Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Dänemark nach den Anschlägen in Oslo: Trubel am Waschbecken
> Der Attentäter von Oslo nennt Dänemark in seinem Manifest ein rühmliches
> Vorbild. Dort wird jetzt über eine Mitschuld an den Anschlägen
> gestritten.
Bild: In Kopenhagen hängen die Fahnen auf Halbmast.
THISTED taz | Während das offizielle Dänemark die Fahnen auf halbmast senkt
und einen Trauergottesdienst veranstaltet, streiten Blogger und
Kommentatoren heftig darüber, ob die dänische Politik eine Mitschuld an
Anders Behring Breiviks Bluttat in Norwegen hat. Breivik nennt Dänemark in
[1][seinem Manifest], das er kurz vor seiner Tat noch ins Netz stellte, ein
rühmliches Vorbild. Das Land sei ein Beispiel dafür, wie die
abendländische, christliche Kultur vor den muslimischen und marxistischen
Horden zu beschützen sei.
Damit spielt er auf die dänische "Wertepolitik" an. Nato-Generalsekretär
Anders Fogh Rasmussen hatte vor zehn Jahren als neu gewählter
Premierminister die "Wertepolitik" zusammen mit der Dänischen Volkspartei
eingeläutet.
Hinter dem harmlosen Begriff versteckt sich die Politik, die es Ausländern
aus Nicht-EU-Ländern nahezu unmöglich macht, nach Dänemark zu kommen, und
denen, die es geschafft haben, das Leben schwermacht. Rasmussen dürfte es
nicht wirklich gefallen haben, dass er nun in Breiviks Manifest lobend
erwähnt wird. Gesagt hat er dazu bisher nichts.
Die meisten Politiker des Landes halten sich derzeit an die dänische
Redewendung: "Es ist viel los am Händewaschbecken" - alle waschen ihre
Hände in Unschuld, auch die Dänische Volkspartei. "Das ist ja wieder
typisch. Wenn Muslime eine Terrortat begehen, ist es unsere Schuld. Und
wenn jetzt ein schwachsinniger Terrorist aus antimuslimischen Beweggründen
eine Terrortat begeht, ist es auch unsere Schuld", sagte der
außenpolitische Sprecher der Dänischen Volkspartei, Søren Espersen, dem
dänischen Rundfunk.
## "Zum Teil die gleichen Ideen"
In der linksliberalen Tageszeitung Politiken schrieb der Kommentator Lars
Trier Mogensen: "Die stille Akzeptanz des bürgerlichen Mainstreams hat die
Besessenheit und die Fantasien der Rechten teilweise legitimiert."
Der Vorsitzende der Sozialistischen Volkspartei, Villy Søvndal, ist der
gleichen Ansicht: "Der Massenmörder, der sich selbst als einen
,Kulturkonservativen' bezeichnet, hatte eine Vorgeschichte in der sonst so
erfolgreichen norwegischen Fortschrittspartei. Viele Jahre der Agitation
der radikalen Rechten - auch in der dänischen Politik - gegen Muslime und
gegen die Linke muss nun durch ein differenzierteres Verständnis des
Totalitären ersetzt werden. Antidemokratische und antihumanistische
Weltanschauungen kommen in vielen Gewändern - auch von rechts."
Die Dänische Volkspartei gibt sogar selbst zu, inhaltliche
Übereinstimmungen mit dem norwegischen Attentäter zu haben: "Anders Breivik
lehnt Einwanderung und die EU ab. Wir haben zum Teil die gleichen Ideen.
Dann wird er ein Terrorist, und es ist unsere Schuld. Es ist unerhört, dass
wir deswegen jetzt etwas an unserer Rhetorik oder Praxis ändern sollen",
sagte Søren Espersen der Tageszeitung Jyllands-Posten.
Im November wird in Dänemark ein neues Parlament gewählt. Wie sich das
Massaker in Norwegen darauf auswirken wird, lässt sich derzeit noch nicht
absehen.
27 Jul 2011
## LINKS
[1] /Manifest-von-Anders-Behring-Breivik/!75148/
## AUTOREN
Carsten Hougaard
## ARTIKEL ZUM THEMA
Parlamentswahlen in Dänemark: Zu klein für ein Staatsballett?
"Klauende Ausländer". "Geschlossene Grenzen". "Kein Geld" für Behinderte.
Am Donnerstag wird in Dänemark gewählt - ein Besuch in der Provinz.
Jungsozialisten-Camp in Österreich: Die kleinen Sozis und das Böse
Im Camp von Österreichs Jusos herrscht Trauer um die Freunde aus Norwegen.
Einschüchtern lässt man sich aber nicht: Der Wert der politischen
Gemeinschaft wird neu entdeckt.
Norwegen nach den Attentaten: "Mich beeindruckt der Zusammenhalt"
Die Wahlnorwegerin Rebekka Borsch über die plötzliche Emotionalität ihrer
Landsleute, die politischen Folgen der Anschläge und die zunehmende
Islamophobie.
Der Terror in Norwegens Medien: "Keine Plattform für kranke Ansichten"
Norwegens Medien haben besonnen über die Anschläge berichtet. Nun wird
diskutiert, wie viel Raum künftig der üppigen Eigen-PR von Behring Breivik
gegeben werden soll.
Behring Breivik mag Lacoste: Der Teufel trägt Kroko
Lacoste ist Anders Behring Breiviks "favourite clothing brand". Geht das
Modelabel jetzt den Bach runter? Gegen die Vereinnahmung durch den
Attentäter hilft nur Thomas Mann.
Oslo nach den Anschlägen: Die Utøya-Generation
Die Cafés in Oslo füllen sich wieder, Rosen sind ausverkauft, der Brunnen
auf dem Youngstorget plätschert. Aber für die junge Generation hat sich die
Welt verändert.
Nach den Anschlägen in Norwegen: "Alarmknopf" fürs Internet gefordert
In Deutschland werden Sicherheitsmaßnahmen im Internet diskutiert. Die
norwegische Geheimdienstchefin ist überzeugt, dass der Attentäter voll
zurechnungsfähig ist.
Auf Bauernhof von Breivik: Polizei zündet Sprengstoff
Auf der Farm des Attentäters von Oslo hat die Polizei weiteren Sprengstoff
gefunden. Derzeit fahnden die Ermittler nach einem gewaltbereiten
Breivik-Verehrer. Breivik gilt als suizidgefährdet.
Blogger zu Norwegen: "Blind vor Aktionismus"
Nach den grauenvollen Ereignissen in Norwegen wurden von vielen "Experten"
voreilige Schlüsse gezogen. Blogger üben nun Kritik und nur das ZDF weiß
sich zu wehren.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.