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# taz.de -- Kolumne Ball und die Welt: Forza Palästina!
> Das Nicht-Land Palästina könnte beim Olympischen Fußballturnier in London
> teilnehmen. Das ist nicht Sport, sondern Politik: Nämlich Folge von
> Verbandsstreitigkeiten.
Bild: Die Spieler der palästinensischen Mannschaft nach dem ersten Tor gegen T…
Nehmen wir das Ergebnis der Geschichte, die hier erzählt wird, vorweg:
Palästina hat Chancen, sich für das Olympische Fußballturnier 2012 in
London zu qualifizieren. Das ist schön, hat aber einen Nachteil: Mit
Palästina hat es nichts zu tun. Statt im Nahen Osten hat die Geschichte im
sehr fernen Osten ihren Ursprung, in Thailand.
Dessen Auswahl nahm nämlich 2008 an der Asienmeisterschaft der
U-19-Fußballer in Saudi-Arabien teil, und nach einer dort verhängten Roten
Karte musste der thailändische Mittelfeldspieler Sutjarit Jantako drei
Spiele aussetzen. Aber bei einem 5:4-Sieg, den Thailand im März 2011 im
palästinensischen Ramallah nach Elfmeterschießen zustande brachte, war
Jantako dabei – drei Jahre nach seiner noch nicht abgesessenen
internationalen Rotsperre. Also hat die AFC, die Asiatische
Fußballkonföderation, Thailand von der Qualifikation zu Olympia
ausgeschlossen. Und das Spiel gegen Palästina wird als 0:3-Niederlage
Thailands gewertet.
Nun tobt der thailändische Verband, vor allem sein Präsident Worawi Makudi,
ein langjährig gedienter Multifunktionär im asiatischen Fußball: Das sei
gar kein Fehler seiner Leute gewesen, sondern einer der AFC-Funktionäre.
Schließlich sei Jantako schon 2010 bei den Asienspielen gemeldet gewesen,
auch wenn er dort nicht zum Einsatz kam. Und wenn seine angeblich noch
gültige Sperre da nicht aufgefallen sei, hätten die Verantwortlichen der
thailändischen Nationalmannschaft ja auch nicht von ihr wissen können.
## Mohammed bin Hamman wird persönlich angegriffen
Persönlich angegriffen von Worawi wird Mohammed bin Hammam aus dem
WM-Gastgeber-Emirat Katar. Der ist der neue starke Mann im asiatischen
Fußball und fordert demnächst sogar Fifa-Präsident Sepp Blatter heraus.
Nicht dass bin Hammam nennenswert sympathisch wäre oder gar für eine
Fußballpolitik einträte, die sich am Wohl der Menschen orientierte. Aber
anders als Worawi steht bin Hammam nicht unter Korruptionsverdacht. Jüngst
soll er mit geballter Funktionärsmacht englische Fußballfernsehrechte für
sich gefordert haben.
Auch in Thailand selbst ist Worawi umstritten: Erstmals seit Jahrzehnten
ist er beim Verbandstag mit einem Gegenkandidaten um die Präsidentschaft
konfrontiert. Prompt hat Worawi den Wahltermin verschoben. Es scheint, dass
der Ausschluss Thailands vom Olympischen Fußballturnier als Hebel dient,
Thailands obersten Fußballfunktionär Worawi Makudi von der Fifa, vom
asiatischen Fußball und sogar von den thailändischen Sportstrukturen
fernzuhalten.
## Palästina profitiert vom Machtkampf im Fußballverband
Was also auf den ersten Blick als sympathische Aufwertung des schwächelnden
palästinensischen Fußballs ausgesehen haben mag, offenbart sich bei
genauerem Hinsehen als ein Machtkampf, der in Thailand, Katar, der Fifa und
der AFC tobt. Dass davon Palästina profitiert und womöglich erstmals in der
Geschichte dieses gar nicht existierenden Landes mit einer
Fußballmannschaft am olympischen Turnier teilnehmen dürfte, lässt sich
allerdings wirklich nicht prognostizieren.
Bleibt es beim Ausschluss Thailands, heißt das für die palästinensische
Auswahl bloß, dass sie im Juni zweimal gegen Bahrein antreten darf. Und um
hier weiterzukommen, hülfe den Kickern aus Westjordanland und Gaza
vermutlich kaum eine großartige sportliche Leistung, sondern ebenfalls nur
die Politik: Bahrein müsste ausgesperrt werden, aber dass die Fifa das
macht, bloß weil derzeit 200 Sportler inhaftiert sind, die an den Protesten
gegen das Regime teilgenommen haben, glaubt ja keiner.
Bleibt nur zu konstatieren, dass Revolutionen beziehungsweise was
gegenwärtig so genannt wird, auch im Sport für Irritation sorgen. Um ein
Beispiel aus Deutschland zu wählen: Wenn sich etwa Dynamo Dresden, das sich
immer noch Hoffnung auf den Aufstieg in die Zweite Liga macht, mal wieder
für den Europapokal qualifizierte, müsste es draußen bleiben: Seit März
1991, als im Gefolge hiesiger Umbrüche Dynamo-Fans beim Europapokalspiel
gegen Roter Stern Belgrad ausrasteten, ist der Klub für seine nächsten zwei
europäischen Spielzeiten gesperrt. Es ist halt unser Naher Osten.
12 May 2011
## AUTOREN
Martin Krauss
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