Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- INSOLVENTE DROGENHILFE: Elrond sucht Ruhe
> Bei der Therapieeinrichtung Elrond halfen sich Ex-Junkies selbst. Das
> funktionierte - außer im Finanziellen. Der Verein hat 1,9 Millionen Euro
> Schulden
Bild: Mit Immobiliengeschäften hat sich Elrond verschuldet, doch das Geschäft…
Sie wollen keine Fragen mehr beantworten, Fragen nach ihrem Zuhause, Fragen
nach dem Nordbremer Drogenhilfeverein Elrond. "Es ist genug", sagt die
Männerstimme im Hintergrund nur. Elrond ist pleite und hat 1,9 Millionen
Euro Schulden. Und der eingesetzte Insolvenzverwalter versucht gerade
herauszufinden, bei wem genau eigentlich.
"Wir müssen uns erst einmal durch ein halbes Jahr ungeöffneter Post
hindurcharbeiten", sagt der Rechtsanwalt Gerrit Hölzle. Außerdem habe es in
den vergangenen anderthalb Jahren keine Buchführung mehr gegeben.
Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, wurden bereits entlassen. Die
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Veruntreuung.
Entstanden ist der Schuldenberg laut Hölzle durch den Kauf von drei zum
Teil "völlig überteuerten", sanierungsbedürftigen Immobilien, in denen bis
zu 60 ehemalige Drogenabhängige lebten und arbeiteten. Nur eins der Häuser
soll jetzt beim Verein bleiben und 20 Personen Unterkunft bieten. Die
anderen beiden, darunter ein ehemaliges Gutshaus in Ritterhude, das im Jahr
2000 für 358.000 Euro gekauft und für eine ähnlich hohe Summe renoviert
wurde, sollen verkauft werden. Alle Schulden könnten damit zwar nicht
beglichen werden, macht der Insolvenzverwalter klar, aber der Verkauf
eröffne eine Perspektive, in der mit den verbleibenden Bewohnern die Arbeit
weitergeführt werden könne.
Die wird derzeit als besonders wertvoll gerühmt. "Elrond hat über viele
Jahre wertvolle Arbeit im Suchthilfesystem geleistet", sagte am Freitag die
gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kirsten Kappert-Gonthe. Sogar
die CDU lobte jüngst den Drogenhilfeverein. "Durch Elrond haben viele
Menschen den Weg aus der Sucht hinein in ein geregeltes Leben gefunden. Für
viele Patienten wäre das Aus ein herber Rückschlag", so der
sozialpolitische Sprecher Claas Rohmeyer. Zugleich nutzte er die
Gelegenheit, der Regierung vorzuwerfen, Kontrollpflichten nicht
nachgekommen zu sein. "Wenn es eindeutige Hinweise auf einen Amtsmissbrauch
gegeben hat, darf man von der zuständigen Behörde erwarten, dass sie
konsequent handelt und der Geschäftsführung auf die Finger schaut. Bei
einem Fehlbetrag von 1,9 Millionen Euro lässt sich der Fall nicht unter den
Teppich kehren", so Rohmeyer.
Nur: Nach Auskunft der Gesundheitsbehörde bekam Elrond gar keine
staatlichen Mittel und war wirtschaftlich unabhängig. "Wir müssen prüfen,
ob die therapeutischen Rahmenbedingungen stimmen", sagte am Freitag die
Sprecherin der Gesundheitsbehörde, Karla Götz. Und daran habe es keinen
Zweifel gegeben - trotz der anonymen Hinweise von ehemaligen Bewohnern der
Elrond-Häuser, dass die jetzt gekündigte Geschäftsführerin und ihr
Stellvertreter wieder drogenabhängig seien.
Erhärtet hat sich dieser Verdacht allerdings bisher nicht. Während der
Insolvenzverwalter davon spricht, es gebe "bedeutende Indizien", nach denen
die Geschäftsführerin mit Elrond-Geldern ihren privaten Drogenkonsum
finanziert habe, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen
seien eingestellt. "Bisher gibt es nur Gerüchte", so Frank Passade von der
Bremer Staatsanwaltschaft.
Dafür muss noch aufgeklärt werden, was mit den Einnahmen der Entrümpelungs-
und Umzugsfirma geschehen ist, die der Verein gegründet hatte, um den
Ex-Junkies einen geregelten Arbeitsalltag bieten zu können. "Die GmbH lief
gut", sagt der Insolvenzverwalter - 2009 habe sie 150.000 Euro Gewinn
gemacht.
Für andere Umzugsfirmen, die normale Personalkosten zahlen müssen, hieß
dies, dass sie meistens den Kürzeren zogen, "wenn Elrond mitbot", erzählt
ein Branchen-Kenner, der anonym bleiben möchte. Ein Problem habe er damit
nicht gehabt. "Wir hatten trotzdem genug zu tun".
"Beschwerden gab es keine", bestätigt Wolfgang Luz, der Geschäftsführer des
Paritätischen Wohlfahrtsverbands, bei dem Elrond Mitglied ist. Zwar gebe es
immer mal wieder Kritik von Handwerksverbänden, dass soziale Einrichtungen
mit ihren Werkstätten die Preise drücken würden. Für Elrond sei ihm dieser
Vorwurf aber neu. Und inhaltlich sei das Konzept, das in Bremen einmalig
ist, sehr gut gewesen, sagt Luz. "Da helfen sich Betroffene selbst", das
sei für einige Menschen offenbar besser, als von Sozialarbeitern behütet zu
werden.
Doch Hilfe hätte zumindest die letzte Geschäftsführerin wohl gebrauchen
können. "Wir haben Unterstützung bei der Buchhaltung angeboten, aber das
wurde nicht angenommen", so Luz. In Zukunft, so der Plan der
Insolvenzverwalter, sollen die Elrond-Geschäfte von jemandem mit
kaufmännischem Wissen geführt werden. Und: Es wird jemand gesucht, der
nicht wegen einer Drogensucht bei Elrond gestrandet ist.
14 Aug 2011
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Selbsthilfe
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pleite eines Vorzeigeprojekts: Die überforderte Selbsthilfe
Vor Gericht wird der Untergang der Drogen-Therapieeinrichtung Elrond
aufgearbeitet. Die letzte Chefin kommt mit einer Geldstrafe davon.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.