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# taz.de -- Nordamerikanische Eishockey-Liga: Do or die
> Drama garantiert: In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wird in einem
> alles entscheidenden siebten Spiel der Stanley-Cup-Gewinner ermittelt.
Bild: Roberto Luongo: Steht so im Focus wie andere Torhüter vor ihm selten.
BERLIN taz | Alles oder nichts. Oder, wie der Nordamerikaner so sagt: Do or
die. Darum wird es in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag gehen.
Zwei Uhr unserer Zeit ist das erste Bully angesetzt, dann wird endgültig
entschieden, welche Spielernamen in diesem Jahr auf dem Stanley Cup
eingraviert werden, so wie es Tradition ist seit 119 Jahren: Die der
Vancouver Canucks, die Gastgeber sind für dieses siebte, alles
entscheidende Spiel. Oder doch Namen der Boston Bruins, denen am Montag mit
einem 5:2-Heimsieg der 3:3-Ausgleich in der Endspielserie der NHL gelang.
Egal, wie das Spiel ausgeht: Fest steht schon jetzt, dass bald ein zweiter
deutscher Name auf der legendären Trophäe stehen wird: Entweder der von
Dennis Seidenberg, der für Boston tätig ist, oder der von Christian Ehrhoff
von den Canucks. Noch ist der amtierende Bundestrainer Uwe Krupp der
bislang einzige deutsche Profi, der den Cup gewinnen konnte, 1996 mit
Colorado Avalanche und 2002 mit den Detroit Red Wings.
## Verlässliche Defensivarbeit
Wer aber sich zu Krupp gesellen kann, das wird nur bedingt von den beiden
Deutschen abhängen. Weder der Moerser Ehrhoff noch der aus Schwenningen
stammende Seidenberg, sonst durchaus Stützen ihrer Mannschaft, haben in den
bisherigen sechs Finalspielen allzu auffällig agiert. Erst im letzten
Aufeinandertreffen gelang beiden jeweils eine Torvorlage.
Seidenberg immerhin trägt mit verlässlicher Defensivarbeit dazu bei, dass
Boston die Serie bislang dominiert. Zählt man alle Partien zusammen, steht
es 22:8 für die Bruins. So überlegen war lange schon keine Mannschaft mehr
auf der großen Bühne. Aber Boston hat zum eigenen Leidwesen seine
Torerfolge sehr ungeschickt verteilt: Die Heimspiele wurden jeweils
überzeugend und deutlich gewonnen, während sich Vancouver zu Hause zu drei
Zittersiegen schummelte und eine Partie sogar erst in der Verlängerung
gewann.
## Die Torhüter sind wichtig
Verantwortlich für diese erstaunliche Diskrepanz sind vor allem die
Torhüter. So gut wie Tim Thomas hielt, zumindest statistisch gesehen, seit
den Zeiten der Goalie-Legenden Dominik Hasek oder Patrick Roy niemand mehr.
94 Prozent aller Schüsse in den Playoffs wehrte der Torsteher der Bruins
bislang ab, in sechs Finalspielen musste er nur acht Mal hinter sich
greifen, eine sagenhafte Quote.
Ganz anders läuft es für sein Gegenüber aus Vancouver. Roberto Luongo macht
bislang einen, gelinde gesagt, wechselhaften Eindruck. Mal wirkt er, so
beim 1:0-Erfolg im fünften Spiel, wie eine Wand. Dann aber hält er wie ein
Schweizer Käse. Auch am Montag brachte er die Canucks auf die
Verliererstraße, als er einen Schuss von Brad Marchand aus ziemlich spitzem
Winkel passieren ließ und ihm vor dem 0:2 der Puck sogar durch die Füße
kullerte. Nach dem 0:3 hatte Alain Vigneault genug gesehen. Der Trainer der
Canucks holte seinen Torhüter vom Eis, Luongos Arbeitstag war nach nur acht
Minuten und 35 Sekunden reiner Spielzeit beendet.
## Tim Wiese auf dem Eis
Es war nicht das erste Mal. Luongo ist einer der schillerndsten Vertreter
seines Fachs. An einem Abend glänzt er mit schier menschenunmöglichen
Paraden, am nächsten wirft er sich den Puck fast selbst ins Tor - ein Tim
Wiese auf dem Eis. Der 32-Jährige gilt als talentiertester Goalie seiner
Generation, aber auch als unglaublich unbeständig. Kaum ein Spieler in der
NHL ist so umstritten, und das bereits seit dem Beginn seiner
Profi-Karriere. Seit Luongo im Draft, bei dem alljährlich die
Nachwuchstalente verteilt werden, an Nummer vier ausgewählt wurde, so früh
wie kein Torhüter vorher oder danach, steht er unter besonderer
Beobachtung. "Ob das fair ist oder nicht, ist mir egal", gibt sich Luongo,
der mit der kanadischen Nationalmannschaft 2010 im heimischen Vancouver
Olympiagold gewann, die dauernde Kritik zu verdrängen, "ich versuche jede
Nacht das Beste zu geben."
Das war aber nicht immer gut genug. Canucks-Coach Vigneault setzt den
Publikumsliebling regelmäßig auf die Bank, wenn er wieder ein paar
vermeidbare Tore zugelassen hat. Trotzdem wird Luongo heute wieder im Tor
stehen, wenn die 1970 gegründeten Canucks endlich den ersten Stanley Cup
ihrer Klubgeschichte gewinnen wollen. "Ich glaube an mich", macht sich
Luongo Mut. Das tun auch die Canucks-Fans, die Luongo wie einen
Heilsbringer verehren. In den Straßen von Vancouver werden T-Shirts mit der
Aufschrift "Jesus saves! But hes no Luongo!" verkauft. Im siebten Spiel um
den Stanley Cup kann Roberto Luongo zum Heiligen werden. Oder zum Trottel.
Do or die.
15 Jun 2011
## AUTOREN
Thomas Winkler
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