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# taz.de -- Biobranche äußert sich zum Darmkeim: "Keine größere Ehec-Gefahr"
> Die Ökolandwirtschaft sagt, die Gefahr der Kontamination mit dem Darmkeim
> sei nicht größer als bei den Konventionellen. Und Bio-Wiederkäuer seien
> eh weniger gefährdet.
Bild: Nicht die Ohren hängen lassen, kleine Kuh!
BERLIN taz | Die Ökolandwirtschaft sieht bei sich kein höheres Risiko der
Kontamination mit dem gefährlichen Darmkeim Ehec als bei der
konventionellen Konkurrenz. "Ehec ist kein Thema einer spezifischen
Anbaumethode", erklärte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)
am Mittwoch. Der Dachverband berief sich auf mehrere wissenschaftliche
Studien.
Damit wollte der BÖLW Vermutungen widerlegen, dass die biologische
Produktionsweise eine Ursache der jüngsten Welle der teils tödlich
verlaufenden Ehec-Infektionen in Deutschland sein könnte. Schließlich
hatten die Behörden einen Biosprossenhof in Niedersachsen als
wahrscheinlichen Ausgangspunkt der Krise identifiziert.
Speziell zur Sprossenproduktion, einer sehr kleinen Nische auf dem
Lebensmittelmarkt, konnten die Biolobbyisten zwar keine Studien
präsentieren - aber doch etwa zum Kopfsalatanbau. Die Untersuchungen fanden
im Rahmen von QLif statt, einem von der EU-Kommission geförderten
Forschungsprojekt zum Ökolandbau. Ihr Ergebnis: Escherichia-coli-Bakterien
wie Ehec fanden sich aufgrund der üblichen Vorsichtsmaßnahmen genauso
selten in Salaten, die gemäß Biostandards mit Tierdung gedüngt werden, wie
in Salaten, die mit konventionellem Mineraldünger gepäppelt werden.
Tierdung ist potenzieller Übertragungsweg.
## Ehec-Risiko für Biowiederkäuer niedriger
Zudem ist das Ehec-Risiko für Biowiederkäuer niedriger, weil sie weniger
Mais und Soja bekommen, wie der Direktor des Forschungsinstituts für
biologischen Landbau, Urs Niggli erklärte. Mit diesem Futter beschleunigen
konventionelle Mäster das Wachstum, Biobauern füttern dagegen oft zu 90
Prozent Raufutter wie Heu.
BÖLW-Vorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein ergänzte, dass es keine
Unterschiede in puncto Hygiene bei der Erzeugung von Samen für die
Produktion von Sprossen gebe. Der Ehec-Erreger könnte über die Samen in den
niedersächsischen Sprossenhof gekommen sein.
Unterstützung erhalten die Bios von der Stiftung Warentest. Zwar hatte sie
2007 noch festgestellt: Bioprodukte haben öfter als konventionelle Probleme
mit Bakterien und Hefen. Nach weiteren Analysen schrieb ihre Zeitschrift
test aber 2010, "dass Bioprodukte insgesamt nicht stärker als
konventionelle mit Keimen belastet waren". In 40 Tests von 2002 bis 2010
bekamen 47 Prozent der Ökolebensmittel, jedoch nur 44 Prozent der
konventionellen ein "sehr gut" für die mikrobiologische Qualität. Ein
"mangelhaft" kassierten 7 Prozent der biologischen und 4 Prozent der
herkömmlichen Nahrungsmittel. Dabei sind in der Ökoproduktion weniger
Konservierungsmittel zugelassen. Diese würden reichen, sagte
Wissenschaftler Niggli. Zudem müssen Ökobetriebe laut BÖLW höhere
Hygieneanforderungen erfüllen. Deshalb sei eventuelle Keimbelastung kein
Grund, auf Bioprodukte zu verzichten, die ja umwelt- und tierfreundlicher
seien.
## Weniger Neuerkrankungen
Unterdessen ebbt die Welle der Ehec-Neuerkrankungen weiter ab. Dem für die
Überwachung von Krankheiten zuständigen Robert-Koch-Institut wurden seit
Anfang Mai bis Dienstagnachmittag 3.244 Fälle von Ehec oder dem auch von
diesem Keim verursachten hämolytisch-urämischen Syndrom gemeldet. Das sind
9 mehr als am Vortag. Ende Mai waren bis zu 155 Ehec-Fälle pro Tag
hinzugekommen. Bislang sind 36 Menschen an den Folgen der Infektion
gestorben. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland ist mit dem
Ehec-Krisenmanagement der Bundesregierung unzufrieden. 58 Prozent bewerten
es als "weniger gut" oder "schlecht", wie eine am Mittwoch veröffentlichte
repräsentative Umfrage des Magazins Stern ergab.
15 Jun 2011
## AUTOREN
Jost Maurin
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