# taz.de -- Franz Liszt: „Emotionale Kraft der Wurzeln“ | |
> Unter anderem das Burgenland feiert den 200. Geburtstag des Komponisten | |
> und vermarktet ihn als coolen Meister mit dunkler Sonnenbrille und | |
> Starallüren. | |
Bild: Werbung mit Franz Liszt als dem coolen Star. | |
Die einzige Attraktion in der Ortschaft Raiding im Mittelburgenland ist das | |
Geburtshaus von Franz Liszt, das erst jüngst zu einem kleinen Museum | |
ausgebaut wurde. Gleich daneben steht seit 2007 das 600 Plätze bietende | |
Liszt-Zentrum, eine der modernsten Konzerthallen der Welt, deren Akustik | |
zunehmend für Plattenaufnahmen genützt wird. Im Liszt-Jahr 2011 wird dort | |
mit einem Konzertzyklus das Werk des Meisters gewürdigt und teilweise neu | |
bewertet. Johannes Kutrowatz, Intendant des Liszt-Jahres, erwartet an die | |
20.000 Konzertbesucher im Lauf des Jahres. Der Pianist, der mit seinem | |
Bruder Eduard als einer der virtuosesten Liszt-Interpreten gilt, hat das | |
Werbekonzept für das Liszt-Jahr miterfunden. | |
taz: Herr Kutrowatz, ist dieser coole Liszt mit Sonnenbrille auf Ihrem | |
Werbeplakat nur ein Marketing-Gag oder trifft man damit seinen Charakter? | |
Johannes Kutrowatz: Er war cool. Der Gigant Liszt ist eine absolut | |
singuläre Erscheinung in einem immensen Spannungsfeld. Historisch und | |
gesellschaftspolitisch hat er Grenzen gesprengt. Er hat konzertiert, wie | |
vor ihm keiner und auch Jahrzehnte nach ihm nicht: Er ist der Erfinder des | |
Solorecitals auf der Bühne. Er und das Klavier haben die Bühne beherrscht. | |
Da gibt es den Spruch „le concert cest moi“. Und die Art und Weise, wie er | |
das gesellschaftspolitische Leben aufgesaugt und wiedergegeben hat, wie er | |
gereist ist und wie er kommuniziert hat. Selbst Kritiker können sich nicht | |
des Zaubers und der Magie dieses Giganten erwehren.Was Frauengeschichten | |
betrifft, vom Reisen her, von der Belastung: Das hatte alles gigantische | |
Ausmaße und ist, ohne geschmäcklerisch sein zu wollen, effektiv mit dem | |
Starwesen und Starrummel von heute gleichzusetzen. | |
Das Burgenland konnte 2009 Joseph Haydn feiern und jetzt 200 Jahre Liszt. | |
Sind diese Jubiläen so nachhaltig, dass sich das Burgenland als | |
Kulturregion etablieren kann? | |
Für eine Region, die lange Jahrzehnte Grenzland war, ist das ein immenses | |
Geschenk, solche Giganten wie Haydn und Liszt zu haben. Die muss man nicht | |
erfinden.Wir arbeiten ganz bewusst mit dem emotionalen Faktor Geburtsort | |
und setzen ein untadeliges Konzertprogramm darauf, das höchsten | |
internationalen Ansprüchen genügen soll. Es wird aber im Jubiläumsjahr | |
nicht das ganze Pulver verschossen. Das Burgenland hat 700.000 Kulturgäste | |
pro Jahr. Das reicht von den Seefestspielen in Mörbisch und der Oper im | |
Römersteinbruch St. Margarethen bis zu den Kammerkonzerten in Burg | |
Lockenhaus. In der Liszt-Halle in Raiding reden wir von 10.000 bis 20.000 | |
Besuchern pro Konzertsaison. | |
Abgesehen davon, dass er hier geboren wurde - welche Meriten hat sich das | |
Burgenland in Bezug auf Liszt erworben? | |
Die emotionale Kraft der Wurzeln kommt nicht von ungefähr. Er hat die | |
ersten neun Jahre hier gelebt und drei starke Einflüsse gehabt: die | |
Kirchenmusik, die Zigeunerkapellen, die dorfein, dorfab gespielt haben. Sie | |
haben ihn ein Leben lang geprägt, auch seine Improvisationsgabe. Der dritte | |
Einfluss war die starke Vaterfigur. Der wäre selbst gern Musiker geworden | |
und wollte aus diesem Kind ein Wunderkind machen. Der Geburtsort ist eine | |
nicht wegzudenkende Größe. | |
Infos unter: [1][www.lisztfestival.at]; [2][www.lisztzentrum.at]; | |
[3][www.kulturservice-burgenland.at] | |
13 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.lisztfestival.at | |
[2] http://www.lisztzentrum.at | |
[3] http://www.kulturservice-burgenland.at | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Reiseland Österreich | |
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