# taz.de -- Krieg in Libyen: Enteignung im Namen der UNO | |
> Uganda und Ruanda verkauften ihre Telefonunternehmen an libysche | |
> Investoren. Nun holen sie sich die Firmen zurück - eine Konsequenz der | |
> Sanktionen gegen Gaddafi. | |
Bild: Will keiner mehr so recht: die libysche Ölfirma Tamoil. | |
KAMPALA taz | "Die Sanktionen durch die UN-Resolution werden das Geschäft | |
dieser Bank in Uganda nicht beeinflussen". Dieser Hinweis prangt auf der | |
Webseite der ugandischen Tropical Bank, zu 99,7 Prozent in der Hand von | |
Libyens Zentralbank. | |
Bislang jedenfalls. Jetzt hat Ugandas Zentralbank den Anteil übernommen. | |
Die Regierung in Kampala folgt damit der UN-Resolution, sämtliche Anteile | |
von Institutionen und Firmen einzufrieren, die von Muammar al-Gaddafi und | |
dessen Familie kontrolliert werden. Darunter auch Anteile der Libyschen | |
Bank sowie der Libysche Investitionsbehörde (LIA), ein 70 Milliarden Dollar | |
schwerer Staatsfonds. Er speist sich vor allem aus Ölgeldern. Für Afrika | |
gibt es eine spezielle LIA-Tochtergesellschaft, das Libya Africa Investment | |
Portfolio (LAP) mit derzeit 8 Milliarden Dollar Kapital. Davon hat LAP | |
allein 375 Millionen Dollar in Uganda investiert - unter anderem in die | |
Tropical Bank. | |
Noch am selben Tag, als Ugandas Zentralbank die Tropical Bank übernahm, | |
mussten alle libyschen Manager und Mitglieder des Aufsichtsrats ihre | |
Schreibtische räumen. Sie wurden ersetzt durch einflussreiche Ugander: | |
unter anderem durch Chris Kassami, Staatssekretär im Finanzministerium, | |
sowie Gerals Sendaula, ex-Finanzminister. Tropical Bank "setzt ihre | |
Geschäfte normal fort, allerdings komplett unabhängig von Libyens | |
Regierung", erklärt der Vize-Chef der ugandischen Zentralbank, Lioud | |
Kasekende. | |
## Ölpipeline von Kenia bis Ruanda | |
Mit Gaddafis Anteilen rollen nun auch Köpfe unter den mächtigen | |
Wirtschaftstycoons in Uganda. Eine Tochtergesellschaft der libyschen | |
Ölfirma Tamoil baut derzeit eine Ölpipeline von Kenia nach Uganda und | |
weiter nach Ruanda. Sie soll auch eine Ölraffinerie bauen, die das im | |
Westen Ugandas entdeckte Erdöl vor Ort verarbeitet, wenn die Förderung | |
einmal anläuft. Doch Energieminister Hilary Onek erklärt nun: Die Regierung | |
habe den Vertrag mit Tamoil gekündigt. Ugandas Tamoil-Chef Habib Kagimu | |
gilt als einflussreicher Drahtzieher zwischen Kampala und Tripolis. Er ist | |
mit einer Libyerin verheiratet, die mit Gaddafis Sohn Seif Al Islam | |
befreundet ist. Er hat in Libyen studiert. | |
Auch die 69 Prozent libyschen Anteile an der ugandischen | |
Telefongesellschaft Uganda Telecom (UTL) werden von der Regierung | |
übernommen, sagt Informationsminister Aggrey Awori. Sie gehörten Libyens | |
Telekom-Gigant Green Network, der groß in Afrikas boomenden | |
Telekommunikationsmarkt investiert hat. Bei der Privatisierung der einst | |
staatlichen UTL im Jahr 2000 stieg Green Network ein. Die Libyer schossen | |
der maroden Gesellschaft Kapital zu, bezahlten die Schulden und wechselten | |
das korrupte Management aus. Jetzt könnte all dies rückgängig gemacht | |
werden. | |
## Schulden in Millionenhöhe | |
Vielleicht ist dies auch Glück für UTL. Die Firma hat beim größten | |
ugandischen Mobilfunkkonkurrenten MTN aus Südafrika Schulden in | |
Millionenhöhe für unbezahlte Gebühren für die Vernetzung der beiden | |
Anbieter angehäuft. MTN war kurz davor, UTL-Anteile zu beschlagnahmen. | |
Minister Awori bestätigt: Mit der faktischen Wiederverstaatlichung sei UTL | |
jetzt vor einer feindlichen Übernahme gesichert. Was mit den Schulden | |
geschieht, bleibt unklar. | |
Immerhin lässt sich mit UTL noch telefonieren. Anders im Nachbarland | |
Ruanda: Auch dort hatte Green Network bei der Privatisierung in der | |
staatlichen Telefonfirma Rwandatel investiert. Doch Rwandatel hat so viele | |
unbezahlte Rechnungen angehäuft, dass die Regulierungsbehörde RURA den | |
Telefon- und Internetanbieter am 8. April komplett vom Netz nahm. 345.771 | |
Rwandantel-Kunden hatten plötzlich auf ihrem Handy keinen Empfang mehr. | |
27 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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