# taz.de -- STADTPLANUNG: Konsumieren statt Innehalten | |
> Der Bebauung des Bahnhofsvorplatzes stimmte der Beirat mit großer | |
> Mehrheit zu. Für die Forderung nach noch mehr Mitbestimmung und Grün ist | |
> kein Platz. | |
Bild: So soll der Bremer Bahnhofsvorplatz in Zukunft aussehen | |
Der Bebauung des Bahnhofsvorplatzes steht kaum mehr etwas im Wege: Der | |
Beirat Mitte stimmte dem Bau zweier Geschäftshäuser auf dem | |
"Investorengrundstück" mehrheitlich zu - unter Protest der Linkspartei und | |
Teilen des Publikums. Die forderten mehr Zeit für die Mitbestimmung der | |
BürgerInnen und einen Ideenwettbewerb. | |
Der Saal der Arbeitnehmerkammer war am Montagabend so voll, dass gar nicht | |
alle einen Sitzplatz bekamen. Zur Sondersitzung des Stadtteilparlaments war | |
dabei neben lokaler Politprominenz auch der als "Star-Architekt" gehandelte | |
Max Dudler angereist. Die Bebauungsgegner konnte er so wenig besänftigen | |
wie Senatsbaudirektor Franz-Josef Höing, der sich für die kultivierte | |
Debatte und die kritischen Stimmen bedankte. Erhitzt versuchten die | |
KrtikerInnen bis zum Schluss, die Zustimmung des Beirates abzuwenden. Denn | |
für den Bahnhofsvorplatz hätten sie sich nicht nur Verbesserungen am | |
ursprünglichen Entwurf gewünscht, sondern einen Park, eine Grünfläche - | |
oder zumindest eine grundsätzliche Debatte darüber, was mit diesem Platz | |
geschehen solle. Dafür aber sei keine Zeit gewesen, sagte Jörg Windszus, | |
Beiratsmitglied der Linkspartei. "Das Ortsamt hat das Projekt mit Vehemenz | |
vorangetrieben. Es ging nie um die Vor- und Nachteile, sondern immer nur | |
darum, öffentliche Akzeptanz zu schaffen", so Windszus. Zumindest am Montag | |
ist das nur teilweise gelungen. | |
"Einen Platz zum Innehalten" wünschte sich eine Bürgerin aus dem Ostertor. | |
Eine ältere Dame führte aus, dass es einen Unterschied gäbe zwischen den | |
privaten Interessen eines Investors und den allgemeinen Interessen der | |
Öffentlichkeit. Dafür erntete sie mildes Lächeln von der einen Hälfte des | |
Saals, Beifall von der anderen. "Wie viele Hotels wollen wir noch?", fragte | |
sie. Und verwies auch auf den Leerstand in den umliegenden Bürogebäuden | |
sowie das Beluga-Gebäude am Teerhof. "Das wird ja bald frei." Dafür | |
immerhin gabs Lacher aus beiden Lagern. Ein Mann aus der Piratenpartei | |
sprach von "grünem Beton" und einer "Shoppingmall". Dem widersprach Beirat | |
Michael Rüppel (Grüne): "Alle Geschäfte sind von Außen zugänglich." | |
CDU-Frau Viola Mull sah zwar Gefahr der Konkurrenz für die Geschäfte in der | |
Sögestrasse, doch am Ende stimmt sie dennoch zu. Lob kam von Michael Frenz, | |
Präsident der Architektenkammer. Sein Kollege Florian Kommer ermutigte gar | |
den Beirat, das Projekt selbstbewusster zu befürworten. | |
Anfang April waren dort die Pläne des Investors - der Achim Griese | |
Treuhandgesellschaft - vorgestellt worden. Räume für Büros, Arztpraxen, | |
Hotels und Gaststätten sollen entstehen. Ortsamtsleiter Robert Bücking | |
(Grüne) sagte, man habe sich zu einer schnellen Entscheidung noch vor den | |
Wahl entschlossen - zumal die Investoren bereits auf der Suche nach Mietern | |
seien. "Diesmal sollte nichts schief gehen." | |
Den ursprünglichen Entwurf, der ein Gebäude mit geschlossener Passage | |
vorsah, hatte Architekt Dudler nach öffentlicher Kritik korrigiert. Nun | |
soll eine Gasse zwischen zwei getrennten Häusern die Sicht auf den Bahnhof | |
und ungehinderten Durchgang ermöglichen. Für die Mehrheit des Beirates ist | |
dies eine wesentliche Verbesserung. | |
Die Gebäude schlössen die Baulücke zwischen Bahnhof und Innenstadt und | |
hätten ein fortschrittliches Energiekonzept, heißt es in dem Beschluss. Für | |
Einzelflächen solle im Kaufvertrag eine Obergrenze festgelegt werden, um | |
die Nutzung als Einkaufszentrum zu verhindern. Ebenso sollten Räume für ein | |
gemeinnütziges Projekt vorgehalten werden. Für die Skater und die | |
Suppenküche solle ein anderer Ort gefunden werden. | |
Nach dem Beschluss des Beirates wird der Haushalts- und Vermögensausschuss | |
des Parlamentes über den Verkauf des Grundstück entscheiden - auf seiner | |
ersten Sitzung nach der Wahl. Aus dem Haus des Investors hieß es: "Wir | |
warten in aller in Ruhe die Wahl ab und sind positiv gestimmt." | |
17 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
## TAGS | |
Bremen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Klotzen statt Stadt: Ein sehr spezieller Spatenstich | |
Nach langen Verzögerungen beginnt die Bebauung des Bahnhofsvorplatzes. Als | |
Bürgermeister hat Carsten Sieling ein Herz für Hochhäuser entdeckt. |