# taz.de -- Protest gegen Rechts: Kreuzberg vertreibt Populisten | |
> Gut 300 BürgerInnen versperren Pro Deutschland den Zugang zum Rathaus. | |
> Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus lobt die friedliche Blockade | |
> als "vorbildlich". | |
Bild: Alles dicht: so geht Blockade | |
"Xberg - Nazis: 1 - 0", hängt am Ende aus dem Fenster des Bezirksrathauses. | |
Noch einmal bricht in der Menge davor Jubel aus. Da sind die | |
Pro-Deutschland-Anhänger längst verschwunden. | |
Gut 300 Demonstranten verhinderten am Donnerstagabend erstmals ein | |
Parteitreffen der Rechtspopulisten in Berlin. Im Saal der | |
Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Kreuzberger Rathaus wollte Pro | |
Deutschland das Wahlprogramm diskutieren. Daraus wurde nichts. | |
Bereits am Nachmittag hatten Kiezinitiativen, Jongleure und Rapper das | |
Foyer und den Rathausvorplatz in der Yorckstraße mit Infoständen okkupiert. | |
Als am Abend 14 Parteianhänger auftauchten, versuchte die Polizei zunächst, | |
sie durch die Protestler zum Haupteingang zu schleusen. Vergebens. "Das ist | |
unser Rathaus, Nazis raus", riefen die Blockierer, darunter | |
Parteiabgeordnete und Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne). Drinnen | |
hielten andere die Treppe zum BVV-Saal besetzt. Die Polizei, mit 500 | |
Beamten im Einsatz, nahm drei Männer wegen Widerstands in Gewahrsam. | |
Nach einer Dreiviertelstunde gaben die Rechtspopulisten auf und traten den | |
Heimweg an. | |
Als "vorbildlich" lobt Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen | |
Rechtsextremismus (MBR) die Bürgerblockade. "Es ist ein fantastisches | |
Signal, dass in Kreuzberg Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft Hand in | |
Hand gingen." Heute würden sich die Bezirke offensiv gegen den Missbrauch | |
ihrer Räume wehren. In Kreuzberg seien juristisch wie zivilgesellschaftlich | |
"alle Möglichkeiten ausgeschöpft". | |
In einer kürzlich unterzeichneten Erklärung von SPD, Grünen, Linken, CDU | |
und FDP heißt es: "Rechtsextremen und rechtspopulistischen Versuchen, sich | |
in öffentlich-rechtlichen Räumen als wählbare oder gar demokratische | |
Parteien zu inszenieren, gilt es mit allen juristischen Mitteln und | |
Möglichkeiten des demokratischen und friedlichen Protestes zu begegnen." In | |
Kreuzberg hatte Bürgermeister Schulz seit Wochen zu einem Aktionstag ins | |
Rathaus geladen, nachdem sich Pro Deutschland dort eingeklagt hatte. Die | |
Polizei betrat am Donnerstag das Gebäude nicht, der Bezirk hatte hier | |
Hausrecht. Eine Räumung hätte Schulz anordnen müssen - er lehnte ab. | |
In den Vormonaten hatte Pro Deutschland bereits in den Rathäusern von | |
Charlottenburg, Steglitz, Neukölln und Schöneberg getagt. Schulz sieht | |
"friedlichen, zivilen Widerstand" in Kreuzberg als "klares Zeichen". | |
Barbara Seid (Linke), unter den Sitzblockierern vor dem BVV-Saal, spricht | |
von einem "Erfolg auf ganzer Linie". Jan Stöß (SPD) unterstreicht: "Es gibt | |
keinen Hintereingang zur Demokratie. Wer ins Rathaus will, muss durch den | |
Haupteingang." | |
Pro Deutschland kündigte am Freitag an, eine erneute Raumanfrage für das | |
Rathaus Kreuzberg einzureichen. Zudem plant die Partei für den 28. August | |
einen "Anti-Islamisierungs-Kongress" mit einer Demonstration vor das | |
Brandenburg Tor. | |
Kurz darauf sucht auch die rechtspopulistische Konkurrenz der | |
Freiheit-Partei die Öffentlichkeit: Am 3. September will sie mit dem | |
niederländischen Islamfeind Geert Wilders auftreten. Eine erste Einladung | |
an Wilders im Oktober 2010 hatte Parteigründer René Stadtkewitz seinen Sitz | |
in der CDU-Fraktion gekostet. | |
1 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kreuzberg und Rechte: Pro Deutschland probierts noch mal | |
Die Anhänger der rechten Partei wollen erneut vor das Rathaus Kreuzberg | |
ziehen. Ende Juni war ihnen dort der Einlass verwehrt worden, Gegendemo | |
angekündigt. | |
Nach erfolgreichen Protesten gegen Rechte: Blockade reizt Fahnder | |
Der erfolgreiche Protest gegen eine Veranstaltung von Rechtspopulisten hat | |
juristisches Nachspiel: Gegen den Kreuzberger Bürgermeister laufen | |
Ermittlungen. |