Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kampagnenorganisation für Bürgerrechte: Digitale Gesellschaft ohn…
> Auf der re:publica wurde die "Digitale Gesellschaft" vorgestellt: eine
> Kampagnenorganisation für die Remix-Gesellschaft. Beifall und Kritik
> halten sich die Waage.
Bild: Die digitale Gesellschaft soll "eine wirksame Interessenvertretung für d…
BERLIN taz | "Die heutige Netzpolitik ist schlecht, sie orientiert sich
nicht an den Interessen der Nutzer und schadet oft mehr als sie nützt",
sagt Markus Beckedahl, der Vorsitzende des Vereins, der bereits vor einem
dreiviertel Jahr in Berlin gegründet wurde. Ziel sei es, die Realitäten
einer Welt, in der Smartphones und Facebook zum Alltag gehören,
anzuerkennen und politisch zu gestalten – und der Content-Lobby etwas
schlagkräftiges entgegen zu setzen.
Gewachsen ist die Idee seit vielen Jahren. Jetzt hat Beckedahl zusammen mit
einigen Gleichgesinnten aus der Bewegung und aus dem Umfeld der Grünen die
Kampagnenorganisation "[1][Digitale Gesellschaft]" aus der Taufe gehoben.
Man wolle auf Erfahrungen aus anderen sozialen Bewegungen wie der
[2][Umweltbewegung] aufbauen und diese digital weiterdenken, so Beckedahl.
Thematisch wird es in erster Linie gegen Überwachung gehen, für einen
transparenten Staat und für ein modernes Urheberrecht. Dabei soll zum einen
"eine Kampagneninfrastruktur aufgebaut" werden, zum anderen will man "eine
wirksame Interessenvertretung für digitale Verbraucherrechte" sein. Dazu
gehört auch Lobbying in parlamentarischen Prozessen. Bislang sehen sich
hierbei die ehrenamtlichen Aktivisten einer hochbezahlten Content-Lobby
gegenüber, die beispielsweise weiterhin Netzsperren durchsetzen will.
Die erste Aktion: Fragen stellen. Beckedahl forderte die Zuhörer auf, bei
Twitter unter dem Hashtag [3][#warum] "deine netzpolitische Frage an
Wirtschaft und Politik" zu stellen. Auf der Webseite kann man seine
[4][Warum-Frage] mit einem Foto von sich selbst garnieren. In Zukunft soll
es weitere derart fertig konzeptionierte Mitmach-Aktionen geben. "Wir
schaffen ein Angebot. Das kann man gut finden und da mitmachen oder man
kann es schlecht finden und dann lässt man es", sagte Beckedahl.
## Vergleichbar mit Campact
So, wie sich die Organisation bislang darstellt, ist sie am besten
vergleichbar mit der Verdener Kampagnen-Organisation [5][Campact]. Auch
Beckedahl selbst nennt Campact als Vorbild. Sehr niedrigschwellig, sehr
einfaches Engagement, wenig Zeitaufwand, Mitmachmöglichkeiten auch für
Menschen, die sonst wenig Zeit haben – aber eben auch wenige Möglichkeiten,
die Kampagnen inhaltlich mitzugestalten.
Nicht allen gefällt das. Sascha Lobo machte sich in seinem
[6][Trollvortrag] ein wenig über den Verein lustig: "Ich weiß nicht, in
welchem Network das entstanden ist - ich kenne es nicht". Alvar Freude, der
für die SPD in der Enquetekommission "Internet und digitale Gesellschaft"
sitzt und in den letzten Jahren mit dem [7][AK Zensur] gegen Netzsperren
und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag kämpfte, formuliert diplomatisch:
"Es wäre schön, wenn viele einbezogen werden". Verena Reygers vom Blog
[8][mädchenmannschaft] fragte ketzerisch: "Wer ist die digitale
Gesellschaft – wir?"
Unklar blieb auf der re:publica, wie die Einbindung von Interessierten
erfolgen soll. Der Verein ist aktuell sehr Berlin-lastig. Über Tools wie
zum Beispiel Wikis, Pads oder Mailingslisten gab es keine konkreten
Angaben, man sprach wolkig von "Infrastrukturen". Markus Beckedahl setzt
den Ängsten entgegen: "Ein Verein ist keine Diktatur". Trotzdem sagen
einige, die neue NGO sei ihnen "zu sehr Top-Down" und es sei unbegreiflich,
dass man nicht das kollaborative Arbeiten zum Konzept mache. Auch wird die
mangelnde Transparenz, was Mitglieder betrifft, moniert. Aktuell soll es
rund 15 stimmberechtigte Mitglieder geben, vom CCC und dem AK
Vorratsdatenspeicherung und aus der Wissenschaft. Eine Satzung liegt online
nicht vor, einen Haushalt gibt es noch nicht.
## Top-Down ist nicht mehr zeitgemäß
Einer merkt an, dass ein solch abgeschlossener Ansatz nicht mehr zeitgemäß
sei. Greenpeace zum Beispiel – Ortsgruppen durften früher beispielsweise
Aktionen gegen Vattenfall nicht durchführen, weil Greenpeace Deutschland
gerade den Focus auf Campaigning gegen RWE legte – hat umgestellt und mit
[9]["GreenAction"] die eigenen Hierarchien massiv infrage gestellt. Nicht
zuletzt herrscht bei den Kritikern des Vereins "Digitale Gesellschaft" die
Befürchtung, dass andere Organisationen, die im gleichen Politikfeld aktiv
sind, "untergehen" könnten.
Vielleicht spielt ja auch ein bisschen Neid mit, und Angst um eine neue
Konkurrenz. Und nicht alle sind so kritisch. Viele finden es gut, "dass es
endlich so eine Lobby gibt". Die Netzaktivistin Anne Roth findet, der
Digitalverein sei "ein interessanter Versuch". Sie wünsche ihm "gutes
Gelingen". Christian Heller von der [10]["datenschutzkritischen Spackeria"]
hat sich bisher zu wenig mit dieser NGO beschäftigt, wie er sagt, meint
aber: "Ich freu mich immer, wenn Markus Beckedahl neue Projekte macht.
Kommen bestimmt gute Sachen raus." Der Aktivist und Künstler Philipp
Steffan sagt, er hoffe, der Verein werde "eine schlimme Lobby-Vereinigung,
so wie sie nötig ist".
So halten sich der Ärger darüber, nicht frühzeitig eingebunden worden zu
sein und die Neugier, wie die bislang eher undurchsichtige Organisation die
nun auf sie zukommenden Herausforderungen meistern wird, die Waage. Die
Themen, die bislang auf der Webseite des Vereins angepriesen werden, sind
in der Tat noch ausbaufähig. Es geht eben doch hauptsächlich gegen
Überwachung und für ein modernes Urheberrecht, so wie es auch auf
netzpolitik.org täglich nachzulesen ist. Nicht nur der Medienpädagoge
Jürgen Ertelt findet, das die positive Gestaltung der digitalen
Gesellschaft im Themenzuschnitt noch lückenhaft sei. Es fehle "der ganze
Themenbereich Bildung und Medienkompetenz. Man muss den Wandel auch so
gestalten, dass man alle mitnimmt".
14 Apr 2011
## LINKS
[1] http://www.digitale-gesellschaft.de/
[2] http://www.greenaction.de/
[3] http://twitter.com/#!/search/%23warum
[4] http://digitalegesellschaft.de/2011/04/warum-kampagne/
[5] http://www.campact.de/campact/home
[6] http://www.youtube.com/watch?v=sXSrpGr0wDU
[7] http://ak-zensur.de/
[8] http://maedchenmannschaft.net/
[9] http://www.greenaction.de/
[10] http://spackeria.wordpress.com/
## AUTOREN
Julia Seeliger
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zwischenbericht der Enquetekommission: Gut, dass wir drüber geredet haben
Seit einem Jahr beraten sich Politiker, Netzbürgerrechtler und Lobbyisten
in der Internet-Enquetekommission. Nun wollen sie einen Zwischenbericht
beschließen.
CCC-Vorschlag zum Urheberrecht: Eine Mark für Kreative
Mit einem eigenen Konzept steigt der Chaos Computer Club in die Debatte ums
Urheberrecht ein. Es soll den Kreativen zu einer gerechten Bezahlung
verhelfen.
Kommentar Vorratsdatenspeicherung: Das Vorratsdatendilemma
Bei der Vorratsdatenspeicherung zeigt sich, wie tief die Gräben zwischen
Schwarz und Gelb sind. Und gerade jetzt drängt die EU auf rasche
Änderungen.
Buch über die Generation Facebook: Die effektvolle Scheißegal-Revolution
Klaus Raab gibt der jungen Internetgeneration eine Stimme - zur
Verteidigung gegen alte Besserwisser und Tugendwahrer. Denn: Nicht
schlechter, bloß anders ist Rebellion heute.
Re:publica in Berlin: Programmierer als Journalisten
Die Medienkonferenz diskutiert Open Government, Open Data und
Datenjournalismus. Konsens ist: Der Journalismus muss sich dem Internet
anpassen
Flattr auf der Re:publica: Peter Sunde auf Marketing-Tour
Flattr will große Websites motivieren, ihre Buttons automatisch
einzubinden. Noch immer fehlt dem Mikro-Bezahldienst für soziale Zwecke die
kritische Masse.
Netzkonferenz Re:publica: Blogger kontra Offline-Mächtige
Bei der Re:publica geht es um Konflikte im Netz und Fragen der
Internetkultur. Heiß diskutiert wird, wer die Regeln des Zusammenlebens im
Netz bestimmen sollte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.