# taz.de -- Sasori-Reihe auf Arte: Folterporno im Kulturkanal | |
> Arte zeigt die Filme der japanischen "Sasori"-Reihe. (Donnerstag, 23.40 | |
> Uhr, danach 14. 7., 21. 7. und 28. 7.) Sie inspirierten auch den | |
> Regisseur Quentin Tarantino zu Kill Bill. | |
Bild: Matsu ( Meiko Kaji) wird gepeinigt und rächt sich später blutig. | |
Exploitation, Blaxploitation, Sexploitation: Der Kultursender Arte hat es | |
im Laufe seines Bestehens verstanden, seinen Kulturbegriff zu erweitern. | |
Wer sich unter Kultur nur "Hochkultur" vorstellen konnte, musste sich sehr | |
die Augen reiben, als er vor vier Jahren auf seinem Lieblingskanal genau | |
jene Russ-Meyer-Tittenfilme laufen sah, die sich knapp 20 Jahre zuvor schon | |
einmal ins deutsche Fernsehen verirrt hatten - in das Softporno-Programm | |
eines Privatsenders namens RTL Plus. An Kultur hatte damals niemand | |
gedacht. Und nun etablierte ausgerechnet das Kulturfernsehen einen | |
"Trash-Filme Schwerpunkt" am Donnerstagabend?! | |
Natürlich das Kulturfernsehen. Denn der Genrefilm hat es schwer in der | |
deutschen "TV-Landschaft". Die hat im Grunde nur Platz für | |
Eigenproduktionen, für Blockbuster und, zu später Stunde, für kanonisch | |
abgesicherte Filmklassiker. Da mag das Genrekino noch so engagierte | |
Fürsprecher haben - Dominik Graf oder Jörg Buttgereit. | |
Oder Quentin Tarantino, der mit "Death Proof" den "Grindhouses" der 1970er | |
ein Denkmal setzte und mit seinen "Kill Bill"-Filmen dem Eastern, auch in | |
Gestalt des "Pinku Eiga", des japanischen "pinken Films" derselben Epoche. | |
Auf dem "Kill Bill"-Soundtrack findet sich das Titellied des heute von Arte | |
gezeigten Films "Sasori - Scorpion" von 1972: "Auch die rote Rose hat | |
Dornen. Selbst wenn sie es nicht will, wird sie zustechen. Eine Frau in | |
Flammen, in Flammen! Dies ist … ihr Rachelied." Es fällt wie Schuppen von | |
den Augen, Sasori, der Skorpion, ist das unmittelbare Vorbild für die von | |
Uma Thurman gespielte Black Mamba der "Kill Bill"-Filme. | |
## Vorbild für Tarantinos "Kill Bill" | |
Sasori lebt nur noch für ihre Rache, die am Ende unerbittlich ausfallen | |
wird. Dem Letzten, dem Wichtigsten auf ihrer Liste hat sie einst ihr | |
Vertrauen geschenkt: "Vor drei Jahren war ich eine glückliche, normale | |
Frau. Ich war über alles in einen Mann verliebt. Sugimi …" Sugimi hat | |
Sasori verraten, ins Gefängnis gebracht, will sie dort töten lassen. Es | |
wird ihn sein Leben kosten. Kaum zu glauben, "Pinku Eigas" haben in den | |
1970er Jahren einmal rund die Hälfte der japanischen Filmproduktion | |
ausgemacht. Ausgerechnet diese krude, verblüffende Mixtur aus Softporno | |
und, in den besseren Fällen, Avantgarde-Kunstfilm. Im Subgenre des "Pinky | |
Violence" kommt die Gewalt als weiteres Element hinzu. Viel Gewalt. | |
"Sasori" ist eine einzige Sado-Maso-Gewaltorgie, von der ersten bis zur | |
letzten Filmminute. "Sasori" spielt fast vollständig in einem | |
Frauengefängnis mit Kapo-Regime und männlichen Wärtern. Es wird unentwegt | |
bestraft, gefesselt und gefoltert, Männer vergewaltigen Frauen, Frauen | |
vergewaltigen Männer. Viel nackte Haut, blanke Popos und schwingende | |
Brüste. Das alte japanische Schamhaarverbot wird strikt eingehalten. | |
Die Symbolik ist dafür umso drastischer, etwa wenn ein Wärter seinen | |
Gummiknüppel in den Mund einer Gefangenen drückt. Gewalt und Sex gehören | |
untrennbar zusammen. Die Gewalt wird stilisiert, ästhetisiert, | |
choreografiert. Ist das nun frauenfeindlich? | |
Eher nicht. Die Männer in dem Film sind allesamt brutale, geile Lüstlinge - | |
die meisten Frauen auch. Die einzige Person, die nicht gleichgültig lässt, | |
ist Sasori. Auch das ist typisch "Pinky Violence" - die weibliche | |
Identifikationsfigur. Und die vierteilige Sasori-Reihe ist so etwas wie das | |
Flaggschiff des "Pinku Eiga"-Genres. Dreimal hat Shunya Ito die Regie | |
geführt, immer hat Meiko Kaji die Rolle der stoischen, schweigsamen | |
Rächerin gespielt, sie wurde damit ein Star in Japan. Das Titellied, das | |
Tarantino so inspiriert hat, hat sie selbst eingesungen: ",Vergiss doch', | |
sagt man ihr, doch wie könnte sie das? Es ist endlos, endlos, endlos, | |
endlos, das Rachelied dieser Frau …" Endlos … Sasoris Rache füllt, wie | |
gesagt, vier Spielfilme. Arte zeigt sie alle. | |
7 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
## TAGS | |
Film | |
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