# taz.de -- Proteste in Syrien: Zehntausende brechen Demoverbot | |
> Trotz der Gewalt der Armee lässt sich die Oppositionsbewegung nicht | |
> einschüchtern. Die Muslimsbrüderschaft unterstützt die Demonstranten. | |
Bild: Flucht vor der Gewalt: Grenzübergang zum Libanon. | |
DAMASKUS taz | Für den Freitag hatten verschiedene Internetseiten zum "Tag | |
des Zornes" und somit zu weiteren Protesten in ganz Syrien aufgerufen. | |
Durch das gewaltsame Vorgehen der Armee in den vergangenen Wochen hat die | |
Protestbewegung mindestens 453 Tote zu beklagen. Doch ließ sie sich davon | |
so wenig einschüchtern wie von den Panzern, die rings um Damaskus | |
aufgefahren waren. Landesweit gingen mehrere zehntausend Menschen auf die | |
Straße, um den Sturz des Regimes zu fordern. Aus dem Damaszener Vorort | |
Douma, der schon zuvor Schauplatz von Gewalt gegen die Opposition war, | |
wurden Großdemonstrationen gemeldet. Erneut ging die Armee mit | |
Scharfschützen und Tränengas dagegen vor. Alle Telefon- und | |
Internetleitungen in Damaskus wurden gekappt. | |
In der hauptsächlich von Alawiten bewohnten Küstenstadt Lattakia waren | |
schon Panzer aufgefahren, um die "staatliche Sicherheit" gewährleisten zu | |
können, wie das Informationsministerium verlauten ließ. Alle Syrer wurden | |
aufgefordert, nicht genehmigte Demonstrationen und Sit-Ins zu unterlassen, | |
da die Gesetze "zum Schutz der Bürger und des Staates" trotz Aufhebung der | |
Notstandsgesetze weiter angewendet werden würden. | |
Die syrische Muslimbruderschaft, die seit dem Massaker von Hama 1982 als | |
offiziell nicht mehr existent galt, meldete sich mit einem islamisch | |
korrekten und religionsübergreifenden Aufruf zu weiteren Protesten zu Wort. | |
Die Vorgehensweise des Regimes wurde als "Genozid" verurteilt, gegen den es | |
aufzustehen gelte. | |
Das Informationsministerium zeigte sich am Freitag erneut unbeeindruckt von | |
den Protesten und erklärte, die panarabischen Satellitensender al-Dschasira | |
und al-Arabiyya würden gezielt Fehlinformationen und manipulierte Bilder | |
verbreiten sowie unglaubwürdige Augenzeugenberichte zeigen von syrischen | |
Flüchtlingen, die es in den Libanon geschafft hätten. | |
Unterdessen nahm eine Sondersitzung des UNO-Menschenrechtsrats in Genf am | |
Freitagabend eine Resolution zur Verurteilung des Assad-Regimes mit | |
deutlichen Abstrichen an. Gegen den von den USA eingebrachten und von allen | |
westlichen Ratsstaaten sowie Japan, Australien und Südkorea unterstützten | |
Resolutionsentwurf hatten sich die von Pakistan geführte Organisation der | |
Islamischen Staaten und fast alle afrikanischen und asiatischen Länder aus | |
sowie Russland, China und Kuba ausgesprochen, die Arabische Liga und die | |
Türkei legten sich zunächst nicht fest. | |
Daraufhin fand ein Entwurf, der nur von "angeblichen" | |
Menschenrechtsverletzungen sprach und keine sofortige Entsendung einer | |
Untersuchungskommission mehr forderte, eine Mehrheit. | |
29 Apr 2011 | |
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