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# taz.de -- Zwangsverheiratungen in Kenia: Ein Mädchen für 118 Euro
> Bittere Folge der Hungersnot in Ostafrika: In Kenia steigt die Zahl der
> Zwangsheiraten. Mädchen, zum Teil erst neun Jahre alt, werden von ihren
> Familien aus der Schule genommen und verkauft.
Bild: Darf sich ihren Mann hoffentlich selbst aussuchen: Mädchen in Nairobi.
HABASWEIN rtr | "Es passiert im Dunkeln." Zusammengekauert sitzt Fatma
Ahmed, siebenfache Mutter, in ihrem Verschlag in Habaswein im Nordosten
Kenias. "Es ist ganz normal, aber niemand spricht darüber. Manche müssen
ihre Töchter schon in ganz zartem Alter verkaufen, um etwas zu essen zu
bekommen."
Die Folgen der langanhaltenden Dürre im Norden Kenias zwingen immer mehr
Familien zu verzweifelten Taten. Zwangsheirat ist zwar durchaus üblich in
Kenia, die Hungerkatastrophe jedoch, hat diese Praxis erheblich verstärkt.
Offiziell sind Eheschließungen vor dem 18. Lebensjahr verboten, unter den
derzeitigen Bedingungen wird das jedoch ignoriert. So wird über das Thema
in der Öffentlichkeit nur geflüstert.
In vielen Gemeinden, wie hier bei den somalischen Viehzüchtern in
Habaswein, versuchen die Familien ihre Töchter immer jünger zu verheiraten,
um deren Ehre und Jungfräulichkeit zu gewährleisten. Mädchen, die nicht
jung verheiratet sind, gelten als unrein und werden zu einer Belastung für
die Familien und die gesamte Gemeinde.
"In unserer Kultur heiraten die Mädchen oft schon mit neun Jahren", erzählt
einer der Sozialarbeiter vor Ort. "Wenn sie sich weigern, werden sie von
ihren Eltern gezwungen."
## Geld statt Vieh
In den Gemeinden der Viehzüchter wurde oft ein hoher Brautpreis in Form von
Vieh bezahlt. Aber seit der Dürre verdurstet das Vieh und die Kadaver
vergiften das Land und bedecken die Landschaft der Wüste. Jetzt wird der
Brautpreis in bar bezahlt. In manchen Fällen für gerade einmal 15.000
Kenianische Schilling (umgerechnet 118 Euro). "Wenn ein Mann reich ist,
kann der Preis bis zu 50.000 Schilling (rund 375 Euro) steigen", sagt Fatma
Ahmad.
Regionalbehörden sehen den Hunger als treibende Kraft hinter dem
schwunghaften Handel. "Mütter nehmen ihre 14-jährigen Töchter aus der
Schule und verkaufen sie an einen Mann, selbst einen alten Mann, um den
Rest der Familie ernähren zu können."
Nach Informationen der Vereinten Nationen besucht nur noch jedes fünfte
Mädchen in den Nordöstlichen Regionen Kenias die Schule. Die
Hilfsorganisation Word Vision kann von den insgesamt 3060 unterstützten
Kindern aus der Provinz mehr als 400 Mädchen nicht mehr ausfindig machen.
Angeblich wurden sie zu Verwandten in anderen Gebieten gebracht, um dort
etwa als Putzfrau zu arbeiten.
In den meisten Fällen dürften die Mädchen aber zwangsverheiratet worden
sein, vermutet Jacob Alemu, Mitarbeiter von World Vision, "damit der Rest
der Familien nicht verhungert".
9 Aug 2011
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