# taz.de -- Asylpolitik in Australien: Schlappe für Hardliner | |
> Die vereinbarte Deportation von Asylsuchenden nach Malaysia hat ihren | |
> ersten juristischen Test nicht bestanden. Der erste Abschiebeflug wird | |
> verschoben. | |
Bild: Warten auf die Reise nach Australien: Flüchtlinge aus Myanmar in Kuala L… | |
CANBERRA taz | Australiens Hohes Gericht hat am Montag dem Antrag von 16 | |
Asylsuchenden stattgegeben und ihre geplante Abschiebung nach Malaysia | |
zunächst als rechtswidrig bezeichnet. Die Richter wollen bis Ende August | |
entscheiden, ob die Regierung Flüchtlingen das Recht auf eine Prüfung ihres | |
Falls in Australien überhaupt verweigern kann. Ein für Montagmorgen | |
vorgesehener Abschiebeflug von der australischen Weihnachtsinsel nach | |
Malaysia musste deswegen auf unbestimmte Zeit verschoben werden. | |
Die Flüchtlinge, die auf Booten über Indonesien in australische Gewässer | |
gereist waren, wären als erste Asylsuchende unter eine neue Regelung | |
gefallen. Vor einigen Wochen hatten die Regierungen in Canberra und Kuala | |
Lumpur vereinbart, dass Malaysia von Australien 800 sogenannte Boatpeople | |
aufnehmen soll, die Australien als "illegale" Ankömmlinge betrachtet. | |
Dafür wollte die Regierung der sozialdemokratischen Premierministerin Julia | |
Gillard 4.000 von den Vereinten Nationen bereits als Flüchtlinge anerkannte | |
Asylsuchende aufnehmen, die in Malaysia zum Teil schon seit Jahren auf | |
einen Platz in einem Aufnahmeland warten. Ziel des Tausches sei es, | |
Menschenschleppern das Geschäft zu verderben, so Gillard. | |
Canberra macht kein Geheimnis daraus, dass es sich um eine gegen Boatpeople | |
gerichtete Abschreckungsmaßnahme handelt. Die Abschiebungen sollen zu | |
diesem Zweck von Beamten gefilmt und im Internet veröffentlicht werden. | |
Zudem legitimierte Gillard schon im Vorfeld die Anwendung "angemessener | |
Gewalt" gegen sich widersetzende Asylsuchende. | |
Die geplante Maßnahme wird sowohl von den Vereinten Nationen als auch von | |
humanitären Organisationen verurteilt. Australien habe wie jedes andere | |
Land die Pflicht, Asylsuchende aufzunehmen, sagt der Anwalt David Manne. | |
Zudem habe der australische Immigrationsminister Chris Bowen die | |
gesetzliche Pflicht, für das Wohl alleinreisender asylsuchender Kinder zu | |
sorgen. Mit der Abschiebung verstoße er jedoch gegen diese | |
Sorgfaltspflicht, so Manne. | |
Umfragen zufolge befürwortet die australische Bevölkerung mehrheitlich eine | |
harte Linie gegen Boatpeople. Vor allem die konservativen Medien | |
portraitieren Flüchtlinge in der Regel negativ. Von einflussreichen | |
privaten Rundfunksendern werden die überwiegend aus Afghanistan, Irak, Iran | |
und Sri Lanka stammenden Asylsuchenden als "Schmarotzer" bezeichnet - oft | |
mit rassistischen Untertönen. | |
Dabei hat Australien im Vergleich mit anderen Industriestaaten kaum ein | |
Problem mit Asylsuchenden. Ihre Zahl stieg im letzten Jahr zwar wieder | |
etwas an - jedoch immer noch auf nur rund 8.000. In Deutschland beantragten | |
im selben Zeitraum 41.330 Menschen Asyl, in Frankreich 47.800. Laut den | |
Statistiken der Vereinten Nationen sank jedoch die Gesamtzahl der Menschen, | |
die in 44 Industrienationen um Asyl ersuchten, von 620.000 im Jahr 2001 auf | |
350.000 im vergangenen Jahr. | |
8 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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