# taz.de -- Unruhen in Burkina Faso: Präsident in der Spirale der Gewalt | |
> In Burkina Faso rebellieren erst Soldaten, dann deren Opfer gegen den | |
> Präsidenten. Seit Ende Februar ein Student erschossen wurde, kommt das | |
> Land nicht zur Ruhe. | |
Bild: Eigentlich ist Burkina Faso einer der stabilsten Staaten Westafrikas: Pro… | |
BERLIN taz | Innerhalb weniger Minuten ging die Zentrale der | |
Regierungspartei von Burkina Faso in Flammen auf. Eine Gruppe wütender | |
Demonstranten, so berichtete gestern die Zeitung LObservateur-Paalga in der | |
Hauptstadt Ouagadougou, drang am Samstagvormittag in das Hauptquartier der | |
CDP (Kongress für Demokratie und Fortschritt) ein. Die Autos im Hof wurden | |
auf die Straße gefahren und verbrannt. "Dann wurde das Gebäude selbst von | |
den Demonstranten angezündet, die innen so ziemlich alles verwüsteten", | |
fährt der Zeitungsbericht fort. "Ein Demonstrant, der einen Computer mit | |
Flachbildschirm wegtragen wollte, wurde von den anderen gebeten, ihn wieder | |
hinzustellen, denn ,wir sind keine Diebe', war zu hören. In wenigen Minuten | |
war die Avenue Kwame Nkrumah 11.46 ein Flammenmeer." | |
Burkina Faso, unter seinem seit 1987 regierenden Präsidenten Blaise | |
Compaoré einer der stabilsten Staaten Westafrikas, kommt nicht zur Ruhe, | |
seit am 22. Februar bei einer Demonstration in Koudougou der Student Justin | |
Zongo erschossen wurde. Auf Streiks und Protestmärsche gegen autoritäres | |
Regieren und hohe Lebenshaltungskosten folgen Demonstrationen unzufriedener | |
Soldaten, die wiederum empörte Zivilisten auf den Plan rufen. Am Montag | |
weiteten sich Aufstände unzufriedener Soldaten weiter aus. | |
Die jüngste Gewalt nahm in der Nacht zum Freitag ihren Lauf, als die | |
Präsidialgarde randalierte, weil Wohngeldzulagen nicht gezahlt worden | |
seien. Das Haus von Compaorés Stabschef brannte, der Präsident verließ die | |
Stadt. Soldaten zogen durch die Hauptstadt und plünderten Geschäfte, Märkte | |
und einen Radiosender. Am Freitag verkündete der Präsident, die geforderten | |
Gelder seien bezahlt, die Militärführung werde ausgewechselt, die Regierung | |
sei ersatzlos entlassen, die Krise sei beendet. | |
## Opfer der Plünderungen schlagen zurück | |
Aber am Samstag zogen Opfer der Plünderungen ihrerseits durch Ouagadougou | |
und griffen Symbole der Staatsmacht an. Neben der CDP-Parteizentrale | |
brannte auch der Sitz von Comaporés "Friedensstiftung" sowie Autos im | |
Vorhof des Parlaments. Das Militär rückte aus, auf Motorrädern rasten | |
Soldaten mit Maschinengewehren durch das Stadtzentrum und verjagten die | |
Demonstranten mit Warnschüssen, berichtet die Zeitung Le Pays. Am | |
Nachmittag war die Lage ruhig und der Präsident verhängte eine nächtliche | |
Ausgangssperre, was jedoch nicht verhinderte, dass Büros einiger | |
Oppositionsparteien von Unbekannten angegriffen wurden. | |
Nach den Zivilisten waren wiederum die Militärs an der Reihe. Meutereien im | |
Militär breiteten sich in die Provinz aus: am Samstagabend in die Stadt Pô | |
nahe der Grenze zu Ghana, Ausgangsort von Compaorés Putsch 1987, am Sonntag | |
in die Stadt Tenkodogo, wo Spezialkommandos ausgebildet werden, und am | |
Montag war die Gendarmerie in der Stadt Kaya an der Reihe. | |
Compaoré hat sich seit seinem Militärputsch gegen den Revolutionär Thomas | |
Sankara 1987 zum halbwegs zivilen Demokraten gemausert und wurde erst im | |
November 2010 mit 80 Prozent wiedergewählt. Doch eine starke Opposition | |
gibt es in Burkina Faso nicht, auch weil die Staatsmacht das immer wieder | |
verhindert. So äußert sich Unmut gegen den mittlerweile dienstältesten | |
Herrscher Westafrikas jetzt gleich auf der Straße. | |
"Präsident Compaoré ist zum direkten Vermittler zwischen seinem Staat und | |
seinem Volk geworden", schrieb gestern die Regierungszeitung Sidwaya. Sie | |
meinte es als Lob. Viele Burkiner halten es für ein Problem. | |
18 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Burkina Faso | |
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