# taz.de -- Contra Kinder-Account-Gesetz: Erziehen, nicht kontrollieren | |
> Allen beunruhigten Eltern sei gesagt: Freundschaften in Online-Netzwerken | |
> führen nur selten zu bizarren Freundschaften. Nötiger als das Gesetz wäre | |
> Medienkompetenz. | |
Bild: So schlimm ist es im Netz dann doch nicht. | |
In Kalifornien wurde nun also die Idee geboren, Eltern den Zugang zu den | |
sozialen Netzwerken ihrer Kinder zu ermöglichen. Per Gesetz. Was Offline | |
möglich ist - die Überwachung des Nachwuchs – soll, nach dieser Logik auch | |
Online erfolgen können. Selbstverständlich nur zum Schutz vor allem Bösen | |
und Fiesen, das sich ja bekanntlich vor allem im Internet herumtreibt. | |
Es ist eine beruhigende Wahrheit, dass Mutter und Vater nicht jeden Moment | |
des Lebens ihrer Kinder kontrollieren können. Eltern wollen nämlich gar | |
nicht nur vor akuter Gefahr schützen, sondern vor allem eins: Dass die | |
Kinder nicht mit den Asis von nebenan spielen. | |
Weder Off- noch Online. Auch bei Facebook soll das Kind nur auf die | |
"Gefällt mir"-Buttons anderer obst- und vollkornbrotfressenden Jugendlicher | |
klicken, die sie in den Ferien bei Vamos-Reisen kennengelernt haben und auf | |
keinen Fall das letzte Foto der Zufallsbekanntschaft von Autoscooter | |
kommentieren. | |
Klar, wenn die 14-jährige Tochter alle ihre Kontakte per SchülerVZ zum | |
Blaumachen auffordert, wäre es der Erziehung dienlich, dies auch zu | |
erfahren. Doch es gibt da ja immer noch eine Schule, die Sie über die | |
Fehlzeiten der Schulschwänzerin aufklären wird. Die beiden Welten Offline | |
und Online sind mitnichten getrennt, sondern eins. Oder leben Ihr Kind und | |
sein Smartphone auf verschiedenen Planeten? | |
## Nachfragen, reden und sich interessiert zeigen | |
Allen beunruhigten Eltern sei gesagt, dass der kleine Freiraum, den "Social | |
Networks" bieten, nur selten zu bizarren, nicht nachvollziehbaren | |
Freundschaften führt. Soziale Netzwerke nämlich, so schreibt Hannah | |
Pilarczyck in ihrem Buch "Sie nennen es Leben", sind weniger offen als | |
gedacht. "Teenager nutzen sie in der Mehrzahl, um bereits bestehende | |
Kontakte zu pflegen." | |
In dieser Konstellation feilt das Kind an seiner Medienkompetenz, | |
kommentiert, lädt hoch, lästert, teilt aus, steckt ein. All das wäre tot, | |
wenn die Jugendlichen überwacht würden. Eltern, schreibt Klaus Raab in "Wir | |
sind Online – Wo seid ihr?", sind Eindringlinge. Und bedrohen sie die | |
Gemeinschaft, werden einfach andere Ausgrenzungsmechanismen angewandt, | |
Untergruppen gebildet, in der Fußgängerzone getroffen. | |
## Eltern müssen sich auskennen | |
Nötiger als einen automatischen Zugang, ja Zugriff, auf die Konten der | |
Kinder, wäre etwas anderes: Eltern müssen sich endlich auskennen mit dem, | |
vor allem für das, was dort im Internet zu finden ist. Sie müssen nicht | |
alles mitmachen, aber sollten wissen, dass nicht alles böse und fies ist, | |
was aus dem W-Lan suppt. | |
Sondern dass es auch hier Verbote und implizite Gebote gibt, an die sich | |
Nutzer, auch junge, in der Regel halten. Ein größeres Problem als das | |
verborgene Leben im Web liegt sowieso darin, dass Jugendliche zu wenig auf | |
ihre Privatsphäre achten, und alles jedem zugänglich machen. Hier sollten | |
Eltern erziehen, nicht kontrollieren. Nachfragen, reden und sich | |
interessiert zeigen. Zur Not kann Vati auch seinen Sohn googeln. Das | |
reicht. | |
18 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Natalie Tenberg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Facebook für Kinder unter 13 Jahren: Eltern sollen mitsurfen | |
Millionen Kinder unter der Altersgrenze von 13 Jahren richten sich | |
Facebook-Konten ein, indem sie ein falsches Alter angeben. Nun sucht | |
Facebook nach einem Weg, auch sie sicher einzubinden. | |
Internet-G-8-Treffen: Der Widerstand der Wenigen | |
Im Rahmen des G-8-Gipfels beginnt am Dienstag ein Spitzenmeeting zum Thema | |
Netzpolitik. Auf EU-Ebene kämpft nur eine Handvoll Aktivisten für die | |
Freiheit im Netz. | |
Pro Kinder-Account-Gesetz: Aufsichtspflicht im Netz | |
Kalifornien will Eltern per Gesetz den Zugang zu Profilen ihrer Kinder | |
geben. Ein Schritt in die richtige Richtung. Eine Aufsichtspflicht soll es | |
auch im Netz geben. |