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# taz.de -- FDP votiert für Euro-Rettungschirm: Geschäftsmodell für Spekulan…
> Debatte über Markt und Staat: Die FDP stimmt bei ihrem Parteitag für den
> Euro-Retttungsschirm. Doch die Gegner dominieren die Diskussion.
Bild: Die Mehrheit der FDP-Delegierten ist für den Euro-Rettungsschirm.
ROSTOCK taz | Es sollte ein harmonischer Parteitag sein, kein Streit durfte
Philipp Rößlers Start verdunkeln. Doch der Antrag L 2 Nr. 18 hatte es in
sich. Finanzpolitiker Frank Schäffler, ein Neoliberaler, und der
Altlinksliberale Burkhard Hirsch fordern darin ein Nein zu dem Europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM). Würde dieser Antrag angenommen, Schwarz-Gelb
wäre in einer existentielle Krise. Auch deshalb ist er chancenlos. Am Ende
bekommen Schäffler /Hirsch 173 Stimmen, 349 votieren für den Leitantrag des
Bundesvorstands. Es ist ein erwartbare Ergebnis – voraus geht die einzig
interessante Debatte in Rostock. Sie berührt das Verhältnis von Markt und
Staat, Staatsraison und EU, Ordnungs- und Realpolitik.
Schäffler & Co kritisieren, dass der Euro-Rettungsschirm ESM, in den
Deutschland 22 Milliarden Euro einzahlen und der zudem 190 Milliarden Euro
an Bürgschaften abverlangt, private Gläubiger zu wenig beteiligt. ESM
eröffne Spekulanten "ein Geschäftsmodell", so Schäffner. Sie könnten sich
bei der Europäischen Zentralbank EZB billig Geld leihen, dafür griechische
Staatsanleihen zu kaufen und so mehr als 10 Prozent Zinsen zu kassieren.
Denn die Athener Staatsanleihen seien dank ESM ja sicher.
Außerdem komme Athen ohne Schuldenschnitt nicht auf die Beine, sondern
bleibe im Teufelskreis von Schulden, Sparen, mehr Schulden gefangen.
Deshalb solle Athen raus aus dem Euro. Man dürfe "kein gutes Geld
schlechtem hinterherwerfen".
## "Steuerzahler als Ausfallzahler für Casiongeschäfte"
Burkhard Hirsch argumentiert stärker politisch: Er fordert für die EU eine
gemeinsame Sozial- und Wirtschaftspolitik, eine Idee, die für Neoliberale
eigentlich ein Graus ist. ESM mache "den Steuerzahler zum Ausfallzahler für
Casinogeschäfte", so Hirsch.
Diese in erstaunlichem Gleichklang von Neo- und Linksliberalen formulierte
Kritik ist mehr als eine Randnotiz. Laut Schäffler gibt es mehr als 20
ESM-Skeptiker in den Fraktionen von Union und FDP. Wenn der Bundestag über
ESM abstimmt, könnte Merkel in die peinliche Lage kommen, auf die
Opposition angewiesen zu sein. Laut Fraktionsspitzen von Union und FDP ist
Merkels eigene Mehrheit indes nicht in Gefahr.
Die Pro-Position vertraten Westerwelle und der aufstrebende liberale
Europa-Politiker Alexander von Lambsdorff. Wenn Deutschland sich der
Euro-Rettung verweigere, sei die EU in Gefahr. Westerwelle betonte, dass
ESM kein Automatismus sei. Er greife nur, wenn der Euro als Ganzes in
Gefahr sei, nicht bei allen dramatischen Haushaltsschieflagen. Zudem haben
Berlin und der Bundestag ein Vetorecht. Die Idee von Finanzminister
Schäuble, ESM man Parlament vorbei zu beschließen, ist vom Tisch.
## Deutsches Nein nutze EU-Gegnern
Ohne Euro-Rettungsschirm, so der Außenminister in dramatischem Ton, drohe
eine Rezession, die die Finanzkrise nach dem Lehman-Crash weit in den
Schatten stellen werde. Nüchterner und eher wie ein Außenminister
argumentierte Lambsdorff. Er nahm die Kritiker gegen Vorwürfe,
deutschnational zu sein in Schutz – doch ein deutsches Nein zu ESM nutze
den EU-Gegner von Wilders bis Le Pen. Zudem profitiere die deutsche
(Export-) Wirtschaft enorm von den dank Euro niedrigen Zinsen. Der FDP-MdB
Florian Tonkar argumentierte, dass der von Schäffler geforderte
Schuldenschnitt und Austritt von Athen und Lissbon aus dem Euro für
Deutschland teurer würden als ESM.
Die Mehrheit für den Eurorettungsschirm war am Ende deutlich - aber sie
vedankt sich eher realpolitischen Zwängen als Überzeugung. Ausgestanden ist
die Debatte für Merkel und Rößler noch nicht.
15 May 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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