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# taz.de -- Stürmerinnen im Vergleich: WM-Star der Gegenwart
> Im Vorhinein der WM ist klar: Alexandra Popp ist die Zukunft im Sturm,
> Inka Grings die Vergangenheit. Die Frage ist nur: Wer ist die Gegenwart?
Bild: Ist sie die kommende WM-Heldin? Alexandra Popp
BERLIN taz | Man kommt nicht vorbei an Alexandra Popp. In der
repräsentativen Firmenzentrale, in der der DFB seine täglichen
Pressekonferenzen in Berlin abhält, steht zwischen Nobelkarossen und nicht
weit entfernt von einem künstlichen Teich eine übermannshohe Plakatwand.
Auf der werfen sich sieben deutsche Fußballspielerinnen in Gladiatorenpose.
Die dreifache Weltfußballerin Birgit Prinz, die unüberwindbare Nadine
Angerer, natürlich die unvermeidbare Lira Bajramaj, sie alle blicken
grimmig. Und am linken Rand steht Alexandra Popp und guckt besonders
grimmig.
So wenige Länderspieleinsätze wie sie, nämlich genau 12 bisher, hat niemand
sonst auf dem Plakat. So viel Presse aber hat momentan, außer Bajramaj
natürlich, auch niemand. Vor allem eine gewisse Boulevard-Zeitung gibt sich
alle erdenkliche Mühe, die 20-Jährige zum „Popp-Star dieser WM“ aufzubaue…
Der Gegenstand dieser Kampagne hat sich, sagt sie, darüber „noch keine
Gedanken“ gemacht. „Poppy“, wie die Kolleginnen sie nennen, ist „total
glücklich, es überhaupt in den Kader geschafft zu haben“. Sie gibt sich
bescheiden, stellt ausdrücklich keine Ansprüche auf Einsatzzeit und will
„einfach nur Fußball spielen“.
## Ein Tor alle 27 Minuten
Das hat die Torschützenkönigin der U20-WM des vergangenen Jahres zuletzt
sehr eindrücklich getan. Fünf Tore hat sie in den drei letzten
Vorbereitungsspielen geschossen, obwohl sie jeweils erst nach der Pause
eingewechselt wurde. Das ergibt eine sagenhafte Quote von einem Tor alle 27
Minuten.
Unter Vertrag ist Popp beim FCR Duisburg. Dort spielt auch Inka Grings.
Zusammen sind sie in den letzten beiden Jahren DFB-Pokalsiegerinnen
geworden, sie haben den Uefa-Cup gewonnen und beide tragen auf dem Platz
einen Haarreif, der die Frisur bändigen soll. Da enden aber dann die
Gemeinsamkeiten. Grings ist 32 Jahre alt, sie hat 350 Tore in der
Bundesliga geschossen, so viele, wie niemand sonst, sie ist sechsmalige
Bundesliga-Torschützenkönigin und dreifache Fußballerin des Jahres. Auf dem
Plakat ist sie aber trotzdem nicht. Grings hat 90 Länderspiele auf dem
Konto und dabei 62 Tore erzielt. Eins davon allerdings nur in den besagten
Vorbereitungsspielen.
Grings und Popp stehen exemplarisch für den Generationengraben, der sich
durch die ganze DFB-Auswahl zieht, die Bundestrainerin Silvia Neid
nominiert hat. Auf der einen Seite die Etablierten, die die letzten beiden
Weltmeisterschaften gewonnen haben, Prinz, Kerstin Garefrekes, Ariane
Hingst, Linda Bresonik. Angerer stand zwar erst 2007 im Tor, aber auch sie
ist schon 32. Die wohl zentrale Figur im deutschen Spiel bei dieser WM aber
gehört einer neuen Generation an: Kim Kulig (21), die im vergangenen Jahr
zusammen mit Popp U20-Weltmeisterin wurde, soll nun die Fäden ziehen im
deutschen Mittelfeld. „Eine gute Mischung“, findet Popp. „Ohne uns Ältere
geht es nicht“, sagt Inka Grings, „und ohne die Jüngeren geht es auch
nicht.“
## Grings schaffte es gelegentlich in die Klatschpresse
Doch in der Offensive soll es wohl erst einmal ohne die Jungen gehen. Neid
will ihre Aufstellung für das Eröffnungsspiel am Sonntag gegen Australien
zwar erst am Spieltag verkünden, aber, so viel darf als gesichert gelten,
die verdiente Birgit Prinz wird wohl auf jeden Fall auflaufen. Und sonst?
„Da müssen Sie die Bundestrainerin fragen“, lacht Grings und freut sich so
entspannt über ihren gelungenen Scherz, dass man davon ausgehen darf, dass
sie sich gute Chancen ausrechnet.
Das ist einer dieser Momente, in denen man dann doch wieder jenes bisweilen
zur Egozentrik überhöhte Selbstbewusstsein spürt, das Grings Mitte der
Neunziger Jahre zum hoffnungsvollsten Sturmtalent dieses Landes hat werden
lassen, sie in der Folge aber immer wieder in Schwierigkeiten beförderte.
2006 wurde sie von ihrem Vereinstrainer Dietmar Herhaus wegen mangelnder
Einstellung suspendiert. Im gleichen Jahr geriet sie in die Klatschspalten
durch eine bizarre Ménage-à-trois mit Nationalmannschaftskollegin Linda
Bresonik und dem ehemaligen Bundesligatrainer Holger Fach. Auch mit Neid
kam es zum Zerwürfnis, ihre DFB-Karriere schien beendet. Das alles sei
heute aber „komplett vergessen“, sagt sie.
Heute aber kriegen die Jungen auch die ganze Presse, während die
Etablierten wie Grings fast unter dem Radar entlangsegeln. Der notorisch
öffentlichkeitsscheuen Prinz mag das gefallen, aber ob das Grings gefällt?
Über eine kleinere Werbekampagne sagt sie: „Ja, da durfte ich mal
mitmachen.“ Alexandra Popp wiederum durfte beim FCR Duisburg bis vor einem
Jahr nicht im Sturm neben der alles beherrschenden Grings mitmachen. Ein
Jahr in der Abwehr habe dem Nachwuchstalent, so Grings, „in ihrer
Entwicklung nicht geschadet“. Popp stimmt der Mitspielerin schon zu, kann
aber nur einen „kleinen Vorteil“ erkennen.
## „Titel wichtiger als selbst zu spielen“
Ansonsten aber spielt Grings den Teamplayer und gibt sich Mühe, sich den
von Neid vorgegebenen Sprachregelungen anzupassen. Die neue Konkurrenz im
Sturm, die ihren Stammplatz nicht mehr sicher erscheinen lässt, nennt sie
„ein Luxusproblem“, das neue taktische Möglichkeiten eröffnet, um das
„gemeinsame Ziel“ bei „dieser schwierigsten WM für uns“ zu erreichen. …
Titelgewinn sei viel wichtiger, als selbst zu spielen.
Man muss ihr das nicht glauben. Sie hat zwar 1999 schon mal eine WM
gespielt, dort auch drei Tore erzielt, aber die beiden Titelgewinne hat sie
verpasst. 2003 war eine Verletzung schuld, 2007 hatte Neid sie nicht
nominiert. Sie hatte, sagt sie, nach dem Tode ihres Vaters 2006 „den Boden
unter den Füßen verloren“.
2011 fühlt sich deshalb an wie „die erste richtige WM“. Dass sie die
vornehmlich auf der Bank verbringen möchte, kann man sich nicht vorstellen.
Schließlich wird es mit ziemlicher Sicherheit auch ihre letzte sein. Nicht
einmal, ob sie noch bis zu den Olympischen Spielen im kommenden Sommer
weitermachen will, lässt sie sich entlocken. Darüber werde sie zu gegebener
Zeit mit der Bundestrainerin sprechen.
Inka Grings ist natürlich klar, dass sich die Nationalmannschaft im Umbruch
befindet. Sie weiß, dass sie und Alexandra Popp auf zwei verschiedenen
Seiten des Generationengrabens stehen. Alexandra Popp ist die Zukunft, sie
ist die Vergangenheit. Die Frage ist nur noch: Wer ist in den kommenden
drei Wochen die Gegenwart?
23 Jun 2011
## AUTOREN
Thomas Winkler
Thomas Winkler
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Fußball
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