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# taz.de -- Datenschützer über Mobilfunk-Auswertungen: "Demonstrationsfreihei…
> Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisiert so genannte
> Funkzellen-Auswertungen durch die Polizei: Damit werde erfasst, wer an
> Kundgebungen teilnimmt.
Bild: Bei Anruf Überwachung? Mobilfunkanbieter sammeln Handydaten ihrer Kunden…
taz: Herr Schaar, was genau geschieht eigentlich bei einer
Funkzellenauswertung durch Ermittlungsbehörden?
Peter Schaar: Dabei werden Verbindungsdaten von Mobilfunkteilnehmern
erfragt, die sich in einem bestimmten Zeitraum in einer bestimmten
Funkzelle aufgehalten haben und dort telefoniert oder SMS geschickt oder
empfangen haben.
Wie viele Menschen kann das im Einzelfall betreffen?
Je nach Größe der Funkzelle, je nach Tageszeit und örtlichen Gegebenheiten
sind sehr viele davon betroffen. In ländlichen Gebieten mal einige tausend,
in dicht besiedelten Gegenden auch mal mehrere zehntausend oder bei
Demonstrationen noch viel mehr.
Wie beurteilen Sie diese Ermittlungsmethode?
Diese Maßnahme hat eine erhebliche Streubreite und Eingriffstiefe. Es sind
dabei auch Personen einbezogen, die in keinerlei Beziehung zur Straftat
stehen. Deshalb ist eine solche Maßnahme immer unter dem Gesichtspunkt der
Verhältnismäßigkeit zu prüfen.
In dem konkreten Fall ging es um die Ermittlung wegen schweren
Landfriedensbruchs bei der Dresdner Anti-Nazi-Demo im Februar dieses
Jahres. Wie schätzen Sie hier die Verhältnismäßigkeit ein?
Den konkreten Fall kann ich nicht beurteilen. Aber grundsätzlich halte ich
es für kritisch, wenn dieses Instrument bei der Aufklärung von
Demonstrationsdelikten eingesetzt wird. Denn unvermeidlich werden dann auch
die Daten anderer Demonstrationsteilnehmer erhoben. Die Polizei erfasst
also, wenigstens vorübergehend, wer an der Demonstration teilgenommen hat.
Ich sehe hier die Demonstrationsfreiheit bedroht.
Warum?
Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt klargestellt, welch hohes Gut
es ist, frei von Beobachtung und Registrierung zu demonstrieren. Insofern
wäre zu fragen, ob diese verfassungsrechtliche Vorgabe im konkreten Fall
beachtet wurde.
Was geschieht normalerweise mit den gewonnen Daten?
Es gibt hier keine klaren Vorgaben. Es gibt auch kein "normalerweise", das
ist das Problem. Die Strafprozessordnung ist da außergewöhnlich
zurückhaltend. Sie sagt zwar sehr verklausuliert, dass es das Instrument
der Funkzellenabfrage gibt. Aber es steht nicht im Gesetz, wie mit den
Daten umgegangen wird, ob sie sofort wieder gelöscht werden müssen, wie
unterschieden wird zwischen Beteiligten und Unbeteiligten und wie die
Verhältnismäßigkeit geprüft wird.
Wie häufig finden solche Funkzellenabfragen statt?
Darüber haben wir keine Informationen.
Sind die juristischen Vorgaben in Bezug auf die Funkzellenabfrage
ausreichend?
Nein. Hier ist der Gesetzgeber gefordert. Er müsste die Funkzellenabfrage
wegen der immensen Streubreite und der Eingriffstiefe stärker als bisher
eingrenzen. Außerdem sind klare Vorgaben für die Verwendung der dabei
gewonnenen Daten notwendig.
20 Jun 2011
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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