# taz.de -- TRÄUME VON GRÜN-ROT: Die Dafür-Partei | |
> Ihre Landesmitgliederversammlung nutzen die Grünen, um sich endlich mal | |
> selbst zu loben, den Koalitionsvertrag zu bejubeln - und die Distanz zum | |
> neuen alten Partner zu markieren. | |
Bild: Ab morgen Senatoren: Karoline Linnert und Joachim Lohse bei der Grünen L… | |
Na bitte, geht doch. Wenigstens das Abgeordneten-Baby, das bei der | |
Landesmitgliederversammlung der Grünen von Arm zu Arm gereicht wird, | |
schüttelt energisch den Kopf, immer wieder. Es hat Spaß daran, juchzt und | |
sabbert freudig und vergisst, dass die Zähnchen jucken. Aber sonst? Wie | |
konnte jemand je darauf kommen, die Grünen wären eine Dagegen-Partei? | |
Woraus speist sich die Einschätzung der Landesvorsitzenden Susan | |
Ella-Mittrenga, "zu selten" würde man einander "gegenseitig loben"? | |
Nicht nur für ihre Rede ist das der Vorwand für ausführliches verbales | |
Schulterklopfen. Und nicht nur sie streicht Balsam fingerdick auf Reinhard | |
Loskes wunde Senatorenseele: Wenn er aufgestanden wäre, dann hätte der | |
Beifall noch länger gedauert als anderthalb Minuten. | |
Die Landesmitgliederversammlung der Grünen im Brillissimo ist letzte | |
formale Hürde für die gestrige Unterzeichnung des Koalitionsvertrags. Er | |
geht durch, wie ein glühendes Messer durch Vanille-Eis. Und die | |
Veranstaltung wirkt eher wie eine getränkarme After-Wahl-Sommerparty ohne | |
Nudelsalat. Dabei fungieren die Reden als das leicht spröde Festprogramm, | |
in dessen Rahmen sich die Neuzugänge in der Senatoren-Klasse, Joachim Lohse | |
und Anja Stahmann, glücksbefangen vorstellen und teils | |
freundlich-solidarisch begrüßt werden. Generalaussprache? | |
"Es haben sich nur drei Männer eingeworfen", moniert das | |
Versammlungs-Präsidium mehrfach, normalerweise ist die RednerInnenliste | |
quotiert. Aber Frauen melden sich halt meist nur, wenn's wirklich was zu | |
sagen gibt. | |
Was den Männern einfällt… ach herr je: Ein Antragssteller findet, die | |
Privatschulen kommen im Koalitionsvertrag zu gut weg. Ein anderer will den | |
Ressortzuschnitt noch mal komplett neu verhandeln. Er hätte nämlich Anja | |
Stahmann lieber als Bildungs-, statt als Sozialsenatorin gesehen. Immerhin | |
kommt niemand auf die bizarre Idee, die City-Maut doch noch nachträglich | |
reinzuschreiben ins gemeinsame Regier-Programm. Karo Linnert hatte | |
schließlich zuvor gesprochen - und bekannt, sie sei "froh, dass wir diesen | |
Pappkameraden gegen meinen ausdrücklichen Rat ins grüne Wahlprogramm | |
geschrieben haben." Denn worüber sonst hätte die Presse während der | |
Verhandlungen schreiben sollen? Deren Konfliktarmut sieht sie als Beweis | |
dafür, "wie schnell sich die Sozialdemokraten grünen Politikstil | |
einverleiben können". Ein Risiko? Vielleicht. Aber eher für die Genossen: | |
"Ich freue mich darüber", so Linnert. Schließlich sei Grün vorne - und es | |
gebe viele Bereiche, wo die anderen von ihnen noch lernen könnten. | |
Tatsächlich scheint das Hauptanliegen des politischen Führungspersonals, | |
den Unterschied zwischen Fusion und Koalition zu verdeutlichen: Erst gibts | |
das obligatorische CDU- und Linkspartei-Bashing - dass deren Fraktion den | |
Parteiaustritt der Vorsitzenden ein Vierteljahr geheim gehalten hatte, sei | |
"wie wenn man den toten Opa noch Monate hinter der Tür behält, um weiter | |
seine Rente zu kassieren". Aber Güldner disst auch die SPD. "Wer sagt denn, | |
dass wir nicht eines Tages in Bremen einen Grün-Roten Senat haben?", fragt | |
er. Als er vor Jahren angekündigt habe, man könne die Union überholen, sei | |
er noch verlacht worden. Auch die SPD sei für die Grünen nicht uneinholbar, | |
so Güldner. "Wir sollten uns dieses Ziel setzen." | |
28 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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