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# taz.de -- Waldgesetze in Brasilien: Agrarlobby düpiert Präsidentin Rousseff
> Das brasilianische Abgeordnetenhaus stimmt für mehr Landwirtschaft und
> weniger Waldschutz. Das ist ein herber Rückschlag für die Staatschefin.
Bild: Illegal abgeholzte Bäume in Brasilien.
PORTO ALEGRE taz | Im Parlament von Brasília hat Präsidentin Dilma Rousseff
in der Nacht zum Mittwoch die erste bittere Niederlage seit ihrem
Amtsantritt am 1. Januar erlitten: Mit großer Mehrheit verabschiedeten die
Abgeordneten im vierten Anlauf eine Novelle des Waldgesetzes aus dem Jahr
1965. Nach einer zweijährigen Debatte wähnt die Agrarlobby eine Lockerung
mit einer weitreichenden Amnestie für Waldzerstörer nun zum Greifen nah.
"Die Botschaft ist klar: Wer das Gesetz nicht befolgt, hat einen Vorteil",
sagte der Grünenabgeordnete Sarney Filho.
Das Lavieren der Staatschefin zahlte sich nicht aus. Sie hatte mit dem
Agrobusiness, das nicht nur in der rechten Opposition, sondern auch im
Mitte-links-Regierungslager und in der Regierung prominent vertreten ist,
einen halbherzigen Kompromiss aushandeln lassen. Demnach dürfen sogenannte
kleine Landeigentümer - die in manchen Amazonasgemeinden bis zu 440 Hektar
besitzen können - künftig weitgehend auf Schutzgebiete verzichten.
Die Novelle wurde mit 410 zu 63 Stimmen angenommen, auch mehr als die
Hälfte der 80 Abgeordneten von Rousseffs Arbeiterpartei PT stimmten zu.
Dann legten die Agrarier nach: Die Schutzgebiete auf Bergkuppen, an Hügeln,
Flussufern oder Quellgebieten sollen reduziert und die Zuständigkeit dafür
den Bundesstaaten übertragen werden, wo die Farmer noch mehr zu sagen haben
als auf Bundesebene. Die Agrarallianz, die vom kommunistischen
Berichterstatter Aldo Rebelo bis zu den Großgrundbesitzern auf den
Oppositionsbänken reicht, will erreichen, dass landesweit 420.000
Quadratkilometer bisheriger Schutzgebiete für den Landbau freigegeben
werden.
Präsidentin Roussef hatte im Wahlkampf 2010 gelobt, keine Amnestie für
große Umweltsünder zuzulassen. Vor zwei Wochen war es ihrer PT noch
gelungen, einen Aufschub der Abstimmung zu erreichen. Jetzt zogen nur noch
die Minifraktionen der Grünen und der freiheitlichen Sozialisten der PSoL
mit, ebenso die Sozialisten der PSB. Rousseffs gewichtigster
Koalitionspartner, die Zentrumspartei PMDB, schlug sich hingegen
geschlossen auf die Seite der Opposition. "Es ist der größte Rückschritt in
der Geschichte unserer Umweltgesetzgebung", twitterte der Forstingenieur
Tasso Azevedo.
Vor der Abstimmung empfing Rousseff mehrere frühere Umweltminister, die in
einem offenen Brief an sie appelliert hatten, die Pläne der Agrarlobby zu
durchkreuzen. Ob die Regierung die Novelle samt Zusatz nun im Senat
nachbessern kann, ist aber fraglich. Als letzter Schritt bliebe der
Präsidentin, die auch um den guten Ruf Brasiliens fürchtet, nur noch das
Veto.
25 May 2011
## AUTOREN
Gerhard Dilger
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