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# taz.de -- Girls Day bei Bundeswehr: Der Glamour der Armee
> Die Bundeswehr präsentiert sich dem weiblichen Nachwuchs als
> Abenteuerparcours mit schweren Maschinen und lustigen Badehosen. Nicht
> alle Mädchen lassen sich davon begeistern.
Bild: Lustige Waffenschau: Girls Day am Donnerstag bei der Bundeswehr.
Um 10.30 Uhr hat Jasmin ihr Urteil über das Leben im Felde schon gefällt.
"Für mich ist dasnix", sagt die 15-Jährige Schülerin und schaut
stirnrunzelnd einer Gleichaltrigen zu, die sich in ein Ein-Mann-Zelt
quetscht. "Ich bin auch kein Fan von Krabbeltieren - und von kalten Füßen",
pflichtet ihre 14-jährige Freundin Xenia bei. Als potenzielle Soldatinnen
kann man sich die beiden recht geschminkten Reinickendorfer
Oberschülerinnen so gar nicht vorstellen - trotzdem haben sie sich "schon
aus Interesse" beim diesjährigen Girl's Day für einen Besuch bei der
Bundeswehr entschieden. Fünf Stunden dauert der Schnuppertag beim
Feldjägerbataillon 350. Aber schon nach anderthalb Stunden auf dem Gelände
der Julius-Leber-Kaserne im Wedding scheint für die beiden der Glamour der
Armee dahin.
Vielleicht liegt es am nasskalten Wetter. Denn die Feldjäger geben sich
alle Mühe, bei den rund 75 zum Girls' Day Erschienenen eine gute Figur zu
machen. Einen richtigen Erlebnisparcours hat die Polizei der Bundeswehr
zusammen gestellt. Das "Leben im Felde", das mit bäuchlings aus Erdlöchern
spähenden Soldaten und Waffen zum Anfassen eine typische Einsatzsituation
simuliert, ist die zweite von fünf Stationen. Nach einer Vorführung der
Hundestaffel sollen sich die Mädchen ein Bild vom Kämpfen machen. Ein
Feldwebel erklärt, warum das alte Bundeswehrgewehr G3 in machen Situationen
besser sei als das aktuelle G36-Modell: "Damit kommen Sie auch durch
Lehmwände - praktisch vor allem in Afghanistan".
Fragen zum Afghanistaneinsatz kommen kaum, die Schülerinnen interessiert
eher Praktisches: Wie man das Essen aus der schachtelverpackten
"Einmannration" warm bekommt. Und ob man den ganzen Kram wirklich immer mit
sich herumtragen müsse. "Trolleys gibt's nicht, oder?", fragt Jasmin und
beißt entsetzt in einen "Hartkeks", der im Bundeswehrjargon "Panzerplatte"
genannt wird. Die Welt militärischer Kampfeinsätze ist für die Mädchen
meilenweit entfernt von ihrem Alltag. Für die drei Auszubildenden in der
Bundeswehrverwaltung, die sich der Girls' Day-Gruppe angeschlossen haben,
ist ein solcher Einsatz weniger abstrakt: auch zivile Armeeangehörige
können ins Ausland geschickt werden.
Im Fuhrpark können die 14- bis 16-Jährigen Mut beweisen und einen
40-Tonner-LKW durch einen Parcours steuern. Fast alle machen mit - auch
Jasmin, die hinterher sagt: "Doch, war ganz gut." Klar, welche 15-Jährige
hat schon die Möglichkeit, einen LKW zu steuern?
Die nächste Station "Leben in der militärischen Gemeinschaft" findet zum
Glück drin statt. Eine junge Soldatin zeigt Waschräume und eine typische
"Viermannstube" des Kasernengeländes, auf dem insgesamt knapp 2.000
Soldaten und Auszubildende leben. Eine Wandtafel mahnt den richtigen
Gebrauch des militärischen Jargons an: "Ein Soldat isst nicht, er
verpflegt. Er arbeitet nicht, er dient. Er flüchtet nicht, sondern zieht
sich zurück". Die Mädchen kichern. Auch die knappe blaue Männerbadehose und
die riesenhaften Gummi-Überziehschuhe sorgen für großes Hallo. Eine
ABC-Maske aufsetzen mag aber keins der Mädchen. Darum reißen sich die
wenigen Jungs - Schülerpraktikanten, die sich nach drei Wochen bei der
Bundeswehr bereits als alte Hasen fühlen. Der 16-jährige Ricardo ist
begeistert von seinem Praktikum: "Die Betreuung und Organisation war super.
Man hat richtig was zu sehen gekriegt".
Auch der Girls-Day ist perfekt organisiert, jeder Gruppe steht eine
Handvoll Offiziere, Feldwebel, Stabsoffiziere zur Seite. Männer und Frauen,
die nichts Zackig-Preußisches haben, sondern freundlich Fragen beantworten,
erklären, zum Anfassen ermutigen. "Anfassen heißt immer auch begreifen",
sagt Oberstleutnant Hans-Christian Köhnke und ermutigt die 14-jährige Kyra,
sich auf eine der schweren BMW-Maschinen zu setzen, mit der die
Personenschützerstaffel soeben eine spektakuläre Show vollführt hat. Warum
hat man den Mädchen nichts vom Wecken um 5.30 Uhr erzählt oder vom Drill,
der den Alltag mehr bestimmt als coole Motorradtouren? Köhnke seufzt und
sagt: "Es ist ja nur ein allererstes Fenster in unsere Welt. Ob man dazu
gehören will, entscheidet später jeder selbst."
14 Apr 2011
## AUTOREN
Nina Apin
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