# taz.de -- Bezirksserie Pankow: Boomtown im Osten | |
> Nach Prenzlauer Berg und Alt-Pankow ist jetzt der Ortsteil Weißensee im | |
> Kommen.Über diesen Stadtteil ist noch längst nicht alles gesagt. | |
Bild: Der ultimative Treffpunkt in Weißensee vor dem Aus? | |
Vielleicht ist die Straße Am Steinberg die finsterste Gegend in Pankow. | |
Fernab von den Zentren des Geschehens - dem Bionade-Biedermeier am | |
Kollwitzplatz, dem Neubauboom in Pankow oder der verschlafenen Altbauidylle | |
im Weißenseer Komponistenviertel - zeigt sich der Bezirk Am Steinberg von | |
der rauen Seite. Auf der Prenzlauer Promenade stauen sich die Autos ins | |
Wochenende, in den Seitenstraßen feiern Nazikinder wilde Partys, an der | |
Rennbahnstraße steht Wohn- neben Gewerberuine. Nur einen Lichtblick gibt | |
es: Die Kunsthochschule Weißensee. | |
Spricht man über Pankow, stellt man fest: Über den Prenzlauer Berg ist | |
alles gesagt. Über Pankow wird geredet. Über Weißensee geschwiegen. Dabei | |
war das mal anders. Vor dem Ersten Weltkrieg und in den zwanziger Jahren | |
schrieb der Bezirk als "Klein Hollywood" Filmgeschichte. Damals war die | |
Gegend das, was heute Babelsberg in Potsdam ist. Es gab Kinntops, | |
Filmstudios, Filmsternchen. Zahlreiche Klassiker wurden in Weißensee | |
gedreht, darunter das Cabinet des Dr. Caligari von Robert Wiene. Doch mit | |
dem Ende des Stummfilms kam auch das Ende der Filmstadt Weißensee. Heute | |
erinnert nur noch das Kino Brotfabrik an diesen Teil der Geschichte. | |
Dass Weißensee nach der Wende nicht wie Prenzlauer Berg und Friedrichshain | |
von Studenten oder Lebenskünstlern entdeckt wurde, liegt nicht an seiner | |
Bausubstanz. Im Gegenteil: Vor allem im Komponistenviertel, seit den 90er | |
Jahren Sanierungsgebiet, erstrecken sich vor den Altbauten aus der | |
Gründerzeit hübsche Vorgärten. Allerdings ist Weißensee vom U- und | |
S-Bahnnetz abgeschnitten. Wer ins Zentrum möchte, muss in die Tram. Für | |
viele ist das ein Standortnachteil. | |
Umso wichtiger war der Erhalt der Kunsthochschule an der Bühringstraße. Die | |
Schule war 1946 gegründet worden, mit 750 Studierenden gehört sie heute | |
noch zu den kleinen Hochschulen in Berlin. Für Weißensee hingegen ist ihre | |
Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen. Zwar leben Kiez und | |
Hochschule oft noch in zwei Welten. Inzwischen aber hat es sogar die ersten | |
Studierenden in das unwirtliche Quartier südlich der Straße Am Steinberg | |
gezogen. | |
Auch Baugruppen haben Weißensee entdeckt. Am See selbst, der dem ehemaligen | |
Bezirk und heutigen Ortsteil von Pankow den Namen gab, entstanden schmucke | |
Neubauten für Eigennutzer und in der Pistoriusstraße wurden die | |
Pistoriusgärten gebaut. Im Rathaus ist das ein untrügliches Zeichen, dass | |
es aufwärts geht im ehemaligen Schmuddelkiez des Großbezirks. An der Grenze | |
zu Prenzlauer Berg baut derweil eine weitere Baugruppe - die "Stadtoase | |
Weißensee". | |
8 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
Uwe Rada | |
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Pankow | |
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