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# taz.de -- Seltsame Symptome nach Ehec-Erkrankung: "Wie nach einem Schlaganfal…
> Muskelzittern, Sprachstörungen, Lähmungen: Der Arzt Joachim Röther über
> die Zunahme neurologischer Krankheitsbilder bei Patienten, die Ehec
> eigentlich überstanden haben.
Bild: Es trifft junge, gesundheitsbewusste, sportliche Erwachsene.
taz: Herr Röther, die Zahl der Ehec-Neuinfektionen nimmt ab. Entspannt das
die Situation auf der Intensivstation?
Joachim Röther: Nicht wirklich. Richtig ist, dass die Zahl der neuen
Patienten eher abnimmt. Dafür haben wir eine Zunahme der schwer
neurologisch betroffenen Patienten. Es werden zunehmend Patienten auf die
Intensivstation verlegt, die bereits auf Nicht-Intensivstationen wegen Ehec
lagen, jetzt aber verzögert neurologische Symptome zeigen. Das macht uns
Sorge. Solche Symptome waren bei bisherigen Ehec-Infektionen eher sehr
selten und traten, wenn überhaupt, bei Kindern auf. Jetzt aber trifft es
junge, gesundheitsbewusste, sportliche Erwachsene.
Was für Symptome sind das?
Sie reichen von Muskelzittern, Krämpfen, Doppelbildern, epileptischen
Anfällen bis zu Symptomen wie bei Schlaganfällen, also Sprach- oder
Gefühlsstörungen auf einer Körperseite. Bei manchen stellen wir auch eine
Verwirrtheit mit Unruhezuständen fest. Diese Patienten bekommen dann oft im
Verlauf epileptische Anfälle, sind schläfrig oder fallen in ein tiefes
Koma.
Was hat ein Darmkeim im Hirn zu suchen?
Gar nichts. Der Keim selbst, also E-Coli, geht auch nicht ins Gehirn. Was
uns Sorge macht, sind die von den Ehec-Bakterien gebildeten Gifte. Sie
heißen Shigatoxine und rufen die neurologischen Symptome hervor. Die
Schädigungsmuster, die wir sehen, sprechen daneben auch für immunologische
Veränderungen. Man kann sich also durchaus vorstellen, dass der Kontakt mit
dem Ehec-Erreger immunologische Prozesse auslöst, die das Gehirn schädigen.
Was können Sie tun?
Man hofft, dass die Blutwäsche das Shigatoxin herauswäscht. Außerdem kommt
der Antikörper Eculizumab zur Anwendung, der bei Kindern kürzlich zu einer
dramatischen Besserung führte. Es gibt aber auch Patienten, bei denen auch
diese Therapien eine Verschlechterung des Krankheitsbilds nicht aufhalten
können. Das verunsichert uns.
Sind die Schädigungen dauerhaft?
Glücklicherweise sind die Lähmungen und Sprachstörungen in vielen Fällen
vorübergehend. Auf den kernspintomographischen Bildern sehen wir, dass das
Gewebe - anders als beim Schlaganfall - nicht zu Grunde gegangen ist. Wir
hoffen deswegen, dass man sich von den Schädigungen wieder komplett erholen
kann. Einige Patienten mit neurologischen Symptomen sind schon wieder zu
Hause.
Sobald sie entlassen sind, sind sie nicht mehr ansteckend?
Das ist eine gute Frage. Natürlich werden diese Patienten nachuntersucht
und müssen in ihrem privaten Umfeld strenge Hygieneregeln einhalten. Sie
sollten, wenn möglich, eine eigene Toilette haben. Man muss aber jetzt
keine übertriebene Angst haben, sich bei einem Partner anzustecken. Ehec
ist eine Schmierinfektion, das heißt, man kann sich nicht über Husten oder
Niesen anstecken, sondern dann, wenn man sich die Hände nach dem
Toilettengang nicht ordentlich reinigt.
Rechnen Sie mit einer bakteriell bedingten Zunahme neurologischer
Krankheiten?
Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass sich das jetzt pausenlos
wiederholt. Wir überblicken nun 2000 Ehec-Fälle. Das ist dramatisch. Aber
wenn es sich um ein fortgesetztes Problem handeln würde, wenn also weiter
Ehec-verseuchte Nahrung vertrieben würde, dann hätten wir eine andere
Dramatik der Epidemie.
10 Jun 2011
## AUTOREN
Heike Haarhoff
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