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# taz.de -- US-Abgeordneter Anthony Weiner: Abgang nach Cyber-Sex-Affäre
> Seinen Rücktritt inszenierte er wie seine Politik: theatralisch und von
> sich selbst überzeugt. US-Abgeordneter Anthony Weiner hat sein Amt
> niedergelegt.
Bild: Beim Abgang allein: Anthony Weiner bei seiner Rücktrittserklärung.
WASHINGTON taz | Die Peep-Show mit dem Abgeordneten Anthony Weiner auf der
Drehscheibe hat drei Wochen gedauert. Am Donnerstag (Ortszeit) ist sie
vorbei: Der New Yorker Demokrat, dessen Fotos im Slip und ohne Slip kreuz
und quer durch die USA gegangen sind, tritt von seinem Posten im
Repräsentantenhaus zurück. In den Tagen zuvor ist der einstige Shooting
Star vom linken Parteiflügel, dem eine Zukunft als Bürgermeister von New
York vorgeschwebt hatte, den DemokratInnen zu einer Last geworden.
Spitzenpolitiker bis hin zu Präsident Barack Obama hatten ihn aufgefordert,
den Kongress zu verlassen und sich um seine Ehefrau zu kümmen.
Seinen Abschied inszenierte Weiner - dessen Name wie das Würstchen
ausgesprochen wird und sich für anzügliche Wortspiele eignet – so, wie
seine politische Karriere: Theatralisch und von sich selbst überzeugt. Bei
einer Pressekonferenz in einem Altersheim in Brooklyn erklärte Weiner, er
hoffe, seinen "Kampf für die Mittelschicht" an anderer Stelle fortsetzen zu
können: "Denn leider macht die Zerstörung, die ich angerichtet habe, es
unmöglich, das im Repräsentantenhaus zu tun."
Kaum ist er gegangen, stimmt der Chor jener, die ihn zuvor zum Rücktritt
aufgefordert haben, ein Loblied auf Weiner an. "Bald wird der nächste mit
heruntergelassenen Hosen erwischt werden", prognostiziert Ed Schultz wenige
Stunden später im Fernsehsender MSNBC: "Und dann wird Weiner mit seinem
Rücktritt ein Beispiel sein." Als erstes empfiehlt der Journalist das
Vorbild Weiner einem republikanischen Senator aus Louisiana: David Vitter
hatte von seinem Abgeordnetenbüro in Washington aus Prostituierte
engagiert. Als es herauskam, trat er reuemütig vor die Kameras. Gelobte
Besserung. Und blieb im Amt. Während seiner Pressekonferenz hielt der
Republikaner die Hand seiner Gattin. Sie stand wie ein begossenes Alibi
neben ihm.
## Schwangere Gattin abwesend
Weiner hingegen kommt sowohl zu seinem Geständnis, als auch zu seiner
Rücktrittspressekonferenz allein. Seine Gattin, die ein Baby erwartet, gibt
auch keine separaten Erklärungen ab. Sie lässt Weiner alleine versichern,
dass er sie liebe – und sie ihn.
Dank Weiner konnte die US-Öffentlichkeit in den vergangenen Wochen
ausgiebig über Sex sowie über "pathologische Sexbesessenheit" und ungeahnte
Unterhaltungsmöglichkeiten von Twitter und Facebook reden. Der
Kongressabgeordnete hatte seine Nackt- und Halbnacktfotos per Internet an
"mindestens sechs" Frauen verschickt. Als ein rechter Blogger das
öffentlich machte, bestritt Weiner in mehreren Interviews zunächst alles.
Er wisse nicht, ob es seine Unterhose, sein Glied und sein Foto gewesen
sein. Und er redete von "Hackern", die seine Facebookseite geknackt hätten.
Erst als neue Fotos und neue Textbausteine aus seinem "Sexting" in die
Öffentlichkeit kamen, und als einzelne seiner virtuellen Sex-Partnerinnen
in Interviews Details ausplauderten, ging er in die Flucht nacht vorn. Und
organisierte eine erste Pressekonferenz. Dabei schluchzte und stammelte der
Kongressabgeordnete eine halbe Stunde lang Entschuldigungen in die Kameras.
## Karriere nach dem Sex-Skandal
Das war vor einer Woche. Seither hat Weiner versucht, an seinem Posten
festzuhalten. Vergebens. Sein Pech ist, dass er gegen mindestens zwei Tabus
verstoßen hat und dass der Moment ungüngstig ist: Er hat außerehelichen
"Sex" gehabt - obschon er seine Internetbekanntschaften angeblich nie
persönlich getroffen hat - und er hat gelogen. Außerdem ist Wahlkampf.
Sorgen um künftige Einkünfte braucht Weiner sich dennoch nicht zu machen.
Andere Politiker in den USA haben vorgeführt, dass es auch eine Karriere
nach einem Sex-Skandal gibt. Der kurzfristige demokratische Gouverneur des
Bundesstaates New York (von 2007 bis 2008) zum Beispiel: Eliot Spitzer, der
sich einen Namen als hart durchgreifender Anwalt gemacht hatte, bevor er
Politiker wurde, musste zurücktreten, als herauskam, dass er Kunde bei
einem Prostitutionsring war, gegen den die Behörden ermittelten. Heute hat
Spitzer eine Talkshow zur besten Sendezeit bei CNN.
17 Jun 2011
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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