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# taz.de -- Linker Protest: Linke kämpfen gegen Ohnmacht
> Nach den Brandanschlägen auf linke Projekte ziehen 1.500 Menschen durch
> Kreuzberg.
Bild: Protest gegen rechts
Evan Sedgwick-Jell hat sein blaues Shirt mit Falken-Emblem angezogen, ein
rotes Halstuch umgebunden. "Ganz wichtig" seien die vielen Leute, findet
der 26-Jährige. Das, was Sonntagnacht passiert ist, dürfe man nicht
unkommentiert stehen lassen.
Sedgwick-Jell steht am Dienstagabend inmitten hunderter Leute auf dem
Kreuzberger Heinrichplatz. Erst 24 Stunden zuvor ist zu der Demonstration
aufgerufen worden, nach einer Nacht, in der mutmaßlich Rechtsextreme fünf
Brandanschläge auf alternative Hausprojekte verübt haben. Darunter auch auf
das Anton-Schmaus-Haus der sozialistischen Jugendorganisation Die Falken in
Neukölln. Die Fassade wurde komplett zerstört, drinnen verrußten Computer.
Eine Nacht zuvor hatte noch eine Kindergruppe in dem Haus übernachtet. "Wir
reden hier nicht von einem Dorf in Sachsen-Anhalt", sagt Evan
Sedgwick-Jell, "sondern von Nazi-Anschlägen mitten in Berlin."
Rund 1.500 Menschen setzen sich in Bewegung. "Gegen Nazi-Terror", steht auf
einem Transparent. Ein Redner beklagt, der Innensenator setze
Brandanschläge mit den Prügelattacken auf NPD-Politiker gleich. "Es gibt
einen Unterschied zwischen einer Beule und angezündeten Häusern." Er
kündigt gleich die nächste Demo an: am 8. Juli in Schöneweide. "Dort, wohin
sich die Nazis hin zurückziehen."
Marcel hält ein neongelbes Schild: "Tunten gegen Nazis". Auch an sein
Hausprojekt, dem Tuntenhaus in der Kastanienallee, wurde Feuer gelegt. Eine
Haustür geriet in Brand, eine Mitbewohnerin konnte die Flammen löschen.
"Unheimlich", sei der nächtliche Angriff, sagt der 28-Jährige. Fünf Jahre
lebe er im Haus, "so was hats noch nie gegeben." Marcel erzählt, fast die
ganze Hausgemeinschaft sei zur Demo gekommen.
Die endet, ohne Vorkommnisse, am Tommy-Weisbecker-Haus in der
Wilhelmstraße. Ein Fiat und ein Opel stehen ausgebrannt vor der bunten
Fassade. Verschmorte Motorräume, rußgeschwärzte Scheiben, Brandgeruch. "Im
Vorderhaus sind lauter Wohnungen", sagt ein Bewohner. "Wäre das Feuer aufs
Haus übergegangen, hätte es Tote geben können." Losgegangen sei es mit
Angriffen von Neonazis auf Gegendemonstranten Mitte Mai, auf einer rechten
Demo am Mehringdamm, schimpft der 30-Jährige. Die Brandanschläge aber
hätten eine neue Qualität. "Da bleibt richtig Wut."
Falken-Mitglied Evan Sedgwick-Jell will es nicht bei Ohnmacht belassen. Er
werde an einem Arbeitseinsatz "aller Berliner Falken" am Mittwochnachmittag
am Anton-Schmaus-Haus teilnehmen. Ehrenamtlich natürlich. "Wir lassen uns
nicht einschüchtern, die Arbeit geht weiter."
29 Jun 2011
## AUTOREN
Konrad Litschko
Konrad Litschko
## TAGS
Berlin-Neukölln
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