# taz.de -- Atomare Katastrophe in Japan: Panne in weiterem AKW | |
> Im Kühlwasser des AKW Tsuruga II sind erhöhte radioaktive Werte gemessen | |
> worden. Keine Gefahr für die Umgebung, sagen die Behörden. In Fukushima | |
> sollen Arbeiter Reaktor 1 wieder betreten. | |
Bild: Aus dem AKW Tsuruga sind schon in früheren Jahren so einige Zwischenfäl… | |
TOKYO/WIEN dpa | Weitere Atom-Probleme in Japan: Während die Retter mit | |
Hochdruck am havarierten Kraftwerk Fukushima Eins arbeiten, gab es einen | |
Zwischenfall in einem weiteren Reaktor, in dem weit entfernten AKW Tsuruga | |
II im Westen des Landes. Gefahr für die unmittelbare Umgebung bestehe aber | |
nicht, erklärten die zuständigen Behörden am Montag. Das Ausmaß des | |
Vorfalls ist noch unklar. Ein Sprecher der Internationalen | |
Atomenergie-Organisation (IAEA) in Wien konnte den Zwischenfall zunächst | |
nicht bestätigen. | |
Betroffen sind nach Berichten der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo die | |
Brennstäbe des AKW. Bereits vor dem schweren Erdbeben der Stärke 9,0 und | |
dem anschließenden Tsunami am 11. März gab es aus der Region Berichte über | |
Probleme mit Atommeilern. In der Präfektur Fukui sind 4 Atomkraftwerke mit | |
insgesamt 13 Meilern in Betrieb. Sie stehen entlang der Westküste. | |
## Fehlerhafte Umhüllung von Brennelementen | |
Nach Angaben von Kyodo wurden erhöhte radioaktive Werte von Iod-131 sowie | |
von Xenon gemessen. Der Betreiber, Japan Atomic Power Co. (Japco) sprach | |
von technischen Problemen und kündigte an, den Reaktor für eine Prüfung | |
herunterzufahren. Die Werte sollten künftig täglich statt bisher | |
wöchentlich geprüft werden. | |
Die Messwerte könnten auf eine fehlerhafte Umhüllung eines oder mehrerer | |
Brennelemente zurückgehen, erklärte der Sprecher der Gesellschaft für | |
Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), Sven Dokter, am Montag in Köln. Dies | |
wäre kein sehr ungewöhnlicher Vorgang, ergänzte er. Ein einzelnes | |
Brennelement ist eine mit Brennstoff-Pellets gefüllte metallene Röhre. | |
Durch mechanische Probleme oder Fehler bei der Herstellung könne diese | |
Umhüllung undicht werden - dann ließen sich klassische Spaltproduke wie | |
Iod-131 oder Xenon im Kühlwasser nachweisen. Unter Umständen ließe sich der | |
Reaktor aber auch dann weiterbetreiben, sagte Dokter. So etwas komme auch | |
bei anderen Reaktoren vor. | |
Die Stadt Tsuruga an der Westküste ist von Fukushima, in deren Nähe das | |
havarierte Atomkraftwerk Fukushima Eins liegt, rund 360 Kilometer Luftlinie | |
entfernt. Der nun betroffene Meiler liegt damit außerhalb der | |
Katastrophenzone. | |
In der Nähe von Tsuruga betreibt Japco an der Küste zwei Atomkraftwerke, | |
die "Tsuruga Power Station Units" I und II. Von dem Problem betroffen ist | |
Kraftwerk II. Das Unternehmen will in der Gegend zwei weitere | |
Atomkraftwerke bauen. | |
Im Jahr 1981 waren aus dem Kraftwerk Tsuruga Eins radioaktive Substanzen | |
entwichen. Später stellte sich heraus, dass der Betreiber dies verschleiert | |
hatte. | |
## Arbeiten in Fukushima werden fortgesetzt | |
Unterdessen wurde die Arbeit am havarierten Reaktor 1 des Kernkraftwerkes | |
Fukushima I fortgesetzt. Der dortige Betreiber Tepco will radioaktive | |
Partikel aus der Innenraumluft entfernen. Die Installation der notwendigen | |
Filter soll nach Angaben des Nachrichtensenders NHK vom Montag in wenigen | |
Tagen abgeschlossen sein. Demnach soll die Kontamination der Luft in dem | |
Gebäude um 95 Prozent reduziert werden. | |
Bei der Installation der Filter betreten erstmals wieder Arbeiter das | |
Reaktorgebäude, seit es dort am 12. März zu einer Wasserstoff-Explosion | |
gekommen war. Tepco erhöhte zudem die Wassermenge, die zur Kühlung in den | |
Reaktor 1 gepumpt wird. So soll geprüft werden, ob sich die Kühlung des | |
Reaktordruckbehälters verbessern lässt. | |
Bei dem Atomunfall und den anschließenden Explosionen im Reaktorgebäude | |
entstanden unter anderem große Mengen Staub, der aufgewirbelt werden kann. | |
Viele radioaktive Partikel sind vor allem dann gefährlich, wenn sie in die | |
besonders anfällige Lunge gelangen. | |
Japan setzt für seine Energiegewinnung stark auf Atomkraft. Gegenwärtig | |
sind rund 50 Reaktoren an 16 verschiedenen Standorten am Netz. Weitere drei | |
Atomkraftwerke sind im Bau, elf werden geplant. Der Strombedarf des Landes | |
wird zu 30 Prozent aus Atomkraftwerken gedeckt. In Deutschland sind es 22,6 | |
Prozent. | |
2 May 2011 | |
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