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# taz.de -- Details der Studie zu Stuttgart 21: Nur simuliert leistungsfähig
> Die Grünen sagen, der Stresstest hätte Lücken. Der Bahn wird vorgeworfen,
> Kosten und Mängel verschwiegen zu haben. Die Präsentation wird viel
> Streitstoff bieten.
Bild: Das Theaterstück um den Bahnhof in Stuttgart geht mit der Präsentation …
BERLIN taz | Es ist ein gewaltiges Konvolut an Daten und Simulationen, das
am Freitagmorgen in Stuttgart vorgestellt wird: 360 Bahnhöfe, 1.800
Kilometer Gleise, 2.500 Weichen, 5.400 Signale und 760 Züge hat die
Deutsche Bahn in ein Computermodell gefüttert, um nachzuweisen, dass der
von ihr geplante neue Tiefbahnhof in Stuttgart leistungsfähiger ist als der
alte Kopfbahnhof.
Die Bahn und die Schweizer Experten der Firma SMA haben die Ergebnisse
geprüft und sprechen davon, dass ein "wirtschaftlich optimaler Betrieb"
möglich sei. Die Kritiker hingegen sind anderer Meinung und verweisen auf
die Details der Studie. "Wir wollen der Bahn anhand ihres Stresstests
nachweisen, dass der Bahnhof ein Murks ist", sagt einer ihrer politischen
Wortführer, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne), der taz.
Am Ende des Tages geht es für beide Seiten darum, die Öffentlichkeit von
ihrer Interpretation der Dinge zu überzeugen. Werden teure Nachbesserungen
nötig, könnte das offiziell 4,1 Milliarden Euro teure Projekt nicht mehr
finanzierbar sein.
Öffentlich gilt der Stresstest als bestanden. Bereits Ende Juni hatte die
Bahn streuen lassen, der Test sei bestanden, nachdem zuvor Verkehrsminister
Winfried Hermann Ähnliches angedeutet hatte. Zum damaligen Zeitpunkt war
die Sache allerdings noch nicht ausgemacht: Wie aus den heute vorliegenden
Unterlagen hervorgeht, hatte SMA noch erhebliche Zweifel.
## Stresstester empfehlen einen weiteren Stresstest
Offenbar hatte die Bahn den Test auf eigene Faust durchgeführt und
hinterher absegnen lassen. Die Kriterien der Auswertung seien nicht
abgestimmt, bemängelte SMA in einem Zwischenbericht. Es fehlten
Eingangsdaten zur Simulation, Fahrpläne, Informationen über zugrunde
gelegte Randbedingungen. Die Haltezeiten der Züge im Bahnhof waren viel zu
niedrig angesetzt - bei S-Bahnen etwa 30 statt 48 Sekunden. Der Bericht der
Bahn weise "inhaltliche Mängel" auf und biete keine vollständige
Dokumentation. Öffentlich allerdings sprach man von einem bestandenen Test.
Wohl, weil SMA zum Schluss anmerkte, die Qualität des Ergebnisses des
Stresstests werde sich nicht mehr grundlegend ändern.
Genau das zweifeln Projektgegner allerdings an: "Die Bahn hat sich selbst
zertifiziert. Würde man die Punkte einarbeiten, die laut der Gutachter
nicht betrachtet wurden, käme raus: Der Bahnhof ist mangelhaft", sagt Boris
Palmer.
Tatsächlich hat die Bahn später einige Mängel in ihrer Simulation
beseitigt. Allerdings hatte SMA kaum Zeit, diese Ergebnisse zu prüfen,
genau genommen vom 7. bis zum 15 Juli. Am Ende hieß es, um Unstimmigkeiten
und kleinere Fehler zu beheben, solle eine weitere Simulation durchgeführt
werden. Sprich: Die Stresstester empfehlen einen weiteren Stresstest.
Einige der von SMA aufgeführten Kritikpunkte sind alles andere als
Lappalien: Wie nebenbei erwähnen die Gutachter, dass sich die S-Bahn in
einem kritischen Bereich befindet, das System könnte "kippen", also im
Stresstest durchfallen. Das allerdings sei nicht Gegenstand der
vorliegenden Simulation gewesen.
## Bahn geht intern längst von höheren Kosten aus
Zu guter Letzt haben die Projektgegner mit einer simplen Recherche den
ganzen Test ad absurdum geführt: Der alte Bahnhofsvorsteher und
Stuttgart-21-Gegner Egon Hopfenzitz hatte in historischen Fahrplänen
geblättert und herausgefunden, dass der alte Kopfbahnhof bereits 1966 pro
Stunde 56 Züge abfertigen konnte. Die Bahn hat mit ihrem Test
herausgefunden, dass der neue 49 Züge schafft - irgendwann nach dem Jahr
2020. Stellung nehmen wollte die Bahn zu alldem gestern nicht, ein Sprecher
verwies auf die öffentliche Präsentation. Unterdessen brachte gestern
Ministerpräsident Winfried Kretschmann einen neuen Stresstest ins Spiel:
"Unter Umständen ist eine zweite Simulation erforderlich."
Ein anderes Thema geht bei der Diskussion um den Stresstest derzeit unter:
Gleich mehrere Dokumente legen nahe, dass die Bahn intern längst von
höheren Kosten ausgeht: Nach einem Bericht des Spiegels hat die Bahn die
Zahlen seit 2002 geschönt. Der Stern veröffentlichte ein internes Dokument,
nachdem die Bahn 121 Risiken identifiziert hat. Insgesamt addieren sich
demnach zusätzliche Risiken auf über 3 Milliarden Euro.
Die Bahn weist solche Berichte routinemäßig als Unfug zurück. Projektgegner
Palmer erhebt dementsprechend Vorwürfe gegen Bahnchef Grube: "Die Bahn geht
davon aus, dass sie die Milliardenrisiken auf Baden-Württemberg abwälzen
kann. Wenn in ein paar Jahren das Geld ausgehen sollte, steht die Baustelle
eben still, bis das Land einspringt. Die Kalkulation der Bahn: Wir zahlen
nichts", sagte Palmer.
29 Jul 2011
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Schwerpunkt Stuttgart 21
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