# taz.de -- Ruanda-Völkermordprozess in Frankfurt: Der starke Mann von Murambi | |
> Zur Prozess-Wiederaufnahme nach der Sommerpause kündigt der Richter an, | |
> den vom UNO-Tribunal wegen Völkermords verurteilten Jean-Baptiste Gatete | |
> vorladen zu wollen. | |
Bild: Fühlen sich gegängelt, weil sie ein Visum für Ruanda beantragen müsse… | |
FRANKFURT taz | Das Oberlandesgericht Frankfurt plant im Völkermord-Prozess | |
gegen den ruandischen Ex-Bürgermeister Onesphore Rwabukombe auch | |
Jean-Baptiste Gatete zu vernehmen. Das kündigte der Vorsitzende Richter | |
Thomas Sagebiel zum Ende der Verhandlung am Dienstag an. | |
Gatete wurde Ende März 2011 vom Internationalen Ruanda-Tribunal der UNO in | |
Arusha wegen Beteiligung am Völkermord zu lebenslanger Haft verurteilt. | |
Rwabukombe wird vorgeworfen im April 1994 bei der Ermordung von Tutsi mit | |
Gatete zusammengearbeitet zu haben. | |
Während des Bürgerkriegs war Rwabukombe mit den Bürgern seiner Gemeinde | |
Muvumba nach Murambi geflohen. Bis 1993 war Gatete dort Bürgermeister, | |
bevor er nach Kigali ins Familienministerium versetzt wurde, weil ihm schon | |
damals der Mord an Tutsi vorgeworfen wurde. Als im April 1994 der | |
Völkermord begann, galt Gatete aber laut mehreren Zeugen immer noch als der | |
"starke Mann" in Murambi. | |
Sagebiel will Gatete, der in Arusha noch auf den Ausgang seines | |
Berufungsverfahrens wartet, nun nach Frankfurt laden. Ein formales | |
Rechtshilfeersuchen hat er aber offenbar noch nicht gestellt. Fraglich ist | |
allerdings, ob die Aussage Gatetes dem Gericht wirklich weiterhelfen wird. | |
Gatetes Nachfolger, Jean de Dieu Mwange, den das Gericht an diesem Montag | |
per Video-Konferenz vernommen hat, konnte oder wollte wenig zur Aufklärung | |
der Sachverhalte beitragen. Vielen Fragen wich Mwange aus, ihm von der | |
Nichtregierungsorganisation African Rights zugeschriebene Aussagen | |
bezeichnete er als Lüge und eine Beteiligung am Kirchenmassaker von | |
Kiziguro stritt er ab. Er habe sich an diesem Tag um die Flucht seiner | |
Familie gekümmert. | |
## Gericht prüft Beschränkung auf Kiziguro-Massaker | |
Das Gericht prüft derzeit, das Verfahren auf Kiziguro zu beschränken und | |
die beiden übrigen Massaker, die Rwabukombe von der Bundesanwaltschaft | |
vorgeworfen werden, nicht weiter zu behandeln. Bislang haben die Zeugen vor | |
Gericht auch lediglich konkrete Aussagen zu Kiziguro gemacht. Im Herbst und | |
Winter sollen nun weitere Augenzeugen des Massakers sowie zwei Priester, | |
die das Gelände zuvor verlassen haben, vernommen werden. | |
Die Verteidigung fühlt sich derweil von den ruandischen Behörden in ihrer | |
Arbeit behindert. Rwabukombes Anwältinnen haben sich als | |
Pflichtverteidigerinnen von dem Gericht eine Reise nach Ruanda genehmigen | |
lassen. Nun seien sie vom deutschen Außenministerium dazu aufgefordert | |
worden, dafür bei den ruandischen Behörden ein Visum zu beantragen. | |
"Normalerweise braucht man als Deutsche für Geschäftsreisen nach Ruanda | |
aber kein Visum", sagt Rwabukombes Anwältin Natalie von Wistinghausen. | |
Die Bundesanwaltschaft sieht das unproblematisch. Schließlich würden die | |
Anwältinnen bei ihrer Reise in einem souveränen Staat ermitteln. Dies | |
entsprechend zu beantragen sei vollkommen normal. Auch Dieter Magsam, | |
Anwalt des Nebenklägers, hält es für angemessen, die "Rechte der | |
Verteidigung an die zwischenstaatlichen Beziehungen anzudocken". | |
## Beinahe wortgleiche Aussagen | |
Auch die zweite Video-Vernehmung in der ersten Verhandlungswoche nach der | |
einmonatigen Sommerpause trug kaum zur Wahrheitsfindung bei. Der 78-jährige | |
Zeuge, der ebenfalls in Ruanda in Haft sitzt, erklärte am Dienstag immer | |
wieder, er könne sich nicht mehr so gut erinnern, er sei krank und alt. | |
Zur Zeit des Völkermords arbeitete der Zeuge als eine Art Ortsvorsteher für | |
Rwabukombe. Zu Beginn des Völkermords habe der Bürgermeister die Bürger der | |
Gemeinde Muvumba dazu aufgefordert, sich nicht in die Angelegenheiten von | |
anderen Gemeinden einzumischen. Seine Aussagen glich in diesem Punkt fast | |
aufs Wort den Aussagen anderer Ortsvorsteher. | |
Der Prozess wird am 9. August mit weiteren Video-Vernehmungen fortgesetzt. | |
2 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Kraft | |
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