# taz.de -- Attentäter von Oslo in Untersuchungshaft: Keine Show für den Kill… | |
> Der Attentäter von Oslo muss acht Wochen in Untersuchungshaft. Er selbst | |
> erklärte sich vor dem Haftrichter als unschuldig. Und die Polizei hat die | |
> Anzahl der Opfer nach unten korrigiert. | |
Bild: Anders Behring Breivik verlässt das Gericht in Oslo. | |
OSLO afp/rtr | Der geständige Attentäter von Oslo muss für acht Wochen in | |
Untersuchungshaft. Das entschied ein Osloer Gericht nach dem | |
Haftprüfungstermin am Montag. Es ordnete zudem Einzelhaft an. Der | |
32-jährige Anders Behring Breivik dürfe weder Zeitungen noch Briefe | |
erhalten und auch keine Besucher empfangen, erklärte der Richter des Osloer | |
Gerichtes. | |
Behring Breivik habe den Bombenanschlag und die Schüsse auf Jugendliche | |
zugegeben. Für schuldig habe er sich jedoch nicht erklärt. Es sei | |
hinreichend erwiesen, dass Behring Breivik mit Terror-Vorsatz gehandelt | |
habe. Er habe ausgesagt, er habe Westeuropa vor einer Übernahme durch | |
Moslems schützen wollen. Ziel des Angriffes sei es gewesen, ein starkes | |
Signal an das Volk zu senden. | |
Den regierenden Sozialdemokraten habe er vorgeworfen, das Land verraten zu | |
haben. Sie hätten einen "Massenimport von Moslems" betrieben. Außerdem habe | |
der Beschuldigte angegeben, mit zwei weiteren Zellen zusammengearbeitet zu | |
haben. | |
Der Beschuldigte hatte am Freitag zunächst das Regierungsviertel in Oslo | |
mit einem verheerenden Bombenanschlag weitgehend zerstört und anschließend | |
auf der nahe gelegenen Fjord-Insel Utöya zumeist Jugendliche, erschossen. | |
Am Montagnachmittag korrigierte die Polizei die Zahl der Opfer von | |
insgesamt 93 auf 76 nach unten. Demnach wurden auf der Insel Utöya 68 | |
Menschen getötet, bislang war von 86 Toten die Rede gewesen. Dagegen stieg | |
die Zahl der Toten bei dem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel von | |
sieben auf acht. | |
Die Anhörung Breiviks vor einem Haftrichter fand unter Ausschluss von | |
Öffentlichkeit statt, wie die Justiz mitteilte. | |
## Ausschluss der Öffentlichkeit | |
Am frühen Nachmittag traf Behring Breivik im Gericht ein. Der staatlichen | |
Nachrichtenagentur NTB zufolge wurde der 32-jährige durch den Keller in das | |
Gerichtsgebäude gefahren und anschließend in den Gerichtssaal gebracht. | |
Zahlreiche Schaulustige vor dem Gericht riefen "Verräter" und "Mörder" als | |
das Auto vorfuhr. Die Anhörung endete nach rund einer Stunde gegen 14.30 | |
Uhr. | |
Behring Breivik hatte sich nach Angaben seines Anwalts "gewünscht", dass | |
die Anhörung öffentlich stattfinde und er eine Uniform tragen dürfe. Es | |
gebe konkrete Hinweise, die darauf hindeuteten, dass eine öffentliche | |
Anhörung in Anwesenheit des Verdächtigen eine "extrem heikle" Situation | |
hinsichtlich der Untersuchung und der Sicherheit auslösen könne, begründete | |
Richter Kim Heger dann den Ausschluss von Öffentlichkeit und Presse. Vor | |
der Tür des Gerichtssaals drängten sich mehr als 100 Journalisten. | |
In dem im Internet aufgetauchten 1500-seitigen Manifest des Täters finden | |
sich Passagen, die die Islamfeindlichkeit des Autors und seine Ablehnung | |
einer multikulturellen Gesellschaft beschreiben. | |
Einem Bericht des Tagesspiegels zufolge verschickte Behring Breivik nach | |
Angaben aus Sicherheitskreisen das Manifest kurz vor den Anschlägen gezielt | |
an mehrere hundert E-Mail-Adressen von Rechtsextremen in Europa und den | |
USA. Auch deutsche Rechtsextremisten zählten demnach zu den Adressaten. | |
## Bewunderung für Putin | |
In dem Text äußert Behring Breivik Bewunderung für den russischen | |
Ministerpräsidenten Wladimir Putin, wie die Moskauer Zeitung Kommersant | |
berichtete. Putins Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Montag, egal was er | |
geschrieben habe, es seien die Ideen eines "Verrückten". | |
Nach den Attentaten von Norwegen hat die Staatsanwaltschaft in Breslau | |
einen Bericht über eine Festnahme in Polen zurückgewiesen. Polnische Medien | |
hatten vom Montag berichtet, dass der Betreiber eines | |
Online-Chemikalienhandels festgenommen worden sei. Der Mann aus Breslau, | |
der Chemikalien in skandinavische Länder exportierte, sei bereits am | |
Sonntag geschnappt worden, berichtete der Rundfunksender RMF-FM. Er werde | |
der Beihilfe verdächtigt. Die Staatsanwaltschaft in Breslau wies den | |
Bericht am Montag zurück. Es habe keine Festnahme gegeben, sagte ein | |
Sprecher. | |
In seinem 1.500 Seiten langen Manifest hatte der 32-jährige Attentäter | |
Anders Behring Breivik angegeben, auch Chemikalien aus Polen bezogen zu | |
haben. | |
25 Jul 2011 | |
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