# taz.de -- Flüchtlingsabwehr am Großflughafen: BBI wird Profi-Abschiebe-Airp… | |
> Auf dem künftigen Großflughafen BBI werden jedes Jahr hunderte | |
> Asyl-Schnellverfahren stattfinden - damit rechnet das Bundesamt für | |
> Migration und Flüchtlinge. | |
Bild: Schnellverfahren am Flughafen sind seit Jahren heftig umstritten: Flücht… | |
Wenn in gut einem Jahr der Flughafen BBI in Betrieb geht, werden nicht nur | |
braun gebrannte Urlauber und Geschäftsreisende aus dem Flieger steigen. | |
Auch Flüchtlinge kommen dann in größerer Zahl als bisher in Schönefeld an - | |
und das Thema "Flughafen-Asylverfahren" wird die Politik in Berlin und | |
Brandenburg beschäftigen. "Für den erweiterten Flughafen gehen wir von rund | |
300 solchen Antragstellern pro Jahr aus", sagt Robert Drews, Sprecher des | |
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der taz. Die Schätzung ergebe | |
sich aus den zu erwartenden Passagierzahlen und den Erfahrungen anderer | |
Flughäfen. | |
Schönefeld gehört zwar bereits jetzt zu den vier deutschen Flughäfen, auf | |
denen Asylverfahren durchgeführt werden. Die jährlichen Fallzahlen beliefen | |
sich jedoch immer auf weniger als 10. Im Jahr 2010 gab es sogar kein | |
einziges. In Tegel dagegen werden Asylbegehren grundsätzlich nicht am | |
Flughafen geprüft. Wer hier landet und seinen Asylwunsch vorträgt, darf | |
nach Berlin einreisen. | |
Das Flughafen-Asylverfahren ist ein Schnellverfahren. Der Asylantrag wird | |
in der Regel innerhalb von 48 Stunden geprüft. Die Flüchtlinge dürfen dazu | |
den Transitbereich nicht verlassen. Offiziell sind sie gar nicht erst nach | |
Deutschland eingereist. | |
Der Flüchtlingsrat Berlin lehnt das Flughafen-Verfahren generell ab. "Es | |
dient dazu, Abschiebungen schneller durchführen zu können, weil man die | |
Menschen erst gar nicht einreisen lässt. Die kurzen Fristen führen oft | |
dazu, dass Fluchtgründe nicht ausreichend geprüft werden und die Behörden | |
eklatante Fehlentscheidungen treffen", sagt Sprecherin Martina Mauer. Sie | |
kritisiert, dass die Asylsuchenden am Flughafen ihrer Freiheit beraubt | |
werden. "Sie haben nicht den Zugang zu AnwältInnen und Beratungsstellen wie | |
unter normalen Umständen." | |
Bundesamts-Sprecher Drews beschwichtigt: Die Behörde beabsichtige, | |
Anwälten, Seelsorgern, Wohlfahrtsverbänden und Verwandten den Zugang zu dem | |
künftigen Transitbereich am BBI zu ermöglichen. Verantwortlich für | |
Unterbringung und Betreuung ist allerdings das Innenministerium in Potsdam. | |
"Derzeit laufen Verhandlungen mit der Flughafengesellschaft über die | |
Errichtung einer solchen Unterkunft auf dem BBI-Gelände", erklärt | |
Ministeriumssprecher Ingo Decker. "Dabei sind sich alle Beteiligten einig, | |
dass die Einrichtung eine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten | |
soll." | |
Beim Brandenburger Flüchtlingsrat bereitet man sich auf Hilfsangebote im | |
Transitbereich vor. "Wir müssen zuerst einmal genau recherchieren, was sich | |
in Frankfurt bewährt hat und was nicht", sagt dessen Vertreter Marcus | |
Reinert. Erst auf dieser Grundlage mache es Sinn, Strukturen in Schönefeld | |
aufzubauen. Dazu könne ein Anwaltnotdienst wie in Frankfurt gehören oder | |
die dauerhafte Präsenz eines Wohlfahrtsverbands. | |
Die katholische und die evangelische Kirche planen darüber hinaus nach | |
Angaben des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes, eine unabhängige | |
Abschiebebeobachtung am BBI einzurichten. Die gibt es bereits in Frankfurt, | |
Hamburg und Düsseldorf. In Tegel und Schönefeld hingegen ist die | |
Bundespolizei mit den Abzuschiebenden allein, Transparenz gibt es nicht. | |
Und das, obwohl über die Berliner Flughäfen mit knapp 1.000 Flüchtlingen | |
pro Jahr die zweitmeisten Menschen abgeschoben werden - nach Frankfurt mit | |
jährlich 3.100. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine | |
Anfrage der Linken hervor. Demnach hat sich die Zahl der Abschiebungen ab | |
Berlin in den letzten Jahren zwar nicht erhöht. Sie ging aber auch nicht, | |
wie im bundesweiten Trend, stark zurück. Berlin wird damit immer mehr zum | |
Abschiebestandort. | |
Ziel der Abschiebebeobachtung sei es nicht, Abschiebungen zu verhindern, | |
sagt Martin Stark vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst. "Das lassen die | |
Bundesgesetze in der Regel nicht mehr zu. Aber wir können Transparenz | |
erzeugen. Wir können beispielsweise kontrollieren, ob die Abzuschiebenden | |
alle notwendigen Medikamente und ein Handgeld für den Weg vom Flughafen zum | |
Heimatort mitbekommen." Zu diesem Zweck laufen, so Stark weiter, bereits | |
"umfangreiche Gespräche mit den Landesregierungen in Berlin und Potsdam. | |
Der politische Wille ist dort vorhanden." | |
27 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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