# taz.de -- Gagen für Hedgefondsmanager: 2 Zimmer, 18 Millionen Dollar | |
> Krise? Welche Krise? Wer reich werden will, muss nur ins | |
> Investmentgeschäft. Am besten in die USA, wo das Geld für Banker auch | |
> 2010 in Strömen floss. | |
Bild: Verdient auch weiterhin ordentlich, vor allem in den USA: Josef Ackermann. | |
BERLIN taz | Es war ein profitables Jahr für John Paulson. Der New Yorker | |
Hedgefonds-Manager kassierte 2010 fast fünf Milliarden Dollar. Anders | |
gerechnet: Paulson musste nur knapp zehn Minuten arbeiten, da hatte er | |
schon das Jahresgehalt von US-Präsident Barack Obama verdient. Und Paulson | |
ist nicht der einzige Spekulant, der Milliardengewinne verbucht. Wie kann | |
das sein? | |
Hedgefonds sind ein eigenartiges Phänomen, was sich auch daran zeigt, dass | |
selbst Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann mit seinem Gehalt nicht | |
konkurrieren kann. 2010 verdiente er "nur" 9,55 Millionen Euro. Dafür | |
braucht Paulson keine sechs Stunden. | |
Hedgefonds profitieren von einer doppelten Marktlücke. Sie dürfen ihr | |
Eigenkapital extrem "hebeln", indem sie mit einem enormen Kreditvolumen | |
spekulieren. Und sie können ihr gesamtes Kapital nutzen, um mit Derivaten | |
und Leerverkäufen auf Kursverluste zu setzen - ob es nun Währungen, | |
Rohstoffe oder Aktien sind. Es ist ein Nullsummenspiel, das die Hedgefonds | |
betreiben: Ihr Gewinn ist der Verlust von anderen. | |
Wohlwollend ließe sich behaupten, dass Hedgefonds die Notbremsen der | |
Finanzmärkte sind: Wenn alle überschwänglich auf steigende Kurse setzen, | |
ziehen die Hedgefonds am roten Hebel und stoppen den Übermut. Allerdings | |
leuchtet ein, dass nicht jeder ein Bremser sein kann - sonst würde der Zug | |
ja nie abfahren. Trotz der Milliardengewinne sind die Hedgefonds ein | |
Randphänomen. | |
Sie verwalten nur etwa ein bis zwei Prozent des weltweiten Finanzkapitals. | |
Paulsons fünf Milliarden Dollar sind also nicht interessant, weil jeder | |
Bankmanager so viel verdienen würde - sondern weil sie überhaupt möglich | |
sind. Die Gigantogagen für einige Hedgefonds-Manager illustrieren, wie | |
immens die Gesamtgewinne der Branche sind. Mühelos lassen sich ein paar | |
Milliarden extra für besonders schlaue Spekulanten verkraften. Für den Rest | |
der Branche bleibt reichlich übrig. | |
## Plage Privatkunde | |
Um auf Ackermann und die Deutsche Bank zurückzukommen: Seit Neuestem | |
veröffentlicht das Institut einen "Vergütungsbericht", der klar zeigt, dass | |
Investmentbanker werden muss, wer Reichtum anstrebt. Es ist jedenfalls | |
keine große Freude, im Privatkundengeschäft zu landen. Dort verarmt man | |
zwar auch nicht, aber das Durchschnittsgehalt lag 2010 bei ganzen 76.000 | |
Euro. Wie viel üppiger geht es da bei den Investmentbankern zu, die pro | |
Kopf auf 175.000 Euro kamen. | |
Aber auch bei der Deutschen Bank sind nicht alle gleich: Die 129 | |
wichtigsten Investmentbanker erhielten jeder im Durchschnitt 4,2 Millionen | |
Euro. | |
Die Deutsche Bank weiß, was sie tut: Ihr Gewinn stammt fast ausschließlich | |
aus dem Investmentbanking. Mit Privatkunden lässt sich kaum Geld verdienen, | |
obwohl die meisten Bankangestellten ihren Alltag am Schalter verbringen - | |
aber dort kommen eben nur Kleinsparer vorbei, die 47,33 Euro monatlich in | |
ihre Riester-Rente investieren wollen. Das bringt keine Millionen-Boni. | |
Dabei bemüht sich die Deutsche Bank sogar, ihr Privatkundengeschäft | |
auszubauen. Sie hat extra die Postbank erworben, um möglichst viele | |
Bundesbürger an ihren Schaltern zu versammeln. 24 Millionen Deutsche | |
unterhalten inzwischen ein Konto bei der Deutschen Bank. Aber genutzt hat | |
es nicht viel, wie der neueste Quartalsbericht zeigt, der am Donnerstag | |
erschien: Noch immer stammen 72 Prozent des Gewinns aus dem | |
Investmentbanking. | |
## Armes Frankfurt | |
Noch wichtiger: Die Deutsche Bank ist zwar qua Titel so deutsch wie kein | |
anderes Institut - aber ihren Investmentgewinn erzielt sie zu einem großen | |
Teil in den USA. Es ist nicht nur branchentypischer Größenwahn, dass sie | |
ihren amerikanischen Hauptsitz an der Wall Street hat: Dort wird ernsthaft | |
Profit gemacht. | |
In Frankfurt hingegen residieren kaum echte Investmentbanker. Schon vor | |
Jahren hat sich die Financial Times Deutschland darüber lustig gemacht, wie | |
es im "Euro Deli" zugeht, der Stammkneipe aufstrebender Nachwuchsbanker: | |
Die jungen Aktienanalysten sollen so knauserig gewesen sein, dass sie sich | |
die Garderobe verkniffen - "kostet schließlich 1 Euro" - und nur "wässrigen | |
Apfelwein" konsumierten. | |
Selbst wenn dies nur gehässige Kolportage sein sollte: Es ist überdeutlich, | |
dass sogar eine der reichsten Gemeinden Deutschlands, nämlich Königstein am | |
Taunus, der Wohnsitz vieler Banker, nicht mit Manhattan zu vergleichen ist. | |
Dort gehen Luxusapartments mit nur zwei Schlafzimmern für 18,9 Million | |
Dollar weg. Für dieses Geld bekommt man in Königstein vier Villen, | |
mindestens. | |
Es kann jedenfalls kein Zufall sein, dass der Hedgefonds-Manager Paulson | |
und der Deutsche-Bank-Chef Ackermann eines gemeinsam haben: Sie machen | |
ihren Profit zum großen Teil in den USA. Was ist so anders an diesem Land, | |
dass es eine Investmentbranche ernähren kann, die im vergangenen Jahr Boni | |
in Höhe von insgesamt 136 Milliarden Dollar ausgeschüttet hat? | |
## Paradies der privaten Vorsorge | |
Pro Kopf haben die US-Bürger kaum mehr Vermögen als die Deutschen. | |
Theoretisch müsste es also auch in der Bundesrepublik möglich sein, ein | |
lukratives Investmentbanking aufzuziehen. Aber nein, wer auf sich hält, | |
strebt in die USA. | |
Letztlich ist es simpel: Hedge-Fonds und Investmentbanken kassieren eine | |
Sondersteuer. Sie leben davon, all die Milliarden zu verwalten, die die | |
Amerikaner ansparen, weil sie so vehement an die Segnungen des freien | |
Marktes glauben. Ob Universitäten, Renten oder Gesundheitsversorgung -- | |
überall wird privat vorgesorgt. Um nur zwei beliebige Beispiele zu nennen: | |
Harvard allein hat ein Vermögen von 27,6 Milliarden Dollar. Der | |
Pensionsfonds von IBM kommt auf 40 Milliarden, die angelegt werden müssen. | |
Und immer profitieren die Investmentbanken. | |
Dieses ruinöse US-Modell eines entsolidarisierten Kapitalismus hat bei den | |
Bundesbürgern bisher keine Chance. Hoffentlich bleibt das so: Es wäre | |
bedenklich, wenn die Deutsche Bank plötzlich Deutschland als | |
Investmentparadies entdecken würde. | |
29 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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