Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wolfsburgs Trainer Felix Magath: "Diego steigert seinen Wert"
> Nach dem Ausscheiden im DFB-Pokal: Trainer Felix Magath über moderne
> Trainingsmethoden, Schnelllebigkeit, Diegos Zukunft beim VfL Wolfsburg –
> und über die Stärke der Bundesliga.
Bild: Nur trainieren, nicht spielen: Wenn Diego nicht verkauft wird, geht's hal…
taz: Herr Magath. Bleibt es dabei: Sind Fitness und Disziplin für Sie die
unabdingbare Grundlage für Erfolg im Profifußball?
Felix Magath: Das habe ich in meiner Trainerkarriere von Anfang an gesagt.
Und ich habe meine Meinung dazu nicht geändert. Ordnung, Disziplin und
körperliche Fitness sind Grundvoraussetzungen, um im Mannschaftssport
Erfolg zu haben. Davon bin ich fest überzeugt.
Hasan Salihamidzic, der beim VfL Wolfsburg wieder unter Ihnen trainiert,
findet, dass Sie sich verändert haben. Dass Sie mehr mit Ihren Spielern
sprechen. Stimmt das?
Veränderungen merkt man selbst nicht, sondern das wird eher vom Umfeld
festgestellt. Aber ich denke und hoffe, dass ich mich auch jetzt noch
weiterentwickle. Denn ich möchte nicht stehen bleiben.
Zur Weiterentwicklung in der Fußball-Bundesliga gehören auch moderne
Trainingsmethoden. Ihr Kollege Mirko Slomka lässt seine Spieler bei
Hannover 96 mit einem über Satelliten gesteuerten GPS-System kontrollieren.
Wäre das auch etwas für Sie oder ist das zu dick aufgetragen?
Das muss jeder Trainer für sich beantworten. Ich haben vor Jahren oder
Jahrzehnten schon gesagt: Fußball ist das schwierigste Spiel. Viel
schwieriger als Schach. Weil es eben so komplex ist und weil es zu viele
Faktoren gibt, die das Spiel beeinflussen, nicht nur physische. Die Trainer
haben alle eine ähnliche Ausbildung. Trotzdem sieht jeder Trainer das
Fußballspiel anders und gewichtet anders. Mit modernen Methoden habe ich
mich schon vor zehn Jahren beschäftigt. Ich habe mir das Spiel auch von
einer Firma aufnehmen lassen. Nach meinen Vorstellungen. Aber ich brauche
keine Laufstrecken und Abmessungen. Ich lege halt auf andere Dinge wert.
Fühlen Sie sich ungerecht dargestellt? Medizinball, Treppe rauf, Treppe
runter - darauf wird Ihre Trainingsarbeit in der Öffentlichkeit meistens
reduziert.
Ungerecht, das Wort würde ich dafür nicht benutzen. Leider ist es in
unserer Zeit so, dass die Dinge meist sehr oberflächlich betrachtet werden.
Jeder meint, er kann über jedes Thema reden. Das ist ja nicht nur im
Fußball so, das gilt für unsere ganze Gesellschaft. Insofern ist es
schwierig geworden, weil mehr Stimmung gemacht wird, als dass Tatsachen
erkannt werden. Ich wundere mich immer, wer alles meine Arbeit beurteilt.
Es gibt Leute, die haben noch nicht mal ein Training von mir gesehen, aber
können beurteilen, was ich mache.
Ich war vor zwölf, fünfzehn Jahren auch, um mich weiterzubilden, bei Alex
Ferguson in Manchester, bei Gérard Houllier in Liverpool und in London bei
Arsène Wenger und habe dann festgestellt: Das bringt mir alles gar nichts,
wenn ich da zwei, drei Trainingseinheiten sehe. Ich kann das nicht
beurteilen. Also habe ich meine Sachen gepackt und gesagt, fährst du wieder
nach Hause. Denn zu Hause ist es auch ganz schön, und da gehst du deinen
eigenen Weg. Und das ist, glaube ich, auch das Richtige.
Erfolg macht zufrieden. Stimmt das auch im Fall von Felix Magath?
Ich bin ein Freund des Satzes "Disziplin bringt Erfolg, Erfolg zerstört
Disziplin". Deshalb achte ich mit Argusaugen darauf, dass die Disziplin
hoch bleibt.
Sind Sie nach Ihrer Zeit bei Schalke 04 mit Wut im Bauch zum VfL Wolfsburg
gewechselt?
Nein, nicht mit Wut. Meine Trainerkarriere hat sich nach den Gesetzen des
Fußballgeschäfts entwickelt. Die sportlichen Verantwortlichen sind in den
letzten zehn Jahren immer schneller ausgetauscht worden. Nicht weil es die
beste Lösung war, was natürlich dummes Zeug ist, sondern weil es die
bequemste Lösung für die Vereine und deren Vertreter ist. Aber Vereine wie
der SC Freiburg, Mainz 05 und Werder Bremen, die anders gehandelt und nicht
bei jedem Problem einen neuen Trainer geholt haben, stehen am Ende
eigentlich besser da. Drei Jahre am Stück als Trainer bei einem Verein, das
ist heute doch schon viel. Ich habe es gelernt, mich nach einem Engagement,
wenn es beendet ist, sofort wieder neu zu orientieren. Das hat mich das
Geschäft gelehrt.
Ihre Entscheidung, den in Ungnade gefallenen Diego nicht mehr für Wolfsburg
spielen zu lassen, ist konsequent. Aber haben Sie damit nicht Ihre eigene
Personalpolitik blockiert und die Vorbereitung auf die neue Saison
behindert?
Ich bin dem VfL Wolfsburg gegenüber verpflichtet, diesen Spieler zu
trainieren. Durch seine ausgesprochen engagierte Teilnahme wird Diego nicht
schlechter, sondern steigert eher seinen Wert. Das bin ich dem Verein
schuldig.
Aber gibt es wirklich kein Zurück für Diego? Ihre Entscheidung kann man als
konsequent oder auch als stur auslegen. Bei der Pokalpleite in Leipzig hat
Ihnen ein guter Spielmacher gefehlt.
Das kann jeder auslegen, wie er will. Aber ich treffe meine Entscheidungen
auf Grundlage der Mannschaft. Ich treffe keine Entscheidung danach, ob mir
etwas recht ist oder nicht passt, sondern mit dem Blick darauf, was die
Mannschaft verträgt, akzeptiert und verkraften kann. Komischerweise wird
mir immer wieder vorgeworfen, dass ich auf Distanz zu meinen Spielern gehe.
Ich habe das immer so gemacht, damit ich nicht zu viele Gefühle in meine
Entscheidungen lege und möglichst objektiv entscheiden kann. Genau das
verhilft mir jetzt zu meiner Sichtweise, dass ich einen solchen Spieler
durchaus mit im Training dabei haben kann, ohne dass er bei den Spielen
Berücksichtigung findet. Der Verein und ich sind uns einig, dass Diego
nicht spielen muss und verkauft werden soll. Und in der Not können wir ihn
auch behalten, ohne ihn spielen zu lassen.
Wolfsburg wäre in der vergangenen Saison, in der die gewohnte Hackordnung
der Bundesliga gehörig durcheinandergewirbelt war, um ein Haar abgestiegen.
Wird die neue Saison ähnlich turbulent? Oder werden sich viele Erfolge
kleinerer Vereine wieder relativieren?
Ausreißer gibt es immer. Der VfL Wolfsburg hat auch mal überraschend die
Meisterschaft gewonnen. Jetzt hatte Dortmund niemand auf dem Plan. Hannover
und Mainz waren auch Überraschungsteams. Mit Schalke, Bremen, Stuttgart und
Wolfsburg haben sich einige Clubs unten wiedergefunden, die nie daran
geglaubt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jede Saison so
geht. Aber es bestätigt meine These, dass die Bundesliga die
interessanteste Liga der Welt ist und dass hier vieles möglich ist. Wir
arbeiten in Deutschland auch wirtschaftlich besser als jede andere Liga.
Aber unser Fußball wird immerzu schlechtgemacht.
Es wird immer erzählt, die Deutschen können nur rennen und kämpfen. Das ist
alles dummes Zeug. Solche Attribute gehören natürlich zum Spiel dazu, aber
wir haben hier doch seit Jahrzehnten viel mehr zu bieten. Die Stärken
unseres Fußballs in Deutschland werden nicht genug gewürdigt. Damit meine
ich nicht nur die Medien. Die im Fußball Tätigen sind auch selbst schuld
daran. Das geht beim Verband los, und das geht bei den Trainern los. Wir
Trainer machen uns doch gegenseitig schlecht, anstatt dass wir uns
gegenseitig stützen und unterstützen.
3 Aug 2011
## AUTOREN
Christian Otto
## ARTIKEL ZUM THEMA
Europas neue Nummer 3: Aufsteiger Bundesliga
Die Bundesliga wird als "Premiumprodukt" gehandelt. Das ist gar nicht so
falsch. Eine halbe Millionen Dauerkarten wurden verkauft, die Liga ist
spannender als andere.
Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Das Jahr der Schlachtrösser
Am Freitag heißt es: Endlich wieder Bundesliga! Unser Kolumnist schaut
jetzt schon auf eine Saison zurück, die noch gar nicht begonnen hat.
Schalke nach Magath-Abgang: "Dieser Verein braucht Wärme"
Der FC Schalke 04 ächzt noch immer unter der Erblast von Felix Magath.
Dessen Nachfolger Ralf Rangnick hat alle Hände voll zu tun, die
Königsblauen auf Erfolg zu trimmen.
Schalke 04 und Trainer Felix Magath: Miese Methode
Felix Magath wird nicht mehr lange Trainer auf Schalke sein. Nach der Ära
als unnahbarer Alleinherrscher auf Schalke ist sein Ruf beschädigt – zu
emotionslos.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.