicht die Obergrenze, sondern erst der Anfang.
Die von Ihnen erwähnten Gigbabit-Anschlüsse in Asien belegen bereits heute,
dass Glasfasernetze eine zukunftssichere Breitband-Infrastruktur sind.
Die Deutsche Telekom hat versprochen, nun in einigen Großstädten endlich
mit dem Glasfaser-Ausbau zu beginnen. Ist das ausreichend?
Es ist zumindest ein Anfang. Doch tatsächlich sind es lediglich 160.000
Haushalte, die hier mit Glasfasern versorgt werden sollen. Wenn man
bedenkt, dass dieselbe Deutsche Telekom in der Slowakei bereits heute ein
Glasfasernetz mit über 350.000 Haushalten betreibt, stellt sich die Frage,
warum gerade der Heimmarkt so vernachlässigt wird.
Bedenkt man weiter, dass noch im Vorjahr Telekom-Chef René Obermann von 10
Milliarden Euro Investitionen in Glasfaser bis 2012 gesprochen hat und 10
Prozent der Haushalte in Deutschland - das wären ungefähr 4 Millionen - mit
einem Gigabit pro Sekunde versorgen wollte, dann ist die Ankündigung des
Ausbaus in den 10 Städten sehr nüchtern zu betrachten.
In einigen Städten wie Köln haben Stadtwerke damit begonnen, Endkunden per
Glasfaser anzuschließen. Ist das eine Alternative?
Das Modell, dass Stadwerke, Elektrizitätsunternehmen oder Kommunen
Glasfaser ausbauen, ist ein europäisches Spezifikum. Tatsächlich kann man
in vielen Ländern der EU ein ähnliches Muster beobachten: während die
ehemaligen Monopolisten den Glasfaserausbau so lange wie möglich
hinauszögern wollen, werden neue Marktplayer aktiv.
Es gibt viele erfolgreiche Projekte in Europa, die den ehemaligen
Monopolisten sinkende Marktanteile bescheren. Der freie Markt und
Wettbewerb erzeugt damit selbst Alternativen, die in Zukunft zu völlig
neuen Marktstrukturen führen könnten. Man stelle sich - überspitzt
formuliert - einen Markt in zehn Jahren vor, in dem der ehemalige
Monopolist völlig in der Bedeutungslosigkeit verschwunden ist, weil
alternative Netzwerke von Stadtwerken, Kommunen und so weiter die Funktion
des Internet-Zugangs auf der letzten Meile übernommen haben.
Glasfaser gilt als teuer, da Häuser komplett neu angeschlossen werden
müssen. Verstehen Sie die Zurückhaltung bei den Telekommunikationsfirmen?
Natürlich stellt der Bau eines FTTH-Netzes eine Infrastrukturmaßnahme dar,
die mit entsprechenden Kosten verbunden ist. Es stellt sich jedoch die
Frage, wie der Begriff "teuer" zu definieren ist. Denn betrachtet man die
Kosten pro möglichem Megabit pro Sekunde oder auch die Zukunftssicherheit,
dann schneidet Glasfaser sehr gut ab. Schließlich sind alle anderen
Zugangslösungen, die heute aufgebaut werden, nur kurzfristige
Zwischenschritte.
In der Summe kommt der direkte Weg zur Glasfaser deshalb unter Umständen
günstiger, als wenn man schrittweise über fünf bis sieben Jahre zuerst in
ADSL, dann in ADSL2+, dann in VDSL und vielleicht noch einen weiteren
Zwischenschritt mitsamt den notwendigen Komponenten investiert.
Doch die Zwischenschritte lassen sich meist - für sich alleine gesehen -
mit kurzen Return-on-Investment-Zeiten darstellen. Deshalb gehen gerade
börsennotierte Unternehmen oft diesen Weg, weil sie glauben, den berühmten
"Shareholder Value" über die langfristige Strategie setzen zu müssen. Dabei
sind Investoren heute gar nicht mehr so skeptisch, was Glasfaser betrifft.
Ein Blick auf den Börsenkurs von Portugal Telekom, die in den letzten 1,5
Jahren ein Glasfasernetz mir 1,5 Millionen versorgten Haushalten gebaut
haben, zeigt dies deutlich.
Es gibt aber auch Marktbeobachter, die sagen, Glasfaser lohne sich schon
deshalb nicht, weil künftig das Netz auch drahtlos sehr schnell übertragen
werden könne.
Mir ist derzeit keine Drahtlos-Technologie bekannt, die einem Endkunden ein
Gigabit pro Sekunde oder auch nur 100 Megabit pro Sekunde in beide
Richtungen garantieren könnte. Hier gibt es einfache physikalische
Grundsätze, die auch "Experten" nicht aushebeln können. Mobile
Datenübertragung ist unbestritten wichtig und auch ich kann mir nicht mehr
vorstellen, ohne Mobilanbindung unterwegs zu sein. Doch das
Nutzungsszenario ist mobil anders als zu Hause.
Während ich mobil mit gering aufgelösten Videos, dem Abholen von E-Mail und
dem Surfen im Web zufrieden bin, möchte ich zu Hause HD-Videos streamen,
Telearbeit machen und meine Daten in hoher Geschwindigkeit ins Netz laden.
Die große Gefahr, die wir derzeit sehen, ist, dass Mobiltechnologien als
"quick-and-dirty"-Lösung für ländliche Regionen herangezogen werden.
Dadurch kann vielleicht für den Moment eine Verbesserung erreicht werden,
doch mittelfristig verbaut man auf diese Weise den Weg, ländliche Regionen
mit zukunftssicherem Breitband-Internet zu versorgen.
Fühlt sich Glasfaser-Internet wirklich viel schneller an? Viele Nutzer
sagen schließlich, sie seien schon mit ihrem jetzigen DSL-Anschluss
zufrieden. Riesige Downloads bräuchten sie nicht.
Glasfaser-Internet fühlt sich richtig gut an. Ich kann mir ein HD-Video von
legalen Plattformen wie Videoload oder iTunes in wenigen Minuten
herunterladen. Ich kann meinen eigenen HD-Film vom letzten Frühlingskonzert
meiner Tochter schnell mal auf YouTube stellen. Ich kann mit meiner
Kollegin in Paris in HD-Qualität ein Video-Meeting durchführen. Nebenbei
mache ich ein Online-Backup meiner Festplatte und schiebe 40 GigaByte ins
Netz.
Und das Arbeiten von zu Hause macht endlich Spaß, weil ich so schnell auf
den Server zugreifen kann als würde ich in der Firma sitzen. Kurz gesagt:
alle Beschränkungen, die uns heute ärgern oder daran hindern, produktiv
online zu leben oder zu arbeiten - all die fallen mit Glasfaser weg.
Glauben Sie, dass die deutsche Politik genug für den Netzausbau tut?
Tauber: Die Politik kann im Bereich des Breitbandausbaus eine wichtige
Rolle spielen. Das muss nicht sofort bedeuten, dass Hunderte Millionen Euro
an Steuergeldern investiert werden. Vielmehr wäre es wichtig, ein positives
Klima für Breitband und Glasfaser zu schaffen. Die Digitale Agenda der
Europäischen Kommission hat hier einen guten Beitrag geleistet.
Nun wäre es an der nationalen Politik, offensiv klarzustellen, dass echte
Breitbandanschlüsse wichtig sind, um die gesellschaftliche und
wirtschaftliche Zukunft Deutschlands sicherzustellen. Und Glasfaser spielt
dabei eine entscheidende Rolle.
11 Apr 2011
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## AUTOREN
Ben Schwan
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