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# taz.de -- Bildung für sozial Schwache: Paket erreicht Empfänger nicht
> Das Bildungspaket kommt bislang nur bei einem Viertel aller berechtigten
> Kinder an. Die Klagen über zu viel Bürokratie und zu wenig Informationen
> reißen nicht ab.
Bild: Zu spät, zu langsam, zu umständlich: Die meisten Kinder haben bislang n…
Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Bildungspakets für Kinder aus sozial
schwachen Familien ziehen die Beteiligten in Berlin eine gemischte Bilanz.
Von den über 200.000 anspruchsberechtigten Familien haben bislang etwa
50.000 einen Antrag gestellt, teilte die Senatsarbeitsverwaltung am
Donnerstag auf Nachfrage mit. "Für eine Stadt mit der Sozialstruktur
Berlins sind 25 Prozent gar nicht schlecht", heißt es dort. Bundesweit
liegt der Durchschnitt bei etwa 30 Prozent. Sabine Walther, Vorsitzende des
Kinderschutzbundes Berlin, betrachtet das Paket dagegen als gescheitert und
macht das bürokratische Antragsverfahren dafür verantwortlich. Dass
Politiker wie Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und
Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) indirekt den Eltern dafür die
Schuld geben, sei "eine Frechheit", so Walther. Sie fordert eine sofortige
Umsteuerung auf direkte Leistungen.
Das Bildungspaket hatte es von Anfang nicht leicht: Von der Leyen (CDU)
wollte damit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht werden, in
dem die Richter eine Überprüfung der Hartz-IV-Sätze einforderten. Einfach
erhöhen wollte von der Leyen die Regelsätze aber nicht, denn die Leistungen
sollten die Kinder direkt erreichen und ihnen mehr Teilhabe und Bildung
ermöglichen. Monate später kam ein Paket heraus, dessen bürokratische
Bewältigung kurzerhand auf die Kommunen umgewälzt wurde. In Berlin sind
zwei Senatsverwaltungen an der Umsetzung beteiligt. In die Beantragung und
Umsetzung sind Eltern, Schulen, Jobcenter, Wohngeldstellen und Sozialämter
eingebunden. 110 Millionen Euro stellt der Bund für Berlin zur Verfügung,
über 10 Prozent davon verschlingt die Verwaltung.
Am Donnerstag lief auch die Frist für die rückwirkende Beantragung von
Leistungen wie Schulessen, Nachhilfe, Schulausflüge oder Mitgliedschaft im
Sportverein aus. Inwiefern die Anträge schon bewilligt und Gelder bereits
ausgezahlt wurden, konnte die Arbeitsverwaltung nicht sagen. Auch von den
Jobcentern gab es dazu keine Auskunft. Bei den 100 freien Trägern des
Paritätischen Wohlfahrtsverbands, die etwa für die Essensversorgung
zuständig sind, sei jedenfalls noch kein Geld angekommen, sagt deren
Referentin Elvira Kriebel. Noch gebe es viele offene Fragen, etwa über die
Regelung der Nachhilfe.
Auch bei den Vereinen des Landessportbunds sind noch keine Gelder aus dem
Paket eingegangen. Bis 2010 hatten sie eigene Programme zur Förderung
sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher. Vorsitzender Heiner Brandi
ist optimistisch: "Der Start war holprig, aber inzwischen werden wesentlich
mehr Anträge auch für die Mitgliedschaft im Sportverein gestellt." 10 Euro
monatlich sieht das Bildungspaket dafür vor. Für Fußball und manche
Kampfsportarten reicht das laut Brandi. Um auch die Versorgung mit
Ausrüstung zu gewährleisten, wolle der Landessportbund einen extra Fond
einrichten.
Ramona Pop, Fraktionsvorsitzende der Grünen, kritisierte neben der
komplizierten Umsetzung und der zögerlichen Abarbeitung der Anträge in den
Jobcentern vor allem die mangelhafte Information der Eltern. Die Idee von
der Leyens, nun Sozialarbeiter zu den Familien zu schicken, hält Pop bei
200.000 Anspruchsberechtigten für "realitätsfern". Darin ist sie sich mit
der Senatsarbeitsverwaltung einig. Deren Sprecherin sagte: "Die
Sozialarbeiter soll uns Frau von der Leyen mal schicken, wie können sie uns
nicht backen."
30 Jun 2011
## AUTOREN
Manuela Heim
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