# taz.de -- Parlamentswahl in Finnland: "Wahre Finnen" gewinnen | |
> Bei der Abstimmung am kommenden Sonntag dürften die Rechtspopulisten | |
> zulegen. Ihr Erfolg verdankt sich auch einer Reihe politischer Skandale. | |
Bild: Könnte mit seiner Partei massiv zulegen: Timo Soini von den "Wahren Finn… | |
STOCKHOLM taz | Sie wollen die Einwanderung begrenzen und fordern, dass | |
Finnland sich aus der Euro-Zone verabschiedet und wieder die Finnmark | |
einführt. Die Entwicklungshilfe soll gekürzt, die Steuerbelastung für | |
Geringverdienende gesenkt und für Besserverdienende erhöht werden. Personen | |
gleichen Geschlechts sollen nicht heiraten dürfen und förderungswürdig soll | |
nur noch die Kunst sein, die "etwas darstellt" und die "nationale Identität | |
fördert". Sie sind eine waschechte rechtspopulistische Partei und reiten | |
derzeit auf einer Erfolgswelle. | |
Am 17. April finden in Finnland Parlamentswahlen statt und Umfragen | |
signalisieren den "Wahren Finnen" ("Perussuomalaiset") einen Stimmenanteil | |
zwischen 17 und 19 Prozent. Die Partei, die vor vier Jahren gerade 4,1 | |
Prozent und bei der vorangegangenen Wahl 1,6 Prozent erreichte, würde sich | |
damit auf etwa gleichem Niveau bewegen wie Zentrumspartei, Sozialdemokraten | |
und Konservative, den drei "Großen", die über Jahrzehnte die | |
Regierungsmacht unter sich aufteilten. | |
Der Aufschwung der Populisten kommt nicht von ungefähr. Eine lange Reihe | |
politischer Skandale zieht sich durch die jüngste Legislaturperiode. Dabei | |
ging es vorwiegend um fragwürdige Praktiken bei der Parteienfinanzierung | |
und den Einfluss, den diese Finanziers dann auf die praktische Politik | |
hatten. | |
"Resultat einer seit der EU-Volksabstimmung Mitte der neunziger Jahre | |
angesammelten Frustration" sei der steile Popularitätsanstieg für die | |
"Wahren Finnen", meint der Staatswissenschaftler Göran Djupsund: "Ein | |
großer Teil des Volkes sieht sich als Verlierer der EU-Mitgliedschaft." Die | |
EU werde auch verantwortlich gemacht für Kürzungen im sozialen Sektor und | |
für die Folgen der Globalisierung, die zu einer Welle von | |
Fabrikschließungen geführt hätten. Und dass Finnland sich an | |
Euro-Rettungspaketen beteiligen muss, ist alles andere als populär. | |
## Offen islamophobe und ausländerfeindliche Ausfälle | |
Raffiniert spielt die Partei auch auf der Klaviatur der | |
Ausländerfeindlichkeit. Der Parteivorsitzende Timo Soini distanziert sich | |
zwar klar von allen rassistischen Äußerungen, doch beim Fußvolk und ihren | |
ParlamentskandidatInnen zieht die Partei keine klaren Grenzen. Da gibt es | |
offen islamophobe und ausländerfeindliche Ausfälle, und beim Parteiausflug | |
werden schon mal rassistische "Hottentottenlieder" zum Besten gegeben. | |
Für viele WählerInnen sind laut Umfragen die "Wahren Finnen" gerade deshalb | |
erste Wahl, weil man von ihnen erwartet, dass sie die Grenzen dichtmachen | |
und "Scheinasylanten" und Roma ausweisen. Im EU-Parlament arbeiten die | |
"Wahren Finnen" mit der italienischen "Lega Nord" und der | |
ausländerfeindlichen dänischen "Fortschrittspartei" zusammen. | |
Die etablierten Parteien nahmen die "Wahren Finnen" erst nicht richtig | |
ernst und taten sich dann schwer, gegen deren diffuse Linie und ihren | |
Anspruch, dem "kleinen Mann" eine Stimme zu verleihen, zu argumentieren. | |
Den Medien gefiel es, in der sonst so harmonischen finnischen Politik | |
endlich einmal über einen kontroversen Politiker berichten zu können. | |
Die meisten Analytiker gehen davon aus, dass ein Erfolg der "Wahren Finnen" | |
Finnlands politische Landschaft dauerhaft verändern könnte. Migrations- und | |
Europaministerin Astrid Thors hat genau davor Angst und befürchtet, die | |
übrigen Parteien könnten sich der ausländer- und europafeindlichen Rhetorik | |
der "Wahren Finnen" anpassen. | |
13 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Regierungsbildung in Finnland: "Wahre Finnen" wollen doch nicht | |
Die Rechtspopulisten unter Timoi Soini wollen sich nicht am neuen Kabinett | |
beteiligen. Der Grund: Sie werden sich mit den anderen Parteien nicht über | |
die EU-Politik einig. | |
Timo Soini, Parteichef der Wahren Finnen: Der Populist aus der Vorstadt | |
Timo Soini sitzt seit 1997 der Partei Wahre Finnen vor. Das Etikett | |
"Populist" trägt er mit Stolz, das des "Rassisten" weist er weit von sich. | |
Energiepolitik in Finnland: Fukushima? War da was? | |
Die Wahlniederlage der Grünen in Finnland zeigt: Trotz der Katastrophe in | |
Japan ist das Vertrauen in die Atomenergie unverändert groß. | |
Kommentar Wahl in Finnland: Gegen Euro, für Atom | |
In Finnland geht es immer um den kleinsten gemeinsamen Nenner und nicht um | |
Perspektiven. Erfolg hat also, wer verspricht, die Zeit anzuhalten. Ein | |
guter Nährboden für Populisten. | |
Wahl in Finnland: Stinkefinger Richtung Brüssel | |
Einwanderungskritik und EU-Skepsis siegen bei den Wahlen in Finnland. Die | |
"Wahren Finnen" sind drittstärkste Partei und dürften bald mitregieren. | |
Wahl in Finnland: "Wahre Finnen" wollen Härte in Europa | |
Mit Anti-EU-Parolen haben finnische Rechtspopulisten bei der Reichstagswahl | |
klar hinzugewonnen. Die Partei Wahre Finnen bekam 19 Prozent und kann mit | |
Ministerposten rechnen. | |
Kirchenskandal in Finnland: Flucht der Liberalen | |
In einer Talkshow stellen finnische Kirchenfunktionäre klar, dass | |
Homosexualität eine Sünde sei. Als Reaktion erlebt die Kirche eine nie | |
dagewesene Austrittswelle. |