# taz.de -- Krieg in Libyen: Rebellen erklären Misurata für frei | |
> Nach Angaben der Aufständischen soll Misurata frei sein und Gaddafis | |
> Truppen fliehen. Die Rebellen wollen jetzt weitere Städte im Westen unter | |
> ihre Kontrolle bringen. | |
Bild: Rebellen in Misrata durchsuchen Häuser nach Soldaten der Gaddafi-Armee. | |
MISURATA rtr | Nach sieben Wochen zermürbender Kämpfe haben die libyschen | |
Rebellen ihre weit im Westen gelegene Hochburg Misurata nach eigener | |
Aussage wieder unter ihre Kontrolle gebracht. "Misurata ist frei, die | |
Rebellen haben gewonnen", sagte ein Sprecher der Aufständischen der | |
Nachrichtenagentur Reuters am Samstag am Telefon. | |
Die Truppen von Machthaber Muammar Gaddafi seien auf der Flucht. Gefangen | |
genommene Soldaten berichteten, ihnen sei am Freitag der Rückzug aus der | |
drittgrößten libyschen Stadt befohlen worden. Der stellvertretende | |
Außenminister Chaled Kaim hatte dies mit den andauernden westlichen | |
Luftangriffen begründet, bei denen die USA am Wochenende auch erstmals eine | |
Drohne einsetzten. | |
Sollte die Angaben über die Wiederinbesitznahme Misuratas stimmen, wäre das | |
ein großer Erfolg für die Rebellen. Die Stadt galt lange als Symbol für den | |
aussichtslos scheinenden Kampf der Aufständischen im Westen des Landes. | |
Rebellensprecher Gemal Salem warnte gleichwohl vor Sorglosigkeit. Zwar | |
seien Gaddafis Truppen aus der Stadt vertrieben. Sie hätten jedoch in der | |
Nähe Stellung bezogen und könnte Misurata jederzeit wieder mit ihrer | |
Artillerie angreifen. | |
Jetzt durchkämmten die Rebellen die Stadt. Auch dort drohe Gefahr, weil | |
Gaddafis Truppen an Häusern, Autos und selbst an Leichen Sprengfallen | |
versteckt hätten. Bislang seien bei der Explosion der Sprengsätze drei | |
Menschen getötet und 15 verletzt worden. Später wolle man die versprengten | |
Kämpfer im Westen unterstützen. | |
Gefangene libysche Regierungssoldaten berichteten vom Rückzug aus der | |
Hafenstadt. Der Befehl sei ihnen bereits am Freitag erteilt worden. Ein | |
Soldat sagte, Rebellen hätten seine Einheit am Samstagmorgen beim Abzug | |
angegriffen. Einer seiner Kameraden bejahte die Frage, ob die Regierung die | |
Kontrolle über die drittgrößte Stadt Libyens verloren habe. Die Soldaten | |
gehörten zu einer Gruppe von zwölf Gefangenen, deren Wunden in einem | |
Krankenhaus behandelt wurden. | |
## Stämme sollen Aufgaben der Armee übernehmen | |
In den vergangenen Tagen hatte es Anzeichen für Erfolge der Aufständischen | |
in der Enklave gegeben. So gaben sie die Eroberung eines wichtigen Gebäudes | |
im Stadtzentrum bekannt, das Scharfschützen Gaddafis als Stützpunkt diente. | |
Für Misurata gab der stellvertretende Außenminister Kaim einen | |
Strategiewechsel bekannt. | |
Die Aufgaben der Armee würden den Stämme rund um Misurata übertragen, sagte | |
er vor Journalisten in Tripolis. "Die Taktik der libyschen Armee zielt auf | |
eine chirurgische Lösung ab, aber das funktioniert nicht mit den | |
Luftangriffen." Gaddafis Truppen sollen nach Worten Kaims außerdem "heraus | |
aus dieser Lage in Misurata, weil das libysche Volk rund um Misurata es so | |
nicht aushalten kann". | |
Hunderte von Menschen sind bei den Kämpfen um die Stadt getötet worden. Das | |
Benzin wird knapp. Tausende Gastarbeiter sitzen fest. | |
Nato-Kampfflieger beschossen am frühen Samstagmorgen zudem ein Areal nahe | |
dem Amtssitz Gaddafis in der Hauptstadt Tripolis. Reuters-Reportern zufolge | |
sah das Ziel nach einem Bunker aus. Regierungssprecher Mussa Ibrahim sprach | |
dagegen von einem Angriff auf einen Parkplatz, bei dem drei Menschen | |
getötet worden seien. | |
Nach Angaben von US-Generalstabschef Mike Mullen haben die westlichen | |
Kampfflugzeuge den Bodentruppen der Regierung zwar schwere Verluste | |
zugefügt. Zugleich äußerte er am Freitag aber die Einschätzung, dass die | |
Kämpfe mit den Rebellen derzeit auf eine Patt-Situation hinausliefen. Das | |
Verteidigungsministerium meldete am Samstag den ersten Einsatz einer | |
unbemannten Drohne in Libyen, nannte aber keine Einzelheiten. | |
23 Apr 2011 | |
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