# taz.de -- Gewalt an serbisch-kosovarischer Grenze: Kosovo-Staatschef beschuld… | |
> Hashim Thaci vermutet, die Eskalation am Grenzübergang Jarinje sei direkt | |
> von Serbiens Regierung "bestellt" worden. Eine Menge aufgebrachter Serben | |
> hatte den Grenzposten in Brand gesetzt. | |
Bild: Ein Opfer der Flammen: Grenzübergang Jarinje. | |
PRISTINA/BELGRAD dpa/afp | Kosovo-Regierungschef Hashim Thaci hat die | |
serbische Regierung in Belgrad beschuldigt, hinter den gewaltsamen | |
Ausschreitungen am Grenzübergang Jarinje zu stehen. "Die Gewalttaten sind | |
bestellt, geplant und geleitet von den höchsten Ebenen der serbischen | |
Regierung", sagte Thaci am Mittwochabend vor Journalisten in Pristina. | |
Trotzdem werde es "keine Kompromisse geben". | |
Serbien habe Waren aus dem Kosovo mit einem Importverbot belegt, sagte der | |
Regierungschef weiter. Das Kosovo habe mit einem Einfuhrstopp serbischer | |
Güter geantwortet. | |
Die Kosovo-Regierung hatte am Montag die beiden bisher serbisch | |
kontrollierten Grenzübergänge von Polizei-Sondereinheiten besetzen lassen. | |
Darauf hatten die Serben mit Straßenblockaden geantwortet. Ein Polizist war | |
dabi ums Leben gekommen. Bisher standen die beiden Grenzpunkte unter | |
serbischer Kontrolle. Waren aus Serbien konnten ohne Probleme ins Kosovo | |
eingeführt werden. | |
Am Mittwoch eskalierte dann die Gewalt. Aufgebrachte Angehörige der | |
serbischen Minderheit steckten am Abend den Grenzübergang Jarinje zur | |
Nachbarrepublik Serbien in Brand. Etwa 50 maskierte Angreifer verwüsteten | |
den Grenzpunkt, der seit zwei Tagen von der Kosovo-Regierung kontrolliert | |
wird. Ein Augenzeuge sagte, rund 25 Zollbeamte und Polizisten, darunter | |
auch Vertreter der EU-Rechtsmission EULEX, hätten Zuflucht auf der | |
serbischen Seite der Grenze gesucht. Die Angreifer versuchten demnach auch | |
den naheliegenden Posten der NATO-Truppe im Kosovo (KFOR) zu attackieren. | |
Soldaten hätten sie mit Schüssen in die Luft vertrieben. | |
## KFOR verlegt Einheiten zur Grenze | |
Die internationale Schutztruppe KFOR verlegte starke Einheiten in die Nähe | |
des Grenzübergangs, um eine Ausweitung der Gewalt zu verhindern. Die Lage | |
sei unter Kontrolle, sagte der Oberbefehlshaber der Truppe, der deutsche | |
General Erhard Bühler. US-Einheiten schützten den Bereich um den | |
abgebrannten Grenzübergang, deutsche Verbände seien in den übrigen Teilen | |
Nordkosovos stationiert worden. | |
Der serbische Staatspräsident Boris Tadic appellierte an seine Landsleute | |
im Kosovo, ihre Angriffe einzustellen. Diese Gewalt schade den Interessen | |
Serbiens. Serbien hofft, bis zum Jahresende den Status eines | |
EU-Beitrittskandidaten zu erhalten. Voraussetzung ist ein entspanntes | |
Verhältnis zu der vor drei Jahren abgefallenen und heute selbstständigen | |
früheren serbischen Provinz Kosovo. | |
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief Politiker in Belgrad und | |
Pristina zu einer raschen Lösung des Konflikts auf. "Ruhe und Sicherheit | |
für jeden müssen wieder hergestellt werden", sagte Ashton nach einer am | |
Mittwochabend in Brüssel verbreiteten Mitteilung. "Gewalt wird niemals | |
toleriert und einseitige Aktionen sind nicht der richtige Weg." Die | |
Außenbeauftragte verurteilte die Gewalt im nördlichen Kosovo und sprach von | |
"inakzeptablen" Entwicklungen. | |
Jarinje war bereits vor drei Jahren von aufgebrachten Serben niedergebrannt | |
worden. Im Kern der Auseinandersetzung geht es um die Kontrolle Nordkosovos | |
mit seiner kompakten serbischen Minderheit. | |
Der UN-Sicherheitsrat wird sich am Donnerstag auf Antrag Serbiens mit der | |
Lage im Kosovo beschäftigen. Belgrad will erreichen, dass die gewaltsame | |
Übernahme der beiden Grenzübergänge durch die Kosovo-Regierung verurteilt | |
wird. Die hatte am Vorabend argumentiert, mit der Polizeiaktion die volle | |
Souveränität des seit drei Jahren unabhängigen Staates wiederhergestellt zu | |
haben. Im serbisch dominierten Norden Kosovos hatte die Zentralregierung | |
bisher keinen Einfluss. | |
28 Jul 2011 | |
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