# taz.de -- Zukunft der Heimvernetzung: Smarte Stromzähler gegen Android | |
> Als Teil eines intelligenten Stromnetzes sind "Smart Meter", intelligente | |
> Stromzähler, unverzichtbar. Konzerne wollen sie zur Keimzelle der | |
> Heimvernetzung ausbauen. | |
Bild: Smart und intelligent sieht er nicht aus: Stromzähler. | |
KÖLN taz | Diesmal soll es endlich klappen. Mit Stromberg-Darsteller | |
Christoph Maria Herbst hat der Energiekonzern RWE ein sehr bekanntes | |
Gesicht verpflichtet, um das "Smarthome" zu bewerben: [1][Ganz in seiner | |
Rolle] als Abteilungsleiter darf Herbst mit den neuen smarten Technologien | |
spielen, schaltet ferngesteuert Licht und Kaffeemaschine an und spart | |
obendrein Energie. | |
Die Spots kommen bekannnt vor. Schon im Jahr 2000 engagierte der | |
Energierkonzern E.ON Götz George, um für die Vorteile des voll vernetzten | |
Heims zu werben. George durfte auf einer Segelyacht rumschippern und von | |
der Südsee aus die Geräte in seiner Wohnung an- und ausschalten. Slogan: | |
"Neue Energie". | |
Über 10 Jahre später ist das "Smarthome" zwar immer noch Thema vieler | |
Elektronikmessen, vom Massenmarkt ist die Technik aber noch weit entfernt. | |
Denn die Unternehmen haben sich in der Vergangenheit selbst blockiert. | |
Doch jetzt kommt es darauf an. "Wer die Standards setzt, beherrscht auch | |
den Markt", mahnte Hans-Joachim Otto, Staatssekretär im | |
Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch in Köln. Zu lange hat sich die | |
Industrie selbst auf den Füßen gestanden und mit immer neuen, immer wieder | |
inkompatiblen Techniken versucht die Wohnzimmer und Küchen zu erobern. | |
## android@home | |
Das Interesse der Kundschaft nach den teuren Lösungen blieb gering. Doch | |
der Boom von iPads und internetfähigen Fernsehern zeigt: das vernetzte Heim | |
ist nicht aufzuhalten. Wer jetzt keine überzeugenden Konzepte vorlegt, hat | |
das Nachsehen. Google hat bereits im Mai seine eigene | |
Heimvernetzungs-Initiative android@home angekündigt. | |
Das Bundeswirtschaftsministerium und der Branchenverband Bitkom versuchen | |
mit der [2][Messe ConLife], die in dieser Woche in Köln stattfand, die | |
deutsche Industrie auf eine gemeinsame Richtung einzuschwören. Es geht um | |
viel Geld: Bis 2025 können laut einer aktuellen Studie mit Heimautomation | |
25 Milliarden Euro umgesetzt werden – internetfähige Fernsehgeräte nicht | |
mitgerechnet. Deutsche Firmen könnten einen guten Teil der Wertschöpfung | |
für sich beanspruchen. | |
Die Hoffnung der Branche ruht auf den "Smart Metern": voll vernetzten | |
Stromzählern, die den Verbrauch eines Haushalts minutiös erfassen und an | |
den Stromkonzern melden. Diese Geräte sind integraler Bestandteile des | |
[3][Smart Grids], des intelligenten Stromnetzes, das nicht mehr nur wenige | |
Lieferanten und Millionen Verbraucher kennt, sondern dezentrale | |
Energieversorgung, erneuerbare Energien und klassische Kraftwerke | |
verknüpft. Gleichzeitig sollen die Strommesser zur universellen | |
Steuerzentrale werden. | |
Dass die Stromzähler alleine schon Energie einsparen, hat sich bisher kaum | |
bestätigt. Zwar können die Verbraucher anhand einer ausführlichen | |
Ausfstellung ihres Stromverbrauchs unerkannte Stromfresser identifizieren, | |
doch dieser Effekt nutzt sich schnell ab. Interessanter sind Techniken, die | |
den Stromverbrauch besser über Tag und Nacht verteilen und Lastspitzen | |
vermeiden. Derzeit fehlt es an Geräten, die über die Smart Meter gesteuert | |
werden können, wie zum Beispiel Wasch- und Geschirrspülmaschinen, die sich | |
anschalten, wenn der Stromversorger einen Energieüberschuss signalisiert. | |
## Fünf bis zehn Prozent geringerer Verbrauch | |
So könnte zum Beispiel kurzfristig verfügbare Windenergie effektiv | |
eingesetzt werden. Auch von der flexiblen Ladung der Batterien von | |
Elektroautos versprechen sich die Experten große Effekte. Das ist aber | |
Zukunftsmusik: die Bundesnetzagentur zögert einen Standard für Stromzähler | |
festzulegen. Die Pilotprojekte der Konzerne sind auf simple Fernsteuerungen | |
von elektrischen Geräten und Heizungen beschränkt. | |
Die Telekom probiert in der "T-City" Friedrichshafen neue Techniken aus. | |
Dort sind 1.600 Haushalte in der Versuchsstadt mit vernetzten Zählern | |
ausgestattet, die neben dem Stromverbrauch auch Wasser- und Gasverbrauch | |
verzeichnen. 300 Haushalte werden als "Zukunftler" zusätzlich mit den | |
neusten Produkten aus den Telekom-Laboren versorgt. Erste Erkenntnis: Ein | |
"Smart Meter" alleine senkt den Stromverbrauch noch nicht, wie Gabriele | |
Riedmann de Trinidad, Leiterin Konzerngeschäftsfeld Energie der Deutschen | |
Telekom in Köln erklärte: "Die Kunden stellen ihr Verhalten nicht um, wenn | |
sie den Stromverbrauch nur auf einem Display im Keller sehen können." | |
Schaltet man den Stromzähler jedoch mit dem Fernseher zusammen, | |
kontrollieren die Verbraucher öfter, wie viel Energie sie wann verbraucht | |
haben. Ein um fünf bis zehn Prozent geringerer Verbrauch ist die Folge. | |
Einige Teilnehmer entdecken jedoch eigene Verwendungsmöglichkeiten für den | |
allwissenden Stromzähler: "Eine der teilnehmenden Familien hat uns gesagt, | |
dass sie anhand des Stromverbrauchs nachsehen, wann die Kinder am Abend | |
nach Hause gekommen sind", sagte die Telekom-Managerin. | |
1 Jul 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?v=LqzgCGKT3y0&NR=1 | |
[2] http://www.conlife.de | |
[3] /1/zukunft/schwerpunkt-anti-akw/artikel/1/intelligent-vernetzte-stroeme/ | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
Torsten Kleinz | |
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