# taz.de -- Friedensplan für Berg-Karabach: Wieder keine Lösung | |
> Des russische Präsident Medwedjew versucht, den Konflikt um die Enklave | |
> Berg-Karabach im Kaukasus beizulegen. Doch er scheitert mit seinem | |
> Friedensplan. | |
Bild: Konnte nicht vermitteln: Russlands Präsident Medwedjew. | |
MOSKAU taz | Die Zeichen stünden so gut wie nie zuvor, frohlockten die | |
Emissäre des Kreml am Vorabend des Minigipfels in Kasan. Russlands | |
Präsident Dmitri Medwedjew hatte letzte Woche die Staatschefs der | |
verfeindeten Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan in die | |
tatarische Hauptstadt einbestellt. Die Tagesordnung ging von einem | |
historischen Durchbruch aus. Die Unterzeichnung einer Roadmap sollte dem | |
längsten ungelösten Konflikt, der noch in die Sowjetunion zurückreicht, die | |
Perspektive eines Friedensabkommens eröffnen. | |
1991 erklärte sich die Republik Berg-Karabach, in der mehrheitlich Armenier | |
wohnen, von Aserbaidschan unabhängig. In den 20er Jahren des letzten | |
Jahrhunderts hatte die Sowjetunion die Bergregion durch einen Federstrich | |
der Sowjetrepublik Aserbaidschan zugeteilt. In den kriegerischen | |
Auseinandersetzungen zwischen 1991 und 1994 wurden eine Million Armenier | |
und Azeris vertrieben, 50.000 starben in Kampfhandlungen. | |
Immer wieder kommt es an der Waffenstillstandslinie zwischen Karabachis und | |
Azeris zu tödlichen Scharmützeln. Die Vermittlungsbemühungen der Minsker | |
Gruppe der OSZE, der Russland, Frankreich und die USA angehören, laufen | |
zwar seit 1992, kommen aber nicht vom Fleck. Die Armenier weigern sich, | |
territoriale Zugewinne, die über das Gebiet Karabachs hinausreichen, wieder | |
abzutreten. Die an Öl und Gas reichen Azeris setzen darauf, dass sich das | |
Blatt zu ihren Gunsten wendet, und rüsten auf. Zugeständnisse, die ein | |
Friedensabkommen verlangte, würden der Opposition in die Hände spielen, | |
fürchtet man überdies in den beiden semiautoritär gelenkten Staaten. | |
## Karabach als Chefsache | |
Nach dem russischen Georgienfeldzug 2008 drängte der Westen Moskau, eine | |
Lösung der "frozen conflicts" im postsowjetischen Raum anzugehen. Der | |
Kremlchef erklärte Karabach zur Chefsache. Ein Erfolg würde dem | |
internationalen Image Medwedjews nicht schaden. | |
Der Triumph blieb jedoch aus. Die kaukasischen Präsidenten waren zu einem | |
so weitreichenden Schritt, der auch einen Waffenstillstand bellizistischer | |
Rhetorik an der Heimatfront bedeutet hätte, nicht bereit. Sie haben sich im | |
Status quo eingerichtet. Die strategisch wirtschaftlichen Vorteile, die ein | |
Friedensvertrag für die Region mit sich brächte, spielen in den | |
Überlegungen der Staatsführungen keine Rolle. | |
Die Roadmap sah vor, dass die Armenier die besetzten Gebiete im Umfeld | |
Karabachs räumen und die Aseris Berg-Karabachs Sicherheit und | |
Selbstverwaltung garantieren sowie einem Interimsstatus zustimmen, der der | |
Bergrepublik die Möglichkeit einer Teilnahme am internationalen System | |
zusichert. Überdies sieht das Abkommen vor, dass alle Flüchtlinge und | |
Vertriebenen in ihre Heimat zurückkehren dürfen und eine internationale | |
Friedenstruppe in Berg-Karabach stationiert wird. | |
26 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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