# taz.de -- Nach der Einigung im US-Haushaltsstreit: Verlierer sind die Arbeits… | |
> Wen trifft das Sparpaket? Fest steht: Das Pentagon muss auf 350 | |
> Milliarden US-Dollar verzichten – was zu verkraften ist. Rentner und Arme | |
> wird es wohl hart treffen. | |
Bild: Die Wall Street soll bezahlen, sagen Kritiker der Einigung. | |
BERLIN taz | Mindestens 2,1 Billionen US-Dollar sollen in den nächsten zehn | |
Jahren aus dem US-Haushalt gekürzt werden. Aber wen treffen die | |
Einsparungen am härtesten? | |
Das ist noch etwas unübersichtlich. Denn die Kürzungen sollen in zwei | |
Runden stattfinden, von denen nur die erste Tranche in Höhe von 917 | |
Milliarden Dollar definitiv beschlossen ist. Über alle weiteren Kürzungen | |
soll eine Sparkommission aus sechs Republikanern und sechs Demokraten | |
befinden, die im Herbst zu Ergebnissen kommen muss. | |
Die erste Sparrunde von 917 Milliarden trifft vor allem den | |
Verteidigungsetat: Dort müssen 350 Milliarden Dollar gekürzt werden. | |
Trotzdem herrscht selbst im Pentagon Gelassenheit. Dort hat man längst | |
ausgerechnet, dass der Verteidigungsetat dennoch wachsen wird - und zwar | |
ungefähr in Höhe der Inflationsrate. Echte Verluste sind also bisher nicht | |
zu befürchten. | |
## Kürzungen in der zweiten Runde | |
Den Demokraten wiederum ist es gelungen, in der ersten Sparrunde zu | |
vermeiden, dass die Krankenversicherung für die Armen und die Rentner | |
angetastet wird. Nur der "Missbrauch" der Behindertenrente soll verstärkt | |
überprüft werden. Dafür werden sogar extra neue Mittel in den Haushalt | |
eingestellt: 15 Milliarden Dollar bis 2021. In der zweiten Sparrunde könnte | |
es allerdings noch zu deutlichen Kürzungen bei den Sozialleistungen kommen. | |
So wäre denkbar, dass Rentner erst mit 67 Jahren in die staatliche | |
Krankenversicherung aufgenommen werden - bisher können sie schon mit 65 | |
Jahren den teuren Privatversicherungen entkommen. | |
Eine andere Sparvariante wäre, dass der Staat seine Zuwendungen für die | |
Anbieter von Sozialleistungen kürzt. Das hieße, dass die Zuschüsse für die | |
Altersheime sinken oder Ärzte weniger Honorar erhalten, wenn sie Rentner | |
behandeln. Diese Kürzungen würden an die Betroffenen indirekt | |
weitergereicht, indem sich Ärzte wahrscheinlich weigern würden, Senioren in | |
ihrer Praxis aufzunehmen. | |
Derartige Kürzungen im Sozialbereich wollen die Demokraten möglichst | |
vermeiden. Daher wird bereits diskutiert, auf eine Einigung in der | |
Sparkommission zu verzichten. Dann würde nämlich automatisch ein Sparpaket | |
in Höhe von 1,2 Billionen Dollar greifen - wovon weitere 600 Milliarden aus | |
dem Verteidigungsetat stammten. | |
## Auf jeden Fall arm dran: die Arbeitslosen | |
Bei einer Gruppe wird aber in jedem Fall gekürzt: bei den Arbeitslosen. | |
Denn unabhängig vom Sparpaket läuft Ende 2011 die Verlängerung der | |
Arbeitslosenhilfe aus. Regulär wird sie je nach US-Bundesstaat nur 20 bis | |
26 Wochen gezahlt, infolge der Wirtschaftskrise wurde sie aber auf maximal | |
99 Wochen erhöht. Die Arbeitslosenhilfe beträgt im Durchschnitt 1.300 | |
Dollar monatlich. Von der verlängerten Arbeitslosenhilfe sind momentan 3,8 | |
Millionen Menschen abhängig. Sie sind künftig auf die Sozialhilfe | |
angewiesen, die nicht länger als zwei Jahre gewährt wird. | |
Arm sind jedoch noch weit mehr Menschen: 44 Millionen Amerikaner erhalten | |
Nahrungsmittelkarten, weil ihr Einkommen nicht zum Überleben reicht. Hier | |
soll nicht gespart werden. Die angekündigten Kürzungen befriedigen die | |
Ratingagenturen nicht. Moody's kündigte an, die USA zwar weiterhin mit der | |
Bestnote "AAA" zu bewerten, den Ausblick aber auf "negativ" zu senken. | |
Standard & Poor's forderte, dass Washington mindestens 4 Billionen Dollar | |
spart. | |
3 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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