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# taz.de -- Kommentar NS-Prozesse in Italien: Jenseits der Bewältigung
> Noch laufen Prozesse gegen Soldaten der Wehrmacht vor Italiens Gerichten.
> Warum dauert es solange, bis Gerechtigkeit einkehrt?
Die Angeklagten sind 88, 91 und 94 Jahre alt, einer starb gar mit 100
während des Prozesses. Die anderen verurteilte das Militärgericht in Rom am
Mittwoch zu lebenslanger Haft - in Abwesenheit. Sie wurden schuldig
gesprochen, im August 1944 in der Ortschaft Padule di Fucecchio nahe
Florenz an der Ermordung von 184 Zivilisten - zum Großteil Frauen, Kinder
und alte Menschen - beteiligt gewesen zu sein.
Weitere Prozesse gegen Soldaten der Wehrmacht laufen noch vor italienischen
Gerichten. Neben der müßigen Frage, wieso ausgerechnet die Schlächter ein
so hohes - und mit deutschen Pensionsansprüchen abgesichertes - Alter
erreichen, bleibt jene, warum es so lang dauert, bis Gerechtigkeit
jedenfalls insofern einkehrt, als den Taten Verantwortliche zugeordnet
werden können.
Im Italien des Kalten Krieges galt es, Rücksicht auf den Bündnisparter
Deutschland zu nehmen. Teils geschah dies bereitwillig, teils gegen den
Widerstand von Hinterbliebenen, Partisanenverbänden und Armeeangehörigen -
man denke hier nur an das Massaker, das deutsche Soldaten an wehrlosen
italienischen Kriegsgefangenen auf der griechischen Insel Kefalonia
verübten.
Hierzulande kam die Vergangenheitsbewältigung, die heute wie Daimler oder
Miele zum festen Bestandteil deutschen Selbstverständnisses gehört, erst in
Mode, als die meisten Täter schon im Grab lagen. Noch immer fühlt sich die
Bundeswehr in Kasernen daheim, die nach Nazigenerälen benannt sind - bald
darf man auf stille Abwicklung durch Standortschließungen hoffen.
Täter wie Opfer der Naziverbrechen verschwinden; und vor zwanzig Jahren
hätte kein seriöser Verlag ein Buch mit dem Titel "Deutschland schafft sich
ab" auch nur mit der Pinzette angefasst. Ein neuer geschichtlicher Zyklus
steht an. Die Toten mahnen, hätte man früher gesagt.
27 May 2011
## AUTOREN
Ambros Waibel
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