# taz.de -- Zu Besuch bei Goldankäufern: Ein Gramm 585er für 20 Euro | |
> In der Finanzkrise verspricht Gold Stabilität. Sein Preis steigt in den | |
> Zeiten verfallender Werte. Was kommt davon im Alltag an? Ein Besuch bei | |
> Goldankäufern. | |
Bild: Der Goldpreis ist hoch, der Altgoldpreis schwankt. | |
BERLIN taz | Die Wilmersdorfer Arcaden sind ein Einkaufscenter in | |
Berlin-Charlottenburg, einem Wohnbezirk im Westen, der durch den | |
Hauptstadtaufschwung eher nicht betroffen wurde. Laut Eigenauskunft stehen | |
die Arcaden für die "Renaissance eines urbanen Lebensgefühls" auf einer der | |
ältesten Berliner Fußgängerzonen, der Wilmersdorfer Straße. Drei Juweliere, | |
zwei von ihnen sind auch Goldankäufer, haben sich in dieser Shopping Mall | |
angesiedelt. | |
Im "Eleganz" spielt sich eine Szene ab, die, wie der Inhaber, der ungenannt | |
bleiben möchte, erklärt, sich zurzeit "bestimmt zehn bis zwanzig Mal" pro | |
Tag ereignet. Zwei kräftige Berlinerinnen im lässigen Freizeitoutfit sind | |
mit ihren goldenen Schmuckstücken angerückt und wollen diese geschätzt | |
wissen, "man hört ja grad immer, wie viel Gold jetzt wert ist". | |
Ein massives Armband taxiert der Experte auf 500 Euro, eine Kette, von der | |
auch die Besitzerin nicht wusste, dass sie aus echtem Gold ist, auf 300. | |
Eine antike defekte Schmuckdose mit Uhr ist überraschenderweise auch mit | |
rund sieben Gramm Gold bestückt, das würde noch mal 130, 140 Euro bringen. | |
"Na danke, dett besprechen wir mal mit unseren Männern und kommen denn | |
vielleicht wieder", verabschieden sich beide. | |
Pro Gramm 585er Altgold zahlt der Händler derzeit rund 20 Euro, manchmal | |
bis zu 2 Euro weniger, denn der Großhändler, an den er es weiterverkauft, | |
will auch seine 1,20 Euro pro Gramm verdienen. Zudem ist die minderwertige | |
Legierung, das 14-karätige Gold, noch weit vom teuren, reinen Feingold | |
entfernt. Die Arbeit der Scheideanstalt, die nicht so hochwertigen | |
Legierungen in den Schmuckstücken wieder zu lösen, um sie zu Feingold oder | |
neuem Schmuck zu verarbeiten, verlangt auch ihren Preis pro Gramm. | |
"Für uns ist es komisch geworden. Kein Juwelier ist mit der Situation und | |
den überzogenen Goldpreisen glücklich", erzählt der Händler. Er könne | |
derzeit überhaupt keine neue Ware einkaufen, und seine alte wolle er auch | |
nicht ständig neu auspreisen. "Die Schilder haben wir gemacht, als der | |
Goldpreis noch viel niedriger war." Jetzt würde er - wenn zurzeit überhaupt | |
jemand Gold kaufen würde - Verlust machen, da er aus den Schmuckstücken, | |
die oft noch mit anderen Materialien verarbeitet wurden, den reinen | |
Feingoldanteil kaum korrekt herausrechnen kann. | |
## Verunsicherte Goldhändler | |
Er kenne noch Dutzende anderer Goldhändler, die verunsichert seien. Alle, | |
erklärt der Goldprofi, seien daran interessiert, dass sich der Preis wieder | |
normalisiere. Schließlich gäbe es genug Gold auf der Welt, genug Minen, die | |
immer noch gut fördern würden, nur hätten jetzt die Milliardäre an den | |
Börsen entdeckt, "dass man mit Gold gut pokern" kann. Schade sei das. Eine | |
Besserung der Lage ist seiner Meinung nach nicht in Sicht, denn schon in | |
den letzten Jahren habe sich der Preis immer weiter hochgeschraubt, sei | |
dann ein wenig zurückgegangen, aber nur, um dann weiter zu steigen. Geld | |
verdient er derzeit nur mit Modeschmuck, Reparaturen und Uhren. | |
Die Inhaberin des Juweliergeschäftes "Glamour" sieht die Lage ganz ähnlich. | |
Modeschmuck sei der Renner, wer könne sich Gold denn heutzutage noch | |
leisten? Ihre Kunden nicht, und sie sich auch keine Neueinkäufe. Sie fragt | |
sich, wie die Türken das bei Hochzeiten machen würden, wo doch immer das | |
hochwertige, 22-karätige 916er Gold geschenkt werden müsse. Sie ist seit | |
zehn Jahren in der Branche. Ihr Hauptgeschäft derzeit ist Trendschmuck. Im | |
Gegensatz zum ersten Händler kommen aber bei ihr weniger private | |
Goldverkäufer ins Geschäft, sie vermutet, dass die Besitzer es nun eher als | |
Wertanlage behalten würden, für den wahrscheinlichen Fall, dass der Preis | |
noch weiter steige. | |
Beim dritten besuchten Juwelier, einer von rund 200 bundesweiten Filialen | |
der Juwelierkette "Christ", sehen die gut gelaunten Verkäuferinnen im hohen | |
Goldpreis kein Drama. Im Gegenteil: Ihre solvente Kundschaft kaufe "gerade | |
jetzt sehr gerne Gold" - als Wertanlage, denn man "liest ja immer, dass es | |
bestimmt noch viel teurer wird". Der Umsatz stimme, der Gewinn auch, denn | |
im Gegensatz zu den beiden kleinen Einzelhändlern preise das Personal die | |
Waren natürlich neu aus, "wenn es sein muss, dann halt auch immer wieder", | |
der Kunde würde "das verstehen". Und kann sich die Preise eben auch | |
leisten. | |
11 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Jasna Zajcek | |
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oben, um dann wieder einzubrechen. |