# taz.de -- Griechenlands Schuldendesaster: Debatte um mögliches Euro-Aus | |
> Die Griechen halten Spekulationen über ein Währungsaus nach einem Treffen | |
> von EU-Finanzministern für "fast schon kriminell". Doch ein Top-Ökonom | |
> fordert genau das. | |
Bild: Wenig Optimismus ob der grieschichen Schuldenkrise: Schlappe Fahne vor de… | |
BRÜSSEL taz | Offiziell steht die Lage in Griechenland erst wieder beim | |
nächsten regulären Treffen der Eurogruppe am 16. Mai in Brüssel auf der | |
Tagesordnung. Umso größer war die Überraschung, als ein geheimes Treffen | |
mehrerer EU-Finanzminister am Freitagabend bekannt wurde. Schließlich | |
hatten alle Teilnehmer dieses Treffens zunächst heftig dementiert, um sich | |
dann kurz nach Börsenschluss im Luxemburger Chateau Senningen zu | |
versammeln, wo sie über Griechenland, die Lage in der Eurozone und über die | |
Nachfolge von EZB-Chef Trichet sprachen. | |
## "Fast schon kriminell" | |
Unruhe kam vor allem nach einem Bericht von Spiegel Online auf, wonach | |
Griechenland den Austritt aus dem Euro erwäge. Die Regierung in Athen | |
dementierte prompt. Regierungschef Giorgos Papandreou sprach von einer | |
"Provokation"; die Gerüchte schadeten seinem Land und seien "fast schon | |
kriminell". | |
Auch in Brüssel und in Berlin wurde der Bericht umgehend dementiert. "Wir | |
haben nicht vor, dass die Eurozone ohne Grund explodiert", versicherte der | |
luxemburgische Ministerpräsident und Vorsitzende der Eurogruppe, | |
Jean-Claude Juncker, am Freitagabend. Man wolle Griechenland weder aus der | |
Eurozone ausschließen noch austreten lassen. | |
Doch möglicherweise hat Griechenland tatsächlich mit dem Abschied vom Euro | |
gedroht, um ein erneutes Entgegenkommen bei der Rückzahlung seiner | |
Notkredite zu erreichen. EU und IWF hatten im Mai 2010 im Gegenzug für | |
Sparmaßnahmen ein Rettungspaket über drei Jahre in Höhe von 110 Milliarden | |
Euro für Griechenland geschnürt. Im März wurden die Zinsen auf die | |
EU-Kredite gesenkt, um den Schuldendienst zu erleichtern. Außerdem wurden | |
die Laufzeiten verlängert. | |
Der griechische Finanzminister Papakonstantinou sagte am Wochenende, es sei | |
die Möglichkeit diskutiert worden, dass der Euro-Rettungsfonds griechische | |
Staatsanleihen kaufe. Die französische Zeitung Les Echos berichtete sogar, | |
dass die Versammelten für den Notfall weitere Hilfen für Griechenland von | |
bis zu 25 Milliarden Euro abnickten. Indirekt wurde dies von Juncker | |
bestätigt, der von einem "neuen Wirtschaftsplan" sprach. | |
Hintergrund der wachsenden Unruhe ist die Unzufriedenheit mit dem | |
bisherigen Hilfsprogramm. Es hat die Rezession in Griechenland verschärft, | |
aber nicht die versprochenen Fortschritte beim Schuldenabbau gebracht. Die | |
Staatsschulden machen inzwischen 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus; | |
gleichzeitig sind die Risikoaufschläge, die die Finanzmärkte für | |
griechische Anleihen fordern, höher denn je. | |
## Griechen wollen raus | |
Nach einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage befürwortet jeder dritte | |
Grieche einen Ausstieg aus dem Hilfsprogramm. Fast jeder zweite sprach sich | |
dafür aus, das Hilfspaket neu zu verhandeln. Genau das will die EU aber um | |
jeden Preis verhindern. | |
Auch eine Umschuldung, die viele Experten für Griechenland fordern, | |
schließt die EU bisher aus. Die Finanzminister hätten "jegliche | |
Umschuldung" abgelehnt, sagte Juncker nach dem Treffen. Das hindert | |
Volkswirte jedoch nicht daran, darüber weiter zu diskutieren. Für den Chef | |
des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, ist nicht einmal ein | |
Austritt aus dem Euro tabu: Das wäre "das kleinere Übel", sagte er der | |
Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. | |
Die Debatte geht weiter - jedenfalls in Deutschland. In Brüssel ist man | |
darüber gar nicht glücklich. Schließlich wird Deutschland schon jetzt von | |
vielen seiner Partner beschuldigt, der EU zu sehr seinen Stempel | |
aufzudrücken. Außerdem könnte die Dauerdebatte die Märkte verschrecken und | |
den Euro drücken, heißt es in Brüssel. Am Freitag geriet der Euro bereits | |
massiv unter Druck. | |
8 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Gert Stuby | |
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