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# taz.de -- Wieder Massenproteste in Syrien: "Abgeschlachtet wie Schafe"
> Syrische Truppen schießen erneut auf Demonstranten. In Hama versucht das
> Militär weiterhin, die Stadt wieder komplett in den Griff zu bekommen –
> und tötet offenbar auch Unbeteiligte.
Bild: Gefahr für Leib und Leben: Proteste in Homs.
BEIRUT dapd/afp | Mindestens zehn Menschen sind am Freitag in Syrien ums
Leben gekommen, als Sicherheitskräfte das Feuer auf zehntausende
Demonstranten eröffneten. Die Menschen auf den Straßen forderten den Sturz
von Präsident Baschar Assad und zeigten sich unbeeindruckt vom Angriff der
Streitkräfte auf die seit sechs Tagen belagerte Stadt Hama, bei dem
mindestens 100 Menschen ihr Leben verloren. Allerdings nahmen an den
Freitagsprotesten weniger Menschen teil, als in den Wochen zuvor. Es war
aber auch der erste Freitag im Fastenmonat Ramadan.
Die Proteste nach den Freitagsgebeten erstreckten sich nach Angaben von
Aktivisten von der Hauptstadt Damaskus über die südliche Provinz Daraa bis
Deir el Sur im Osten des Landes. Es seien auch Demonstrationen in der
nördlichen Stadt Kamischli an der türkischen Grenze und Homs in der
Landesmitte gemeldet worden, hieß es.
"Hama, wir sind mit dir bis zum Ende", rief eine Menschenmenge während
ihres Marsches durch das Innenstadtviertel Midan in Damaskus, wie aus am
Freitag veröffentlichten Amateurvideos hervorging. Außerdem riefen sie
"Baschar, hau ab" und "Wir wollen dich nicht Baschar".
Bei einem Marsch im Stadtviertel Kadam in Damaskus trugen die Menschen ein
Banner, auf dem stand: "Baschar schlachtet das Volk ab und die
internationale Gemeinschaft schweigt".
Die Regierungstruppen hätten die Demonstranten mit scharfer Munition und
Tränengas beschossen, berichteten Aktivisten. Mindestens sieben
Demonstranten seien in Arbeen, einem Vorort von Damaskus, getötet worden,
teilten die in London beheimatete syrische Menschenrechtsorganisation
Observatory for Human Rights und die Örtlichen Koordinationskomitees, die
die Proteste gegen das Regime dokumentieren, mit. Außerdem seien in dem
Damaszener Vorort Moaddamija ein Mensch und in Homs zwei ums Leben
gekommen.
## Staatsfernsehen berichtet von getöteten Polizisten
Das syrische Staatsfernsehen berichtete, bei einem Angriff aus dem
Hinterhalt seien in der nordsyrischen Stadt Maarar al Numan zwei Polizisten
getötet und acht verletzt worden.
Unterdessen bombardierten syrische Truppen die Oppositionshochburg Hama.
Die Panzerangriffe hätten gegen 4.00 Uhr morgens (Ortszeit) begonnen, zu
Beginn des täglichen Fastens, sagte ein Bewohner. "Wenn Menschen verletzt
werden, ist es fast unmöglich, sie ins Krankenhaus zu bringen", teilte er
telefonisch mit. Die Stadt sei auch bei Sonnenuntergang am Donnerstag
bombardiert worden, als die Menschen ihr Fasten während des Ramadans
unterbrachen.
Die 800.000 Einwohner zählende Stadt Hama war seit Juni größtenteils nicht
mehr unter der Kontrolle der syrischen Regierung, als sich Einwohner vom
Regime abwendeten und Straßen blockierten. Sicherheitskräfte der Regierung
starteten aber Bewohnern zufolge unterstützt von Panzern und Scharfschützen
eine Militäroffensive, die nach Angaben von Menschenrechtsgruppen seit
Sonntag mindestens 100 Menschen das Leben kostete.
## "Abgeschlachtet wie Schafe"
Ein Bewohner von Hama sagte am Donnerstag, er habe gesehen, wie ein kleiner
Junge, der Gemüse auf einem Motorrad transportiert habe, von einem Panzer
überrollt wurde. "Menschen werden abgeschlachtet wie Schafe während sie auf
der Straße laufen." Der Bewohner erklärte, er habe Hama kurzzeitig über
Seitenstraßen verlassen, um Lebensmittelvorräte hereinzuschmuggeln.
Das syrische Staatsfernsehen zeigte am Freitag Aufnahmen aus Hama. Darauf
waren Straßensperren zu sehen und wie ein Panzer einen großen Betonblock
und einen beschädigten Bus beiseite räumte. Außerdem war ein gelbes Taxi
mit Blutspuren auf der Tür zu sehen, auf dessen Fahrersitz ein Toter saß.
Die Streitkräfte stellten "Sicherheit und Stabilität" in Hama, das "von
Terroristen übernommen wurde", wieder her, meldete die amtliche
Nachrichtenagentur SANA.
Seit Beginn des Vorgehens des Assad-Regimes gegen den Aufstand im März sind
nach Angaben von Aktivisten mehr als 1.700 Zivilpersonen ums Leben
gekommen. Präsident Assad reagierte bislang nicht auf den internationalen
Druck.
US-Außenministerin Hillary Clinton sprach am Donnerstag sogar von mehr als
2.000 Menschen, die bei der Niederschlagung regierungskritischer Proteste
umgekommen sein. Assad habe damit „die Legitimation zur Führung der
syrischen Bevölkerung“ verloren, sagte Clinton in Washington.
Die USA froren wegen Mithilfe bei der brutalen Niederschlagung von
Protesten durch das Regime Vermögenswerte des Geschäftsmannes Muhammad
Hamsho sowie des Unternehmen Hamsho International Group ein, wie das
US-Finanzministerium mitteilte.
5 Aug 2011
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