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# taz.de -- Larsson-Hörspiel Vergebung: Die Entblätterung der Lisbeth Salander
> Seit 2010 vertont der WDR die Stieg-Larsson-Romane. Am Donnerstag starten
> mit "Vergebung" die letzten drei Folgen der neunteiligen Hörspielreihe.
> (23 Uhr, Eins Live).
Bild: Lisbeth Salander in der äußerst erfolgreichen Kino-Variante des beliebt…
Lisbeth Salander fühlt sich "wie ein Stück Scheiße", als sie im Krankenhaus
aufwacht. Nach einem - gelinde gesagt - martialischen Familientreffen
knarzt ihre Stimme bei den ersten Sprechversuchen. Verständlich, denn die
Wiedersehensfreude bei ihrem Vater Zalatschenko und ihrem Halbbruder
Niedermann äußerte sich in Pistolenschüssen auf sie - inklusive
Erdbestattung. Doch Salander buddelte sich wieder aus und verpasste Papa
einen Axthieb zwischen die Augen, bevor sie das Bewusstsein verlor. Nun
liegen beide Tür an Tür auf der Intensivstation.
Millionen Krimifans weltweit kennen die Szene. Geschrieben hat sie der 2004
gestorbene Journalist und Autor Stieg Larsson. Es ist der Übergangsmoment
zwischen den letzten beiden Bänden der "Millennium-Trilogie". Auf die
Bestseller "Verblendung" (übersetzt 2006), "Verdammnis" (2007) und
"Vergebung" (2008), so die deutschen Titel, folgte schnell die weltweit
äußerst populäre Kinoadaption. Anfang des Jahres servierte der deutsche
Co-Produzent ZDF dem Zuschauer dann die um einiges längere TV-Version und
landete prompt einen erwartbaren Quotenerfolg. Seit 2010 vertont der WDR
die Romane. Am Donnerstag starten mit "Vergebung" die letzten drei Folgen
der neunteiligen Hörspielreihe.
Der Kölner Sender hat für das ambitionierte Großprojekt mit Walter Adler
("Der Orientzyklus", WDR 2006/2007, "Das Geisterhaus", SWR 2010) nicht nur
einen der erfahrensten Regisseure der Branche gewinnen können, sondern auch
ein bis in die Nebenrollen (u. a. Udo Schenk, Thomas Thieme, Andreas
Fröhlich sowie als Erzähler Joachim Kerzel und Ulrich Matthes)
hochkarätiges Ensemble. Neben Sylvester Groth, der überzeugend den
investigativen Journalisten Mikael Blomqvist gibt, ist es vor allem die
Stimme von Anna Thalbach, die Lisbeth Salander und damit der Reihe ein
prägnantes akustisches Profil verleiht.
##
## Die tragische Biographie wird auch im Hörspiel erst stück für Stück
preisgegeben
Die einsilbige, schwer durchschaubare Salander ist die eigentliche
Kernfigur und Triebfeder der Erzählung. Stieg Larsson hat es gekonnt
verstanden, die tragische Biografie der hochintelligenten Computerhackerin
der Spannung zuliebe im Laufe der Romane erst Stück für Stück preiszugeben.
Das Hörspiel folgt dankenswerterweise dramaturgisch eng dieser Prämisse und
genau darin liegt auch die Qualität der Radioinszenierung.
Inhaltlich liefert "Vergebung" die Auflösung des mysteriösen Schicksals
Lisbeth Salanders, das eng gebunden ist an den Verschwörerkreis "Sektion",
dessen Einfluss bis in die höchsten Kreise der schwedischen Exekutive
reicht. Die gesellschaftlichen Abgründe, die hinter dem Gremium aus
"überwinterten kalten Kriegern" und dessen Protegé Zalatschenko, einem
übergelaufenen russischen Spion, langsam ans Licht kommen, reichen von
Mädchenhandel über Prostitution bis hin zu zahlreichen Mordfällen.
Atmosphäre gewinnt die WDR-Produktion vor allem durch ungemein komplexe
Dialogstrukturen, die einander - hier liegt das eigentliche
dynamisch-erzählerische Potenzial des Hörspiels - geschickt überlagern und
die rasanten Sprünge zwischen den Schauplätzen, ob gespenstisch klingende
schwedische Provinz oder bedrückend nachhallender Göteborger Gerichtsaal,
kaum merklich erscheinen lassen. Auch die bei Larsson oft brutalen
Gewaltsequenzen werden nicht ausgespart, jedoch wirkungsvoll auf die Härte
ihrer Einzelgeräusche reduziert, etwa einer abgefeuerten
9-Millimeter-Pistole, die für einen schaurigen Moment beim Hörer
nachklingt. Die minimalistische Musik von Pierre Oser liefert dazu, ganz
nebenbei, den passenden Rahmen.
"Vergebung" als Hörspiel ab Donnerstag, 16. Juni, 23 Uhr, Eins Live
16 Jun 2011
## AUTOREN
Jan Scheper
Jan Scheper
## TAGS
Roman
Krimi
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