# taz.de -- Kritik am Quartiersmanagement: Kiezler schießen auf Task Force | |
> Neuköllner Stadtteilinitiativen üben auf einer Veranstaltungsreihe | |
> scharfe Kritik am Quartiersmanagement. | |
Bild: Die große Zeit der Futschis - Weinbrand gemischt mit Cola - ist im Schil… | |
Vor den vielen Nordneuköllner Kneipen waren am warmen Mittwochabend freie | |
Tische rar. Im Kneipenkollektiv Tristeza an der Pannierstraße gab es | |
allerdings auch drinnen kaum noch Platz: Über 100 Menschen drängten sich in | |
dem Raum, wo drei ReferentInnen einen Kontrapunkt zum Kulturevent "48 | |
Stunden Neukölln" an diesem Wochenende setzen wollten - mit scharfer Kritik | |
an der Quartiersmanagement-Politik. | |
Das vom Bezirk organisierte 48-Stunden-"Spektakel" habe die prekäre | |
KünstlerInnenszene zum Thema, so ein Sprecher des Kneipenkollektivs. "Wir | |
dagegen wollen auf die Politik der Ausgrenzung hinweisen, der | |
einkommensschwache Menschen im Bezirk tagtäglich ausgesetzt sind." Der | |
Abend eröffnete die zum vierten Mal stattfindende Veranstaltungsreihe "Dein | |
Block, mein Kiez" unter dem Motto "Solidarität statt Kiezmanagement". | |
Die seit längerem erhobenen Vorwürfe gegen die "Task-Force Okerstraße" im | |
Schillerkiez wurden von einem Referenten der Gruppe "Analyse Kritik Aktion" | |
noch einmal zusammengefasst: Besonders Roma aus Osteuropa, aber auch als | |
Trinker stigmatisierte Menschen würden ausgegrenzt und kriminalisiert. | |
Mit Kazim Yildirim, dem Geschäftsführer von Integra e. V., war der | |
Vertreter einer Organisation anwesend, die Kritikern als | |
"sozialarbeiterischer Arm der Task Force Okerstraße" galt. Im Dezember 2010 | |
wurde den SozialarbeiterInnen freilich gekündigt. Über die Hintergründe | |
muss Yildirim am Mittwoch schweigen - eine einstweilige Verfügung verbietet | |
ihm, Vorwürfe zu widerholen, die er im Februar gegen das | |
Quartiersmanagement erhoben hatte: Dieses habe von Integra e. V. verlangt, | |
persönliche Daten von Kiezbewohnern weiterzugeben. | |
"Wir haben den Begriff ,Task Force' immer abgelehnt und waren auch nicht | |
bereit, mit repressiven Mitteln zu arbeiten", sagte Yildirim. Nicht ohne | |
Erfolg habe man versucht, das Beste aus dem Konzept zu machen. So sei es | |
gelungen, einer nicht versicherten Romafrau die Behandlung ihres Säuglings | |
zu ermöglichen. | |
Yildirim beklagte den Druck der Bezirkspolitik auf | |
MigrantInnenorganisationen, die auf Förderung angewiesen seien. Ein | |
Referent der Roma-Selbsthilfeorganisation Amaro Drom e. V. hatte am | |
Mittwochabend kurzfristig abgesagt - ob dies ebenfalls auf Druck zustande | |
kam, dazu nahm der Verein keine Stellung. | |
Kerstin Schmiedeknecht vom Quartiersmanagement Schillerkiez wollte die auf | |
der Veranstaltung erhobenen Vorwürfe gegenüber der taz nicht kommentieren: | |
"Zu diesem Thema wurde alles gesagt." Sie verwies auf Presseartikel vom | |
Februar. | |
Im "Tristeza" berichtete ein Aktivist des "Stadtteilkomitees gegen | |
Ausgrenzung und Verdrängung" aus dem Infoladen Lunte über Aktivitäten, die | |
die Initiative in den letzten Monaten gegen die Ausgrenzung | |
einkommensschwacher Menschen auf die Beine gestellt hatte. Dazu gehörten | |
Stadtteilversammlungen ebenso wie die Kiezzeitung "Randnotizen" und | |
Aktionen, bei denen Erwerbslosen zum Jobcenter begleitet werden. | |
Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist zwischen AktivistInnen der | |
unterschiedlichen Neuköllner Stadtteilinitiativen offensichtlich vorhanden, | |
das wurde bei der Veranstaltung deutlich. Am Samstag, den 18. Juni wird | |
gefeiert: Zwischen 17 und 22 Uhr gibt es "Hip-Hop Open Air". Am Sonntag um | |
21 Uhr endet "Dein Block, mein Kiez" mit einem Film über aus Berlin | |
abgeschobenen Kosovo-AlbanerInnen. | |
17 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Schillerkiez in Berlin | |
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